Es bröselt unangenehm unter meiner linken Sohle, als ich sie vorsichtig auf einen kleinen Vorsprung setze. Ich spüre, wie sie rutscht, und verliere den Halt. Zum Glück stehe ich mit dem anderen Fuß stabil und habe meine Hände in den breiten Riss geklemmt, so dass ich es schaffe, nicht zu fallen. Unter der Sohle hat etwas Kies geklebt, den ich nicht ausreichend entfernt hatte. Ich weiß, dass so ein einfacher Fehler leicht zu einem Sturz führen kann.
»Gut geklettert«, sagt Elias und grinst mich von einem Ohr zum anderen an. Ich kann nicht wirklich zustimmen. Ich fühle mich schwer und ein wenig nervös. Ich bin es nicht gewohnt, lange Risse zu klettern, und der Rucksack mit der Kameraausrüstung und den Drohnen ist schwer. Werde ich es wirklich schaffen, die 400 Meter lange Route zu klettern, wenn es schon nach 50 Metern nicht gut läuft?
Der Westpfeiler (6. Grad) an der majestätischen Granitwand des Presten ist die berühmteste Kletterroute auf den Lofoten. Ich bin mit einheimischen Kletterern unterwegs: Andreas und Karin, sie ist Kletterlehrerin und Mitglied des Tierra-Testteams, außerdem ihr finnischer Freund Elias. Wir wollen Fotos für Tierra produzieren.
Unten schwimmen die Wale
Für mich ist es genau 25 Jahre her, dass ich zum ersten Mal auf den Lofoten zum Klettern war. Das Hauptziel war damals die Besteigung des Vestpillaren. Einen Ort ein zweites Mal zu besuchen oder eine Route ein zweites Mal zu klettern, ist immer ein gewisses Wagnis. Einerseits kennt man den Ort und man fühlt sich ein wenig sicherer, andererseits sind das Abenteuer und die Entdeckerfreude, die man beim ersten Besuch erlebt hat, weitgehend verschwunden. Damals war ich Teenager und träumte davon, Abenteuerfotograf oder Bergführer zu werden. Von Narvik trampte ich mit Kletterausrüstung und billig in Schweden gekauften Lebensmitteln auf die Inselgruppe – jetzt komme ich mit einem Mietwagen und arbeite in meinem Traumjob. Aber es hat sich nicht viel geändert. Mich faszinieren immer noch das einfache Leben und die steilen Granitwände. Da die anderen alle in ihren Wohnmobilen leben, wird der Kofferraum des Mietwagens für die nächste Woche mein Zuhause sein.