Als Norddeutscher hatte ich mit dem Thema Klettern naturgemäß bislang eher wenig Berührungspunkte – mal abgesehen von einigen Ausflügen in den Kletterwald und Kindheitserfahrungen mit dem Klettergerüst des örtlichen Spielplatzes. Als ich erfuhr, dass der nächste Teamausflug uns auf einen Klettersteig führt, der für Anfänger nicht empfohlen wird, war ich daher ehrlicherweise etwas nervös. Spoiler: Im Nachhinein war diese Nervosität vollkommen unberechtigt und in den Beschreibungen des Klettersteigs hörte es sich viel gefährlicher an, als es am Ende war. Naja. Die Entscheidung, mir zur Vorbereitung noch mal den Filmklassiker Cliffhanger mit Sylvester Stallone anzuschauen, half zudem auch nicht wirklich. Ich nahm mir daraufhin aber immerhin vor, niemals eine hundert Meter tiefe Schlucht auf einer Zipline zu überqueren. Außerdem stellte ich mal wieder fest, dass das Actionkino Anfang der 90er-Jahre seinen Höhepunkt erreicht hatte.
Proben im Westerwald
Nach einer sehr, sehr langen Autofahrt durch mehrere Bundesländer kamen wir schließlich zunächst in Döttesfeld an, einem kleinen Ort im Westerwald. Ganz in der Nähe ist offenbar auch die Schrottplatzdynastie der Ludolfs ansässig, die wir allerdings im Wald nicht antrafen. Vor Ort sollte als kleine Einstimmung zunächst der Hölderstein-Klettersteig absolviert werden, da dieser „auf dem Weg liegt“ und zudem „wohl auch ganz schön sein soll“. Nach einer kurzen Stärkung mit Nudelsalat und Energieriegeln brachen wir auf, um den Klettersteig zu suchen – leider gar nicht so einfach. Nach einer ungeplanten Wanderung durch das landschaftlich allerdings sehr schöne Grenzbachtal kamen wir schließlich am Klettersteig an. Dort erklärte uns Experte David ganz genau, wie wir die Klettergurte anlegen müssen, wie wir uns sichern und wo wir anfassen müssen, um nicht in den sicheren Tod zu stürzen. Die passende Ausrüstung dafür wurde uns netterweise von Black Diamond zur Verfügung gestellt.
Der Klettersteig selbst war nur sehr kurz und in ca. 20 Minuten absolviert. Trotzdem war es eine nette Einstimmung ins Thema und machte mich sicherer, dass ein Klettersteig nicht jene Todesfalle ist, für die ich diesen hielt. Nach kurzer Weiterfahrt richteten wir uns anschließend auf einem Campingplatz direkt am Rhein in der Nähe von Boppard ein und ließen den Abend am Lagerfeuer mit Stockbrot und Spezi gemütlich ausklingen. Wir waren von der Anreise zwar alle etwas müde, das ließ sich jedoch absolut niemand anmerken.
Los geht die wilde Fahrt
Am folgenden Tag ging es dann direkt ans Eingemachte, auf den Mittelrhein-Klettersteig in Boppard. Ich führte mir noch einmal die Dinge vor Augen, die ich von Stallone gelernt hatte, und stellte schnell fest, dass sich das Rheinland signifikant von den Rocky Mountains unterscheidet. Mein Wissen war nutzlos. Aber das war in Ordnung, denn diesen Klettersteig kann so gut wie jeder gehen – entsprechende Vorsicht und Ausrüstung vorausgesetzt. Wie gut, dass die Stadt Boppard für Abenteurer ohne eigenes Klettersteigset auch einige zum Ausleihen bereithält.
Der Klettersteig bietet auf einer Strecke von knapp fünf Kilometern zehn Eisenleitern, 130 Trittbügel und fast 200 Meter Stahlseil, auf denen man sich mit einem großartigen Blick auf den Rhein austoben kann. Zum Ende hin wurde aus dem Klettersteig zwar eher eine klassische Wandertour, aber Spaß gemacht hat es trotzdem. Abschließend gab es in einem Biergarten mit Blick auf die Rheinschleife für jeden noch eine Fanta und ein Eis, weil alle so super mitgemacht hatten. Zurück im Camp mussten wir uns natürlich noch um etwas zu essen kümmern. Kochequipment vor Ort waren ein Lagerfeuer, ein Dreibein und ein gusseiserner Topf. Konsequenterweise fiel die Entscheidung daher auf Lasagne. Das Ergebnis sah kurios aus, schmeckte aber tatsächlich ganz gut.
Wandern und Wein
Am nächsten Tag stand eine geführte Tour mit einem Kontakt des DAV Dortmund auf dem Plan. Am Treffpunkt in Ediger-Eller wartetet bereits unser Guide Frank auf uns. Wir erkannten ihn daran, dass er gerade im Begriff war, den Pfeiler einer Brücke zu erklimmen. Frank führte uns über eine tolle Route durch die Weinberge, direkt oberhalb der Mosel – und das bei bestem Wetter. Vorbei an der Calmonthütte, an Aussichtspunkten mit Blick auf die Ruinen des Klosters Stuben und die Moselschleife bis hinauf zum Bremmer Gipfelkreuz. Der Aussichtspunkt Eller Todesangst klang zwar verlockend, lag aber leider zu sehr abseits der Route. Schade.
Die Szenerie entlang des Weges war dafür wie aus dem Bilderbuch. Als Fotograf möchte man da am liebsten alle paar Meter anhalten und fotografieren, aber wir hatten ja noch etwas vor. Am Gipfelkreuz angekommen setzte dann auch pünktlich der Regen ein. Deshalb machten wir uns schnell wieder auf den Rückweg, der deutlich schneller verlief als der Hinweg, landschaftlich aber leider auch deutlich unspektakulärer durch den Wald führte. Nach der Tour einigten wir uns spontan, uns noch die nahegelegene Stadt anzuschauen. Wie praktisch, dass dort gerade ein Weinfest stattfand. Als kulturell interessierte Menschen entschlossen wir uns, uns dieses gesellschaftliche Ereignis genauer anzuschauen.
Als wir am nächsten Morgen fit in unseren Zelten aufwachten, war es auch schon Zeit für den sehr langen Rückweg nach Hamburg. Während Sandra, Bjarne und ich es vorzogen, die schnellste Strecke nach Hause zu nehmen, entschlossen sich David und Andreas unfreiwillig für die romantische Route über den Rhein – ganz nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel!