»Nachhaltig ist, was lange hält«

Die nachhaltigste Ausrüstung ist die, die du lange nutzt. Stephan Glocker zeigt, was bei ihm am längsten im Kleiderschrank liegt.

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Er kann aus dem Vollen schöpfen, trotzdem wird sein Ausrüstungs-Arsenal immer übersichtlicher: Stephan Glocker, Chefredakteur des Globetrotter Magazins, über einen der wichtigsten Aspekte von nachhaltiger Ausrüstung: die Langlebigkeit.

Stephan, wie sieht es in deinem Ausrüstungskeller aus? 

Etwas unaufgeräumt, aber halbwegs übersichtlich. Viele Leute denken, ich hätte als Outdoor-Journalist ja bestimmt zehn Gore-Tex-Jacken, acht Schlafsäcke und fünf Zelte. Dabei ist die Ausrüstung über die Jahre weniger geworden – und älter. Der Trend geht klar zu bewährten Teilen. 

Hast du das irgendwann für dich beschlossen? 

Das war eher ein natürlicher Prozess, den wahrscheinlich viele alte Hasen kennen. Vor Jahren haben wir fürs Globetrotter Magazin Yvon Chouinard interviewt, den legendären Gründer von Patagonia. Der erzählte, wie er mal mit Nachwuchstalenten zum Klettern ging – alle perfekt ausgerüstet wie frisch aus dem Katalog. Yvon wurde erstaunt beäugt, schließlich fragte ihn einer: Sag mal Yvon, dir gehört doch Patagonia! Wieso hast denn so altes Zeug an? Da realisierte Yvon, dass er tatsächlich 20 Jahre alte Klamotten anhatte – einfach, weil es nie einen Grund gab, sie auszutauschen. 

Hast du auch so alte Teile in Betrieb? 

Einige: Beim Biken, Ski- und Kajakfahren habe ich immer dieselben First und Second Layer an, teilweise seit über 20 Jahren. Durchschwitzen, Waschmaschine, Durchschwitzen, Waschmachine – einige hundert Mal. Das ist schon unfassbare Qualität. Schlafsäcke und Zelte halten bei richtiger Pflege ewig. Du hast einige unkaputtbare Teile, auf andere muss man etwas aufpassen. Viel von diesem Wissen kommt erst durch Erfahrung, manchmal leider auch schmerzhafte.

Was heißt schmerzhaft? 

Den teuren Daunenschlafsack feucht verpackt und zuhause vergessen, ihn zu trocknen. Da war nichts mehr zu retten. Oder mein Lieblings-Jogging-Shirt aus dünnem Merino: dooferweise bei einer langen Trekkingtour benutzt, da hat der Rucksack-Schulterriemen den Stoff durchgearbeitet … naja, selbst schuld. 

Und was ist »unkaputtbar«? 

Bei mir: meine Fjällräven-Hose und meine Patagonia-Fleecejacke. Die Rucksäcke seriöser Marken wie Lowe, Bach oder Deuter. Ich würde auch Trekkingschuh-Klassiker wie Meindl Island oder Hanwag Alska dazuzählen. 

Bei Schuhen ist doch irgendwann die Sohle runter …

Bei gezwickten Modellen kannst du diese austauschen lassen. Hanwag besohlt jedes Jahr 15.000 Schuhe neu. Ich kenne Geologen, die latschen seit 15 Jahren mit demselben Meindl-Paar durch ihre geliebten Vulkangeröllfelder – gegen diese Belastung ist jede Trekkingtour ein Kindergeburtstag. Alle zwei Jahre eine neue Sohle … fertig. Da ist die Ökobilanz schon deutlich besser als bei ständigem Neukauf.

Ortliebtaschen halten lange

Heißt langlebig automatisch teurer?

In der Regel: ja. Langlebigkeit entsteht durch durchdachtes Design, erstklassiges Material und exzellente Verarbeitung. Alle drei Punkte kosten richtig Geld, was sich im Preis widerspiegelt. Durch die lange Nutzungsdauer gleicht sich das aber mehr als aus. Dazu kommt noch die bessere Reparierbarkeit. 

Hochwertige Ausrüstung kann man besser reparieren? 

Klar, weil sich in der Regel nicht das Produkt als Ganzes auflöst, sondern nur eine Verschleiß- oder Schadensstelle betroffen ist. Und du brauchst natürlich kompetente Hilfe. Ich besitze eine wunderschöne und nicht ganz billige Arc’teryx-Jacke, da waren nach vielen Jahren die Ärmelbündchen und der Hüftzug durch. Diverse Schneider, darunter auch Profis aus der Outdoor-Branche, sagten mir, da sei nichts mehr zu machen. Dann ging die Jacke als »Problemfall« an das Globetrotter Repaircenter – und ich bekam sie zurück wie neu! Die beiliegende Reparatur-Rechnung war angesichts des Neupreises echt human, da habe aus Dankbarkeit ein paar Tafeln Schokolade zurückgeschickt. 

Ist auf Leichtgewicht getrimmte Ausrüstung weniger robust und langlebig? 

Natürlich gibt es Ultralight-Ausrüstung, die weniger aushält und pfleglich behandelt werden will. Aber das ist kein Naturgesetz: Die eben erwähnte Arcteryx-Jacke etwa wiegt unter 500 Gramm und braucht in Sachen Robustheit keine Konkurrenz scheuen. Die Gewichtsersparnis fußt auf Hightech-Material und einer irre akuraten Verarbeitung. 

Ist Hightech also die Lösung? 

Auch nicht zwingend. Gerade die Klassiker überzeugen mit seit Jahrzehnten bewährten Prinzipien: der Trangia-Kocher, oder das G1000-Material von Fjällräven. Ich würde eher sagen: Qualität ist die Lösung. Nachhaltig ist, was lange hält. 

Wenn ich noch nicht so viel Ahnung habe: Wie erkenne ich langlebige Ausrüstung? 

Überlege dir möglichst genau, was du alles damit machen willst, dann lies dich in unseren Kaufberatungen ein oder lass dich in einer Filiale beraten. Einer der größten Vorteile bei Globetrotter ist die Sortimentstiefe – das heißt, du kannst dir immer auch robustere Alternativen anschauen. Entscheide dich im Zweifelsfall für die bessere Qualität. Und dann sammele deine eigenen Erfahrungen. Die Lieblingsteile und Dauerbrenner kommen von ganz alleine – oft sind es Sachen, von denen man das gar nicht erwartet hätte.