Zugegeben: Wenn die Temperaturen einstellig sind oder gar unter den Gefrierpunkt wandern, denken die wenigsten an Wassersport im Freien. Und dann auch noch Winterpaddeln? Wie verlockend doch ein fauler Nachmittag auf dem gemütlichen Sofa sein kann!
Doch wer einmal durch verschneite Landschaften gepaddelt ist, die Stille und Einsamkeit auf dem Wasser erlebt hat, der weiß: Jede Jahreszeit ist Paddelzeit. Für Kanuten beginnt das Abenteuer, wo für andere der Weg endet. Auf dem Wasser eröffnen sich neue Perspektiven, du entfliehst den Massen und im Takt der Paddelschläge findest du Ruhe und Gelassenheit. All das wird im Winter noch potenziert, denn je unwirtlicher die äußeren Bedingungen, umso mehr Ruhe kehrt auf Flüssen und Seen ein. Allerdings bedarf es dann entsprechender Ausrüstung und Bekleidung und auch eine Portion Erfahrung gehört mit an Bord.
5 Tipps zum Winterpaddeln
- Bekleidung: »Dress for water, not for air.« Ein Mensch kühlt im Wasser etwa 25-mal schneller aus als an Land. Im Sommer, wenn Luft- und Wassertemperatur oft weit auseinanderliegen, fällt es manchmal schwer, sich daran zu halten. Im Winter wirst du ohnehin nicht auf die Idee kommen, in Boardshorts und T-Shirt ins Boot zu steigen. Was du bei der Wahl deiner Paddelbekleidung im Detail beachten solltest, erfährst du in unserer Kaufberatung.
- Verpflegung: Bei Kälte verbrennt der Körper mehr Energie, entsprechend gehören Snacks und heiße Getränke unbedingt ins Fahrtgepäck. Wo im Sommer Biergärten locken, steht man im Winter oft vor verschlossener Tür. Und Achtung: Alkohol kühlt den Körper zusätzlich aus, statt in zu wärmen, wie viele denken. Also Finger weg!
- Ausrüstung: Weil eine Kenterung nie ausgeschlossen ist, solltest du immer einen wasserdichten Packsack mit trockener Wechselkleidung dabeihaben. Genauso ein Erste-Hilfe-Set, ein wasserdicht verpacktes Handy und den »Notfallgroschen«. Um Mitpaddler im Ernstfall zu retten darf auch ein Wurfsack nicht fehlen.
- Planung: Wähle die Tour entsprechend deiner Fitness und deiner Erfahrung. Bei Gruppen ist immer das schwächste Glied maßgebend. Halte den Wetterbericht und die aktuellen Bedingungen vor Ort im Blick. Wenn du nicht absolut sicher bist, paddle nicht allein! Denke daran, dass es im Winter früher dunkel wird und plane einen entsprechenden Zeitpuffer ein.
- Backup: Informiere vor der Fahrt jemanden über deine Pläne: Auf welchem Gewässer paddelst du? Wo sind Ein- und Ausstieg geplant? Wann willst du zurück sein? Sei vorbereitet, falls du bei Problemen die Fahrt abbrechen musst. Gibt es alternative Ausstiegsstellen? Wie kommst du zurück zum Auto etc.?
#1 Winterpaddeln Schwentine
Länge: 12,5 km, Dauer: ca. 3 – 4 h, Eutin – Behler See
Die Schwentine, einer der beliebtesten Flüsse im Norden, entspringt am Bungsberg (168 m, höchster Berg in SH) und fließt durch die Holsteinische Schweiz, eine hügelige Grundmoränenlandschaft. Erst geht’s über eine Seenkette (inkl. Plöner See). An den Ufern brüten Wasservögel und Seeadler.
Die Schwentine verbindet, überwiegend strömungslos, mehr als ein Dutzend große Seen. Die längste mögliche Route auf der Schwentine führt über 55 Kilometer von Eutin bis zur Mündung in die Ostsee in Kiel. Auch die hier vorgestellte Tour lässt sich in beide Richtungen befahren – ausschlaggebend sollte allein die Windrichtung sein.
Ein- und Ausstiegsstellen:
Einstieg beim Ruderverein Germania
Ausstieg am Landgasthof Kasch
Anreise: Die Seen der Schwentine liegen etwa eine Autostunde nördlich von Hamburg. Auf der A1 (Richtung Fehmarn/Lübeck/Rostock) sind sie am schnellsten zu erreichen.
Infrastruktur: Entlang des Schwentine-Wasserwanderweges und den befahrbaren Seen gibt es zahlreiche, idyllisch gelegene Einsetzstellen und Rastplätze. Meist befinden sich in unmittelbarer Nähe auch Parkplätze. Es wurden gut sichtbare Hinweisschilder für die Einsetzstellen platziert, so findet man rasch den richtigen Einstieg.
Besonderheiten Winter: Während die Schwentine im Sommer (etwa ab Juni) teilweise verkrautet, ist das Wasser in den Wintermonaten klar und frei. Da Wasservögel und andere Tiere in dieser Jahreszeit besonderer Rühe bedürfen, solltest du rücksichtsvoll paddeln und die Uferzonen meiden, um bei den Tieren keinen Fluchtreflex auszulösen.
Ausrüstung fürs Winterpaddeln
Die komplette Auswahl an wintertauglicher Paddelausrüstung findest du hier.
#2 Winterpaddeln Ruhr
Länge: 11 km, Dauer: ca. 3 – 4 h, Witten-Herbede – Hattingen
Das Ruhrgebiet ist die größte Metropolregion Deutschlands. Städte wie Bochum, Essen und Oberhausen gehen nahtlos ineinander über, täglich kollabiert der Verkehr und qualmende Industrieschlote prägen das Bild. Und mittendurch schlängelt sich die Ruhr als ideales Paddelrevier: Die Zivilisation ist stets nur einen Steinwurf entfernt, meist aber außer Sichtweite und nie drängt sie sich wirklich auf.
Zwischen Witten und Hattingen liegt der Kemnader See. Wäre man nicht gerade noch unter der Autobahnbrücke der A 43 durchgepaddelt, man könnte sich glatt in Skandinavien oder Kanada wähnen.
Ein- und Ausstiegsstellen:
Einstieg beim Kanu-Club Witten
Ausstieg am Campinplatz Ruhrbrücke in Hattingen
Pegel/Befahrbarkeit: Ganzjährig, bei extremem Hochwasser (Pegel Hattingen > 358 cm) ist die Befahrung der Ruhr verboten. Aktuelle Informationen unter: www.talsperrenleitzentrale-ruhr.de/befahrungssituation.html
Hindernisse: Auf der Ruhr gibt es viele Wehre. Die meisten davon sind absolut unbefahrbar, viele haben aber Bootsgassen, die durch ein Zugseil geöffnet werden können. Hin und wieder muss aber umtragen werden – gerade bei Gepäckfahrten also nicht den Bootswagen vergessen. Grundsätzlich gilt: Schiffsverkehr hat Vorfahrt!
Sehenswürdigkeiten: Unter www.route-industriekultur.de findet man alle Infos zu lohnenden Zielen. Viele Sehenswürdigkeiten sind von der Ruhr aus gut zu erreichen. Besonders lohnend und nur fünf Minuten vom Ufer der Ruhr entfernt ist die Henrichshütte in Hattingen.
Besonderheiten Winter: Anders als im Hochsommer, wo das Wasser vor allem im Oberlauf der Ruhr knapp werden kann, ist der Pegel im Winter meist ideal. Achtung: Gaststätten, Biergärten & Campingplätze machen teilweise Winterpause – vorher informieren!
#3 Winterpaddeln Altmühl
Länge: 14 km, Dauer: ca. 4 – 5 h, Treuchtlingen – Solnhofen
Auf der Altmühl wird einem das Paddeln leicht gemacht. Es gibt eine gute Infrastruktur für Kanuten und wer will, kann seine Paddeltour auch auf mehrere Tage ausdehnen.
Die Altmühl – der langsamste und populärste Fluss Bayerns – ist auch für Gelegenheitspaddler geeignet. Zu- und Ausstiege sowie Gefahrenstellen sind ausgezeichnet beschildert.
Ein- und Ausstiegsstellen:
Der Bootseinstieg nach dem Treuchtlinger Wehr befindet sich nähe der Hauptstraße. Der Stieg ist mit gepflasterten Natursteinstufen und einer Holzrutsche für die Boote gebaut.
Ausstieg Solnhofen: Der öffentliche Bootseinstieg für Privatpersonen befindet sich im Ortsteil Eßlingen unter der Eichmühlbrücke.
Umsetzen: Im Sommer bieten viele Anbieter vor Ort einen Shuttleservice an. Du kannst aber auch bequem die Bahn zurück zum Auto bzw. zum Einstieg nehmen.
Hindernisse: Einige Wehre müssen umtragen werden, das ist jedoch meist einfach und wird durch gute Infrastruktur erleichtert.
Sehenswürdigkeiten: Die Altstadt von Pappenheim schmiegt sich malerisch in eine Flussschleife und hat den Lauf der Zeit im Schutze der mittelalterlichen Stadtmauer nahezu unbeschadet überstanden. Burg Pappenheim und das Neue Schloss sollten bei einem Stadtrundgang auf jeden Fall besichtigt werden.
Besonderheiten Winter: An heißen Sommerwochenenden kann schon mal viel los sein auf der Altmühl. Im Winter hat man den Fluss dagegen für sich allein und in der Regel auch kein Problem mit zu niedrigen Pegeln.
Mehr Kanu im Globetrotter Blog
Vom Einsteigerguide über Kaufberatungen, Tourentipps bis zu großen Reportagen – im Blog gibt’s die geballte Ladung Paddel-Infos.