Express-Sets bestehen aus zwei Normalkarabinern (Karabiner mit einfachem Schnappverschluss), die durch eine ca. 10-20 cm lange Textilschlinge miteinander verbunden sind. Express-Sets werden im Vorstieg verwendet, sie verbinden dein Kletterseil mit der Zwischensicherung (z.B. ein Bohrhaken) in der Felswand. Der Vorteil dieser Verbindungsmethode gegenüber einem einzelnen Karabiner: Durch die Länge des Express-Sets wird der Seilverlauf begradigt und das Seil schleift weniger an den Karabinern. Je geringer die Seilreibung, desto weniger Kraft benötigst du als im Vorstieg, um das Seil nachzuziehen.
Inhalt:
- Worauf kommt es bei Express-Sets an?
- Welche Festigkeit haben Express-Sets?
- Wie unterscheiden sich die Karabiner des Express-Sets?
- Welche Form sollten die Karabiner-Nasen des Express-Set haben?
- Warum ist ein Schnapper gewölbt und einer gerade?
- In welche Richtung zeigen die Schnapperöffnungen des Express-Sets?
- Wie lang soll die Schlinge des Express-Sets sein?
- Breite oder schmale Schlinge – Was ist besser?
- Aus welchem Material sind die Textilschlingen?
- Was gibt es bei der Fixierung des Seilkarabiners zu beachten?
- Wie viele Express-Sets brauche ich?
- Wie pflegt man ein Express Set? Wie lange darf ich ein Express-Set nutzen?
- Wie baut man eine Alpin-Exe?
Worauf kommt es bei Express-Sets an?
Auf so einiges! Auf die Karabiner-Bruchlast, die Form der Karabinernase, die Karabinergröße, die Größe der Schnapperöffnung, die Schnapperform, die Karabinerfarbe, die korrekte Fixierung der Karabiner in der Schlinge, die Länge der Schlinge, die Breite der Schlinge, das Gesamt-Gewicht des Express-Sets, gutes Handling… Das klingt ganz schön komplex? In dieser Kaufberatung klären wir dich auf, was es im Einzelnen damit auf sich hat, was empfehlenswert und was für deine Anwendung wirklich wichtig ist.*
Welche Festigkeit haben Express-Sets?
Als Teil deiner persönlichen Schutzausrüstung beim Klettern unterliegt die Haltbarkeit aller in Deutschland verkäuflichen Express-Sets Normanforderungen (EN 12275 für die Karabiner und EN 566 für die Schlinge), die nicht unterschritten werden dürfen.
Für Karabiner schreibt die Norm EN 12275 folgende Mindestwerte vor:
- Längs-Festigkeit des Karabiners im geschlossenen Zustand 20 kN (= KiloNewton)
- Quer-Festigkeit des Karabiners im geschlossenen Zustand 7 kN
- Offen-Festigkeit des Karabiners (längs im geöffneten Zustand) 7 kN
Für die textile Verbindungsschlinge gilt die Norm EN 566, die besagt, dass die Festigkeit der Schlinge bei mindestens 22 kN liegen muss. Die Anforderung gilt für Schlingen aus jeglichen Materialien (Polyester, Nylon oder Dyneema) und unabhängig davon, wie lang oder breit sie sind.
Wenn du deine Express-Sets korrekt anwendest*, kannst du dich darauf verlassen, dass sie jeden Sturz beim Klettern aushalten.
Viele Express-Sets übertreffen die von der Norm vorgegebenen Festigkeitswerte. Besonders bei der Offen-Festigkeit der Karabiner empfehlen wir, etwas genauer hinzuschauen und Express-Sets mit einem möglichst hohen Wert wählen, denn ein ungewollt geöffneter Schnapper ist tatsächlich kein ganz abwegiges (wenn auch unbedingt zu vermeidendes) Szenario. Die mindestens vorgeschriebenen 7 kN Festigkeit entsprechen etwa einer Last von 700 kg. Ein Gewicht, das dein Körper bei einem weiten Sturz durch die Beschleunigung im freien Fall durchaus erzeugen kann. Wie du die Gefahr verringerst, dass die Karabiner des Express-Sets ungewollt offen stehen, erfährst du weiter unten im Kapitel zur »Karabinernase«.
Wie unterscheiden sich die Karabiner des Express-Sets?
Beide Karabiner besitzen eine sogenannte D-Form, die im Falle eines Sturzes die Belastung auf die geschlossene Karabiner-Längsseite überträgt. Ihre Schmalseiten werden in die Enden der Textilschlinge eingehängt. Um das Handling des Express-Sets beim Vorsteigen so einfach und sicher wie möglich zu machen, sind die Karabineröffnungen des fels- und seilseitigen Karabiners meist unterschiedlich geformt:
Der Felskarabiner:
- sollte idealerweise keine Ausbuchtung an der Karabinernase aufweisen, mit der der Karabiner beim Ein- und Ausklippen am Haken (oder Klemmkeil) hängen bleiben kann. Gängig sind darum Karabiner mit Keylock-Verschluss.
- hat meist eine gerade Schnapperöffnung
- hängt immer locker in der Verbindungsschlinge, damit er nicht durch den Seilzug nach oben um den Haken herum gedreht wird
Der seilseitige Karabiner:
- hat oft einen leichten Drahtschnapper-Verschluss, der sich bei einem Anprall des Karabiners an die Wand (z. B. beim Vorstiegssturz) weniger weit öffnet als ein Keylock-Verschluss (Whiplash-Effekt)
- oder alternativ eine gebogene Schnapperöffnung
- ist in der Regel durch einen Gummi- oder Kunststoffeinsatz in der Schlinge fixiert, um ein Verdrehen zu verhindern und den Karabiner für ein unkompliziertes Einklippen in Position zu halten.
Um eine Verwechslung von Fels- und Seilkarabiner auszuschließen, verwenden fast alle Hersteller für ihre Express-Sets Karabiner in unterschiedlichen Farben.
Welche Form sollten die Karabiner-Nasen des Express-Set haben?
Die Karabiner-Nase des Felskarabiners sollte nach Möglichkeit keine Ausbuchtung haben, die beim Ein- und Ausklippen der Exe am Haken hängen bleiben kann (siehe Bild). Dieses Problem tritt vor allem an Bohrhakenlaschen auf, die in sehr vielen Klettergebieten zu finden sind.
Das Verhaken der Karabinernase ist vor allem beim Abbau von Routen sehr lästig, kann aber auch im Vorstieg zur Gefahr werden: Der Verschluss schließt nicht (Stichwort: geringe Offen-Festigkeit) und wird im Falle eines Sturzes sehr ungünstig belastet. Als mögliche Folge kann der Karabiner sich aushängen oder brechen.
Die meisten Hersteller haben diesen Nachteil erkannt und Abhilfe geschaffen: Viele Express-Sets haben am hakenseitigen Karabiner einen Schnapper mit Keylock-Verschluss. Zudem gibt es einige patentierte Karabiner, bei denen die Hersteller einen Drahtschnapper so in der Karabinernase versenken konnten, dass keine störende Ausbuchtung entsteht, mit der der Karabiner hängen bleiben kann.
Warum ist ein Schnapper gewölbt und einer gerade?
Der gerade Schnapper wird üblicherweise am felsseitigen Karabiner eingesetzt, wo hingegen ein gebogener Schnapper das Einhängen des Seils erleichtert. Die unterschiedlichen Formen sorgen außerdem für eine einfachere optische Unterscheidbarkeit von Seil- und Felskarabiner.
In welche Richtung zeigen die Schnapperöffnungen des Express-Sets?
Gegenläufig oder gleich? Beides ist möglich, wenn du dich daran gewöhnst und auch deine Kletterpartner mit deinem Handling problemlos zurechtkommen. Wichtig ist, dass du all deine Exen auf die gleiche Weise präparierst, damit du beim Einhängen nicht durcheinander kommst.
Damit sich das Seil im Falle eines Sturzes nicht aus dem Karabiner aushängen kann, sollte ein Express-Set immer so in die Haken geklippt werden, dass die seilseitige Schnapperöffung von deiner Kletterrichtung weg zeigt. Kurz gesagt: Willst du oberhalb des zuletzt geklippten Hakens rechts weiter klettern, sollte die Schnapperöffnung des Seilkarabiners nach links weisen. Und umgekehrt.
Während vor einigen Jahren noch Exen mit gegenläufigen Karabinern dominierten, sind mittlerweile gleichgerichtete Schnapperöffnungen die gängigere Wahl. Ein zwingender Anwendungsfall für gleichläufige Schnapper sind Ringe, die flach am Fels anliegen: Sowohl die Schnapperöffnung des Wandkarabiners als auch die Schnapperöffnung des Seilkarabiners sollen vom Fels wegzeigen, was nur mit einem gleichläufigen Express-Set möglich ist.
Wie lang soll die Schlinge des Express-Sets sein?
In gebohrten Sportkletter-Routen verwenden die meisten Kletterer:innen Express-Sets mit kurzer bis mittellanger Textilschlinge (10 – 12 cm). Für Felseinsätze kann es sinnvoll sein, zusätzlich ein paar längere Express-Sets (13 bis max. 20 cm) dabei zu haben. Express-Sets für alpine Einsätze werden von den Herstellern üblicherweise mit längeren Schlingen ausgestattet.
Der Grund: Je länger die Schlingen deiner Express-Sets sind, umso besser können sie einen mäandernden Seilverlauf ausgleichen und die Seilreibung an der Zwischensicherung reduzieren. Das erleichtert dir im Vorstieg das Nachziehen des Seils. Außerdem kommen lange Schlingen zum Einsatz, wenn mit mobilen Zwischensicherungen wie z.B. Klemmkeilen oder Friends abgesichert wird. Auch hierbei geht es darum, den Zug des Seiles auf die Zwischensicherung gering zu halten, damit die mobilen Sicherungen nicht durch die Seilbewegung verrutschen, wandern oder herausfallen.
Nachteile langer Schlingen: Deine potentielle Fallhöhe im Vorstieg ist etwas größer als bei kurzen Exen (Vorsicht bei sehr niedriger erster Zwischensicherung!). Und ein wenig schwerer sind sie auch.
Tipp: Die Textil-Schlingen sind auch einzeln und in verschiedenen Längen erhältlich, sodass du deine Express-Sets je nach Bedarf mit langen oder kurzen Express-Schlingen ausstatten kannst.
Breite oder schmale Schlinge – was ist besser?
Eine schmale Schlinge ist leichter. Eine breite Schlinge lässt sich besser greifen. Gehörst du zu den Kletter:innen, die ihre Grenzen ausloten, Routen projektieren und dabei regelmäßig ins Seil fallen, dann wirst du gut zu greifende, breite Schlingen zu schätzen wissen, an denen du dich komfortabel wieder nach oben ziehen kannst.
Aus welchem Material sind die Textilschlingen?
Die Textilschlingen können aus Polyester, Polyamid (Nylon) oder Dyneema sein. Dyneema ist etwas leichter, Polyamid punktet mit besonders hoher Abriebfestigkeit. Egal, aus welchem Material die Textilschlinge hergestellt ist, muss sie eine Bruchlast von mindestens 22 kN aufweisen.
Was gibt es bei der Fixierung des Seilkarabiners zu beachten?
Wie bereits beschrieben, wird der seilseitige Karabiner fixiert, damit er sich nicht in der Schlinge drehen und ungünstig belastet werden kann. Die Fixierung ist fast immer aus Gummi, das entweder unsichtbar in die Textilschlaufe eingearbeitet ist oder von außen übergestülpt wird. Geht die Fixierung irgendwann kaputt, solltest du sie unbedingt ersetzen.
Wie viele Express-Sets brauche ich?
Die Anzahl der benötigten Expressen hängt von der Länge deiner Route (oder beim Indoor-Klettern der Höhe der Kletterhalle) und der Anzahl der vorhandenen Fixpunkte ab.
10 Express-Sets sind meist eine gute Grundausstattung für Klettergärten, in langen Sportkletterrouten (über 30 m) mit kurzen Hakenabständen können aber durchaus auch mal 15 oder mehr Express-Sets erforderlich sein. Bei Globetrotter kannst du sowohl einzelne Express-Sets kaufen als auch Pakete von 5-6 Expressen, bei denen du von einem kleinen Preisvorteil profitierst.
Willst du ein bestimmtes Klettergebiet besuchen, dann versorge dich vorab unbedingt mit Informationen zu Routenlängen und Empfehlungen zur erforderlichen Ausrüstung für die Absicherung. Diese Infos findest du z.B. in aktuellen Kletterführern. In einigen Topos (Wandübersichten) sind sogar die Haken eingezeichnet. Aber Achtung: Diese Angaben der Führerautoren erfolgen immer ohne Gewähr! Es schadet auf keinen Fall, immer zwei Exen mehr am Gurt zu haben, als du voraussichtlich benötigen wirst.
Wie pflegt man ein Express-Set? Wie lange darf ich ein Express-Set nutzen?
Die Normalkarabiner aus Aluminium sind langlebig und ziemlich pflegeleicht. Sie können bei Bedarf mit klarem Wasser und evtl. etwas Handwaschseife gereinigt werden. Das anschließende Trocknen sollte an einem Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung erfolgen. Das Scharnier des Schnappers schmierst du anschließend mit einem Tropfen Trockenschmierstoff. Kritisch wird es, wenn der Verschluss nicht mehr vollständig schließt oder das Seil nach häufigen Gebrauch Kerben in den Karabinerbogen gefressen hat. Bevor dies passiert, muss der Karabiner ausgetauscht werden. Da der hakenseitige Express-Karabiner nach einiger Zeit der Nutzung Riefen oder scharfe Kanten bekommen kann, ist es umso wichtiger, dass du ihn nicht als Seil-Karabiner verwendest.
Etwas anders sieht es mit der Textilschlinge aus, die auf jeden Fall regelmäßig erneuert werden muss. Da Schlingen Weichmacher enthalten, die sich mit der Zeit verflüchtigen, ist ihre Haltbarkeit definitiv begrenzt. Selbst ungenutzte, optimal gelagerte Textilschlingen sollst du nach spätestens 10 Jahren nicht mehr verwenden. Abhängig vor der Nutzungsintensität musst du sie bereits deutlich früher austauschen, bei offensichtlichem Verschleiß und Beschädigungen sofort. Beachte hierzu auch die Gebrauchsanweisungen der Hersteller. Ersatz-Expressschlingen kosten nicht die Welt und können in allen Längen und Breiten einzeln nachgekauft werden.
Wie alle Kletterausrüstung solltest du auch deine Express-Sets trocken und vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt lagern. Vermeide unbedingt eine Lagerung in unmittelbarer Nähe zu Säuren, z.B. bei deiner Autobatterie!
Wie baut man eine Alpin-Exe?
Eine sogenannte Alpin-Exe ist ein verlängerbares Express-Set, dass du dir selbst zusammenstellen kannst. Alpin-Exen werden vor allem dann verwendet, wenn ein Zickzack-Seilverlauf mit einem Express-Set in einer Kletterroute nicht genug ausgeglichen werden kann. Hier zeigen wir dir, wie du dir aus zwei Schnappern und einer Bandschlinge ganz einfach eine Alpin-Exe selber bauen kannst.
Material: 1 Bandschlinge 60 cm, 2 Schnappkarabiner (1 Seilkarabiner, 1 Hakenkarabiner)
- Clippe die Karabiner für die Seilseite und die Hakenseite in die Bandschlinge
- Führe den Seilkarabiner durch den Hakenkarabiner hindurch
- Clippe den durchgeführten Seilkarabiner in beide Schlingenstränge hinter dem Hakenkarabiner. Fertig. Durch jeden der beiden Karabiner laufen nun 3 Stränge der Bandschlinge. Die Alpinexe ist nun einsatzbereit und kann am Klettergurt verstaut werden
Anwendung beim Klettern:
- Clippe du zuerst den Hakenseitigen Karabiner in die Zwischensicherung (Haken, Keil, Friend).
- Hänge 2 beliebige Stränge aus dem Seilkarabiner aus und ziehe die Schlinge in die Länge.
- Clippe das Seil in den seilseitigen Karabiner
Abbauen von Alpinexen:
Wenn du im Nachstieg eine Kletterroute mit Alpinexen abbaust, solltest du die Schlinge samt Karabinern nicht in voller Länge am Klettergurt befestigen. Wie bei allen Bandschlingenempfiehlt es sich, sie bis zum nächsten Standplatz über die Schulter zu werfen und erst dort neu zu präparieren.
* Bitte beachte: Bei der Verwendung von Express-Sets im Vorstieg gibt es vieles zu beachten! Die korrekte und sichere Nutzung erlernst du in einem Vorstiegskurs – in deiner Kletterhalle, einer Bergschule oder beim Deutschen Alpenverein.