Nach zwei Tagen Kontrastprogramm sind wir dann aber doch froh, den Trubel hinter uns zu lassen und uns wieder unserer wahren Liebe zu widmen: gemütliches Paddeln auf Seen und Flüssen in der Einsamkeit der Berge. Mit einer Tagesfahrt durch die wüstenähnliche Steppe zwischen den Coast Mountains und den Rockies setzen wir über nach Alberta.
Wir waren gewarnt. Die ersten drei Wochen im August sei halb Kanada dort im Urlaub, hatte es gehießen. Plus ein Viertel US-Amerikaner. Dazu die üblichen Verdächtigen aus Europa auf der Suche nach ihrem Ideal vom Wilden Westen. Overtourism, ick hör die trapsen. Und tatsächlich, die großen Campgrounds zwischen Banff und Jasper melden schon am Nationalpark-Eingang allesamt »no vacancy«. Doch in Jasper etwa ist das sogar Glück im Unglück. Denn wir dürfen auf den sogenannten Overflow-Campground, angelegt im Schwemmdelta zweier Flüsse. Dort fällt der Blick in einen weiten Talkessel, umrahmt von hohen Bergen, hinter denen erst spät die Sonne untergeht. Auf dem offiziellen Zeltplatz hätte es zwar eine warme Dusche aber bei weitem nicht diesen Ausblick.
Überhaupt sind diese »First come, first serve«-Plätze in Alberta schnell unsere erste Wahl. Sie bieten Bank und Tisch, Feuerstelle, Plumpsklo, Wasser und eine Stellfläche für ein bis zwei Zelte. Die Gebühr zwischen 15 und 30 Dollar wirft man einfach in einem Umschlag in eine Box. Aufgrund der weniger aufwändigen Infrastruktur sind sie zudem meist kleiner und schöner gelegen.
Einmal mehr sind auch unsere eigenen Kajaks der Schlüssel zur Einsamkeit. Während es an den Ufern von Maligne Lake und Lake Louise oft zugeht wie am Eröffnungswochenende des Oktoberfests, reichen fünf Paddelschläge, um all dem zu entkommen. Nun will natürlich nicht jeder drei Kajaks auf dem Autodach spazieren fahren. Da ist zum einen teuer, wenn man sie nicht wie wir von einem Bekannten bekommt sondern offiziell mietet, und zum anderen auch logistisch nicht so einfach, da nicht jeder Mietwagen eine solide Dachträgeraufnahme bietet. Doch dank des Globetrotter-Verleihservice kann man einfach daheim Faltkajak oder Faltkanadier mieten und dann als Sportgepäck gegen geringen Aufpreis im Flieger mitnehmen. Der Platzbedarf im Auto ist überschaubar und an Ort und Stelle ist man in 10 bis 20 Minuten abfahrbereit.
Unsere größte Planungsniederlage erleben wir am Moraine Lake. Nur zu zweit wollen wir in aller Herrgottsfrühe zum vielleicht schönsten See der Rockies aufbrechen, um darauf eine Runde zu drehen. Als wir gegen 5.30 Uhr an der Straßenauffahrt zum See ankommen, steht mittig eine Bake: Road closed. Und ein Parkranger Schmiere. Auf unsere Frage, ob was passiert sei, lacht er nur. Nö, dass sei im August normal. Ab 3.30 Uhr seien immer alle Parkplätze am See belegt. Da müssen wir beim nächsten Mal wohl früher aufstehen …