Auf dem Grünen Band

Mario Goldstein ist 100 Tage auf der ehemaligen innerdeutschen Grenze gewandert. Hier erzählt er seine Geschichte – und verrät drei Lieblingsabschnitte.

Eric Fresia

Stacheldraht, Selbstschussanlagen, Minenfelder und 44 000 bewaffnete Soldaten. Fast vierzig Jahre lang hatte das damalige DDR-Regime ein undurchdringliches Bollwerk mitten durch Deutschland gezogen. Hunderte von Menschen, die diesen Todesstreifen zu überwinden versuchten, bezahlten ihren Drang nach Freiheit mit dem Leben. 

Als ich 1984 von zwei Männern in Zivil aus der Schule geholt wurde, feierte ich gerade meinen fünfzehnten Geburtstag. Nach einem zwölfstündigen Verhör gestand ich, dass ich über eine Republikflucht nachgedacht hatte. Und als um Mitternacht die schwere Eisentür im Untersuchungsgefängnis Plauen hinter mir ins Schloss fiel, verklang das leichte Lied der unbeschwerten Kindheit. Verzweiflung machte sich breit und nach einem Selbstmordversuch wurde ich im Gefängniskeller ans Bett gefesselt. Zwei Tage und zwei Nächte lag ich dort, habe geschrien und geweint, bis ich mich letztendlich meinem Schicksal ergab. Ich verbrachte mein erstes Weihnachten hinter Gittern und zweieinhalb Monate später wurde ich als gebrochenes Kind wieder in die DDR entlassen. (Wie es in Marios Leben weiter­ging – inklusive Fluchtversuch –, könnt ihr hier nachlesen >>)

Vom Todesstreifen zur Lebenslinie

Mittlerweile sind die Grenzanlagen verschwunden und die Natur hat sich ihr Land wieder zurückgeholt. Als der Bund für Naturschutz mich fragte, ob ich das Grüne Band – so heißt der alte Grenzverlauf heute – abwandern möchte, spürte ich, dass dies meine Chance ist, mich mit meiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. So kam es, dass ich nach fast dreißig Jahren erstmals wieder an die ehemalige Grenze zurückkehrte. 

100 Tage auf Schusters Rappen, mit zwanzig Kilogramm Gepäck auf den Schultern, meiner Hündin Sunny an der Seite und nur mit einem Zelt »bewaffnet«. Ein Weg, der mich tief in unberührte Wälder, Wiesen und Sümpfe führte und letztendlich in eine ähnlich beschaffene innere Wildnis. Doch aus dem ehemaligen Todesstreifen ist eine Lebenslinie geworden, ein Paradies voller Artenreichtum, mit über 1200 seltenen Tier- und Pflanzenarten. 

Auf drei der für mich schönsten Strecken möchte ich euch mitnehmen. Packt den Rucksack und erlebt das Grüne Band Deutschland, ein Abenteuer direkt vor unserer Haustür. 

Strecke #1 – Grenzgang in Thüringen

Mario Goldstein

Strecke: Baumkreuz bei Ifta bis Burg Hanstein

Länge: ca. 73 km

Dauer: 3 – 4 Tage

Etappen: Ifta – Treffurt: 23 km, Treffurt – Kella: 27 km, Kella – Sickenberg: 11 km, Sickenberg – Burg Hanstein: 12 km

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Strecke #2 – Höhepunkt Brocken

Eric Fresia

Strecke: Rotheshütte bis Stapelburg

Länge: ca. 45 km

Dauer: 2 – 3 Tage

Etappen: Rotheshütte – Brocken: 25 km, Brocken – Abbenrode: 20 km

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Strecke #3 – Elbe per Kanu

Strecke: Schnackenburg bis Lauenburg

Länge: ca. 90 km

Dauer: 5 – 7 Tage Paddeln

Etappen: Jede Buhne ist ein potenzieller Schlafplatz. 15 – 20 km Strecke pro Tag sind locker machbar

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Alles für deine Tour auf dem Grünen Band

      Lesetipp:

      Winter|Band – Am Grünen Band entlang im Winter

      Anfang 2021 wagte sich Globetrotter Markenbotschafter Hannes auf eine Winterbegehung des Grünen Bandes entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

      Zum Artikel: https://www.globetrotter.de/magazin/deutschland-winterband/

      Text: Mario Goldstein