Thomas Schwinges ist Bereichsleiter Technik bei Globetrotter Köln und weiß, was Weitwanderer brauchen, um ans Ziel zu kommen.
Thomas, ich will im nächsten Jahr den Kungsleden machen. Welches GPS empfiehlst du mir dafür?
Der nördliche Teil ist von der Orientierung her leicht, da es durch weite, offene Flächen geht mit markanten Bergen als Landmarken. Bei guter Sicht kann man sich dort gut mit Karte und Kompass orientieren. Im südlichen Teil, wo es mehr Wald gibt, sieht das schon anders aus. Und bei schlechter Sicht leidet die Orientierung auf beiden Etappen. Daher würde ich ein kleines GPS-Gerät wählen und den Kungsleden als Track im Gerät speichern. Wenn ich nach Track navigiere, sehe ich in der Karte des GPS meine Position als Dreieck und den Kungsleden als statische, farbige Linie. Das gleiche ich ab. Diese Tracks bekommt man auf Internetseiten wie Outdooractive.
Funktioniert GPS bei jedem Wetter?
Ich hatte in den letzten Jahren keine Aussetzer mehr. Die Geräte sind mittlerweile so empfindlich, dass man selbst im Urwald unter 30 Meter hohen Baumkronen ausreichend viele Satelliten empfängt.
Ohne Strom keine Orientierung?
Wohl dem, der stets eine Papierkarte als Backup dabei hat und auch weiß, diese zu lesen. Im Nebel allerdings funktioniert eine Standortbestimmung nur per GPS – daher immer Ersatzbatterien parat haben.
Ist nicht längst das Smartphone ein würdiger GPS-Ersatz?
In Teilen ja, etwa auf Städtereisen. Die Integration von U-Bahn-Plänen, Restauranttipps und Unterkunftsbuchungen mit den Navianweisungen in Google Maps funktioniert grandios. Solange ich Internet habe. Auf dem Kungsleden ist das aber selten der Fall. Smartphones funktionieren nämlich mit Assisted GPS. Heißt: Zwei der drei Positionsinfos werden online abgefasst. Das eingebaute GPS ist allein zu ungenau und braucht bei Dauerbetrieb derart viel Strom, dass der Akku nach zwei, drei Stunden in die Knie geht. Eine Powerbank sollte also unbedingt mit ins Gepäck.
Welche Navigationsapps für das Smartphone kannst du empfehlen?
Ich nutze derzeit die App Locus Pro. Damit kann man für ganz kleines Geld gute Open-Street-Maps bekommen und in deren Grenzen navigieren. Schön ist auch die Outdooractive-App, die exakte Tourbeschreibungen mit einer guten Kartendarstellung kombiniert.
Sind die Karten auf dem GPS-Gerät schon vorinstalliert?
Ja. Die meisten Garmin-Geräte in unserem Sortiment haben Karten im Maßstab 1:50.000 an Bord. Entweder West- oder Osteuropa oder beides. Bei dieser Kartengröße fehlen jedoch kleinere Waldwege, so dass eine perfekte Navigation in allen Lebenslagen nicht gelingt. Ich kaufe mir oft Landeskarten im Maßstab 1:25.000, wobei beispielsweise die Schweiz mit satten 360 Euro zu Buche schlägt. Mit diesen bin ich dann aber für alles gewappnet.
Gebt ihr euer Know-how auch in Workshops weiter?
Hier in Köln kann man tatsächlich Kurse bei mir buchen. Grundlage ist das Programm Basecamp. Beim Einführungskurs geht es darum, wie ich überhaupt eine Karte aufs Gerät bekomme, die Fortgeschrittenen lernen Basecamp optimal zu nutzen und eigene Tracks zu erstellen. Mehr Infos unter shop-koeln@globetrotter.de und auf Seite 64.
Wie genau sind aktuelle GPS-Geräte?
Die Präzision beim meistverwendeten System GPS 1 liegt zwischen fünf und 15 Metern. Das russische Glonass hat viele Vorschusslorbeeren bekommen, sich in der Praxis aber als wenig präzise herausgestellt. Ich empfehle meinen Kunden daher, dieses abzuschalten.
»Längst ist die teure
Thomas Schwinges, Fachberater bei Globetrotter Köln
Militärtechnik des Global Positioning System voll alltagstauglich.«
Habe ich überall Empfang?
Ja, sofern ich einen zarten Himmelsausschnitt über mir habe, damit das Gerät Satelliten orten kann. Um durch Kreuzpeilung meine Position zu ermitteln, braucht es wenigstens vier, besser fünf Satelliten.
Reicht die Bedienungsanleitung oder buche ich gleich einen Workshop?
Die heutigen Bedienungsanleitungen sind meist sehr dürftig, doch wozu gibt es Lehrbücher und Youtube? Wer aber das Maximum aus seinem Gerät rausholen will, dem raten wir tatsächlich zu ein oder zwei Workshops.
Thema Akkumanagement. Wie spare ich unterwegs Energie?
Zunächst einmal gilt es, die stromfressende Beleuchtung herunterzudimmen. Auch die 3-D-Kartendarstellung frisst Strom. Verfügt das Gerät über einen Fluxgate-Kompass, der die Ortung unterstützt, dann bitte auch diesen ausschalten, wenn ich fern der Zivilisation auf jedes Quäntchen Batteriepower angewiesen bin.
Brauchen Geocacher spezielle Geräte?
Die meisten »Schätze« kann ich auch mit einem 99-Euro-Gerät heben. Doch mangels eingebautem Kompass lege ich dafür einige Meter mehr zurück. Auch dauert es immer ein bisschen, bis das Gerät auf meine Bewegungen im Gelände reagiert. Besser also, man entscheidet sich gleich für den Geocache-König: das Garmin Oregon 700.
Was nutzt du für die Bikenavigation?
Mein Favorit ist das Garmin 66s. Mit der Topo Deutschland V8 ist eine spontane Routenberechnung und dynamische Führung über Fernradwege im Gerät möglich.
Sind die neuen Wearables bald auch GPS-Ersatz?
Hier muss man zunächst zwischen den einzelnen Klassen unterscheiden. Als da wären: reine Bewegungssensoren, die auch unfitte Leute zu mehr Bewegung anstiften sollen. Sportuhren zur Trainingssteuerung unter Einbeziehung der Pulsdaten. Und last, but not least eben die neuen Geräte mit Pulsmessung am Handgelenk und GPS samt Karten und Navigationsfunktion. Diese sind im Alltag und im Zusammenspiel mit einem Smartphone ungeheuer praktisch, ein spezielles GPS-Gerät können und wollen sie aber gar nicht ersetzen.
Ihr habt auch GPS-Tracker im Sortiment. Was können die?
Diese zeichnen den Weg auf, den ich zurücklege. So können Freunde oder wahlweise auch die Welt mein Vorankommen verfolgen. Zudem haben diese Geräte eine Notruffunktion. Aktiviere ich diese, wird nahezu überall auf der Welt eine Rettungsaktion gestartet. Das neue Inreach von Garmin geht dabei noch einen Schritt weiter und verschickt SMS, so dass ich die Rettung aktiv koordiniere – oder Pizza bestellen – kann.