Do it yourself – das dachte sich auch Daniel Schult, als er sein erstes eigenes Kanu baute. Inzwischen ist aus dem Uni-Projekt das Start-Up CLR geworden, das VIK 3.8 das wohl kompakteste Faltkajak der Welt und ab jetzt exklusiv bei Globetrotter verfügbar.
»Für unser Kajak brauchst du weder ein Auto, noch eine Garage zum Lagern. Und auch kein Ingenieurstudium fürs Zusammenbauen!«
— Constanze und Daniel, Gründerteam von CLR
In Paddlerkreisen heißt es: »Kanusport ist Motorsport«. Klar, die Boote sind schwer, unhandlich und müssen irgendwie zum Wasser kommen. Und wohin mit ihnen, wenn sie nicht gerade auf dem Wasser oder auf dem Autodach sind? Die Lagerung ist – vor allem für Städter ohne großes Haus samt Garage – ein Problem. Zwar gibt es schon lange kompakte Falt- und Luftboote, doch beide Varianten haben oft Nachteile im Handling: Die einen sind extrem kompliziert aufzubauen, die anderen nicht sehr angenehm zu paddeln.
Genau hier will das junge Unternehmen CLR Outdoor mit dem VIK 3.8 Abhilfe schaffen. Zehn Kilo leicht, zusammengefaltet als Rucksack tragbar und in wenigen Minuten aufgebaut, ist das Kajak überall einsatzbereit und lässt sich nach der Tour platzsparend verstauen. Wir haben mit dem Gründer und Entwickler Daniel Schult gesprochen.
Daniel, nur ein waschechter Paddler kommt auf die Idee, ein eigenes Kajak zu entwickeln, richtig?
Haha, nein. Bis ich mein eigenes Boot gebaut hatte, bin ich nie gepaddelt. Nachdem ich einige Jahre als selbständiger Schreiner gearbeitet hatte, habe ich noch Produktdesign studiert. 2014 gab es an der Uni ein Projekt »Fluss & Regen«. Da sollten wir uns irgendwelche Gadgets überlegen, mit denen man am, im oder auf dem Wasser unterwegs sein kann. Also habe ich Radtaschen entwickelt, die man zu einem Boot umbauen kann. Mit Material für 90 Euro aus dem Baumarkt und einer Idee im Kopf habe ich mich hingesetzt. Und siehe da – mein Boot ist tatsächlich geschwommen!
Wieso hat es so lange gedauert, bis daraus ein richtiges Produkt wurde?
Erstmal war ich mit meinem Studium beschäftigt. 2018 habe ich dann Constanze kennengelernt. Ich bin der typische Handwerker. Gib mir ein paar Stöcke und ein Seil und ich baue dir daraus irgendetwas. Constanze ist organisiert, plant voraus und lenkt alles in die richtigen Bahnen. CLR konnte nur mit ihr zusammen funktionieren. Als meine Abschlussprüfung wegen Corona verschoben wurde, hatte ich plötzlich Zeit, mich intensiv um das Boot zu kümmern.
Was ist das Besondere an eurem Faltkajak?
Meine erste Frage lautete: Wie klein und wie leicht kann ein Kajak sein? Es sollte von jedermann und jederfrau einfach und allein aufzubauen sein, wenig Platz beanspruchen und überall mit hingenommen werden können. Aber nicht mehr als Fahrradtasche, sondern eben als Rucksack. Und natürlich mussten die Fahreigenschaften stimmen.
Habt ihr euch beim Design Hilfe von professionellen Bootsbauern geholt?
Nein, alles stammt komplett aus meiner Feder. Wenn es Schwierigkeiten gibt, arbeite ich gern sofort an der Lösung, statt mich am Problem aufzuhalten. Ich bin da sehr pragmatisch. Einmal hat ein Bekannter einen Prototypen ausprobiert. Irgendwie sah das total komisch aus, wie der da in dem Boot gehockt hat. Schnell habe ich den Sitz als Ursache ausgemacht. Eine halbe Stunde später lag er bei mir auf der Werkbank und ich konnte das Problem beheben. Bei sowas bin ich voll in meinem Element.
Was unterschiedet das VIK 3.8 von der Konkurrenz?
Ich bin ein großer Freund der Reduktion. Beim VIK gibt es kaum Einzelteile, das Boot lässt sich in zwei Minuten aufbauen und das Packmaß ist unübertroffen klein. Ansonsten kann ich nur wiedergeben, was andere sagen. Bei den Freiluft-Events von Globetrotter in Berlin und Hamburg haben locker mehr als 350 Leute das Boot ausprobiert. Von der 70-jährigen Rentnerin mit 50 Kilo bis zum Zwei-Meter-Mann mit 110 Kilo war alles dabei. Ihr Fazit: Das VIK ist schnell und trotzdem wendig, kippstabil und wenig windanfällig. Während ein Luftboot oben aufschwimmt, sitzt du beim VIK mit dem Po unter der Wasserlinie – das wirkt sich positiv auf die Fahreigenschaften aus.
Mit 10,2 Kilo ist das VIK sehr leicht. Wie habt ihr das geschafft?
Indem wir allen unnötigen Schnickschnack weggelassen haben. Das Boot besteht hauptsächlich aus einer formgebenden Polypropylen-Platte und einer Außenhaut aus EPDM-Kautschuk. Das kennt man von Dichtungen, Teichfolie etc. Das Material ist extrem witterungsbeständig und auch UV-Strahlen machen ihm nichts aus. Dazu kommen ein wenig Alu, Ratschengurte und Fidlock-Verschlüsse.
Wie definiert ihr die Zielgruppe für euer Produkt?
In unserem Businessplan steht »Freizeitpaddler und Neueinsteiger zwischen 30 und 50 Jahre«. Wir haben aber schnell gemerkt, dass das quatsch ist. Neulinge sind genauso begeistert wie erfahrene Paddler, junge genauso wie ältere Menschen. Oft kommen Leute zu uns, die nicht mehr die Kraft oder den Platz für ein schweres Festrumpfboot haben. Die sind total angetan von einer einfachen Lösung, die sie überall mit hinnehmen können und fragen uns, wo wir nur all die Jahre waren 😉
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei CLR?
100 Prozent der eingesetzten Materialien sind komplett recycelbar. Außerdem setzen wir auf lokale Lieferketten. Den weitesten Weg gehen die PP-Rumpfplatten, die werden 300 Kilometer entfernt produziert. Ansonsten kommt alles aus einem Radius von nur fünf Kilometern. Ich mag das ganzheitliche Arbeiten und könnte mir nicht vorstellen, wochenlang auf ein Muster aus Fernost zu warten, um dann festzustellen, dass ich nicht zufrieden bin und das ganze wieder von vorn losgeht. Außerdem habe ich keinen Führerschein – ich bin also auf kurze Wege angewiesen! (lacht)
Schränkt euch dieses Konzept nicht ein?
Die Materialbeschaffung ist kein Problem, eher die Manpower. Aktuell haben wir Komponenten für 170 Boote, für die Montage brauche ich aber jeweils drei Stunden. In den kommenden Wochen werden wir also einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einstellen.
Womit wir bei der Business-Seite wären. Von der Idee zu einem tragfähigen Geschäftsmodell ist es ein weiter Weg …
… für den man viel Beharrlichkeit braucht. Zum Glück ergänzen Constanze und ich uns extrem gut und jeder hat seinen Aufgabenbereich. Den ersten Schub in Richtung ernsthaftem Business hat uns 2021 die Förderung durch das Berliner Start-Up-Stipendium gegeben. Zum einen finanziell, zum anderen haben wir Support in Planung, Buchhaltung, Rechnungswesen etc. bekommen. Ein echter Glücksfall war aber auch die Kooperation mit dem Globetrotter InnoLab.
Wie kam es dazu?
Wir hatten eine kleine Kampagne bei Kickstarter gestartet, die hat Constanze in einer ihrer Mädels-WhatsApp-Gruppen gepostet. Darin war wohl auch eine Globetrotter Mitarbeiterin. Ein paar Tage später hat mich dann Nico Thomas vom Globetrotter Einkauf angerufen und gesagt, er fände unser Projekt total interessant. So kam eines zum anderen.
Wie profitieren beide Seiten von der Zusammenarbeit?
Globetrotter bekommt ein tolles Produkt, dass sie exklusiv vertreiben können. Wir als Start-Up profitieren von der Vermarktungspower und etablierten Vertriebsstrukturen. Heutzutage gründen ja alle nur noch digital. Apps und andere Online-Angebote sind beliebig skalierbar – anders als physische Produkte. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie viele Klinken wir putzen müssten, um das VIK irgendwie in den Handel zu bekommen.
Was sind die nächsten Schritte für CLR?
Wir freuen uns, dass wir nun endlich am Start sind und das VIK zu den Kunden und Kundinnen bekommen. Genau dafür haben wir in den letzten Monaten 16-Stunden-Tage und jede Menge Nachtschichten geschoben. Jetzt brennen wir natürlich darauf, zu sehen, wie das Boot angenommen wird und hoffen, dass es anderen genauso viel Spaß macht wie uns!
»Aus dem Schwedischen übersetzt bedeutet VIK Bucht. Außerdem gibt es noch das Wort vikar für Papier falten. Ursprünglich wurde der Name nach dem Dorf Vík í Myrdal auf Island benannt. Dort gibt es den Reynisfjara-Strand. Ein schwarzer Kiesstrand mit Basaltsäulen vor der Küste.«
— Daniel, Erfinder des VIK 3.8
100 % RECYCELBAR
Sortenreine Materialien, leicht zu trennen und vollständig recycelbar
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PIONIERE WIE WIR: Unser Start-up Programm
Globetrotter ist das Zuhause von Suchenden. Seit 1979 treffen sich Abenteurer und Pioniere bei uns, um sich über Erfahrungen auf der ganzen Welt auszutauschen. Und um Ausrüstung für Vorhaben zu entwickeln, die niemand zuvor gewagt hat. Damals waren wir selbst ein kleines Outdoor-Start-up mit nichts als einer Idee, Mut und Leidenschaft. Das InnoLab Start-up-Projekt führt diesen Weg fort: Es bietet Produkt-Pionieren freien Gestaltungs-Raum für ihre Innovationen.
Über das InnoLab
Unser Base-Camp für den Aufbruch in die Zukunft: Mit dem InnoLab geben wir unserem Pioniergeist ein Zuhause. Das Lab bietet Raum für neue Wege, Denkweisen und Arbeitsmethoden – intern und extern. Neben Projekten zur Start-up-Förderung, Campus-Stipendien oder Materialforschung entwickelt das InnoLab Ausstellungen, initiiert Kooperationen und widmet sich den Themen der Zukunft.