Rausgehen, die Natur erleben und Pflanzen und Tiere entdecken. Rausbildung ist deine kleine Outdoorschule im Globetrotter Magazin.
#1: Ein Lebensraum für Hartgesottene
Alle sechs Stunden im Wechsel lebt man im Wattenmeer über oder unter Wasser.
Meerblick und Schlickwüste im Wechsel. Das geht wohl nur im Wattenmeer. Hier verändert sich die Umgebung im Sechs-Stunden-Takt. Eben noch weites Meer, wird durch die Ebbe eine auf den ersten Blick tote grau-braune Ebene sichtbar – das Watt. Doch die Faszination steckt im Detail: Mikroskopisch kleine Kieselalgen (Bacillariophyta) sind hier die wichtigsten Protagonisten – sie sind Nahrungsgrundlage und Sauerstoffproduzenten in einem. Die Algen bilden einen Rasen auf der Sandoberfläche, der unter anderem von der Wattschnecke mithilfe ihrer Raspelzunge abgegrast wird. Baltische Plattmuscheln (Limecola balthica) saugen die Algen mittels eines langen Saugrohres von der Oberfläche, während sie selbst im Sand vergraben sind. So unscheinbar sie sind, unter dem Mikroskop zeigen Kieselalgen ihre wahre Schönheit: filigran, leicht und durch ihr Silikatskelett extrem stabil dienten sie sogar als Vorlage für sportliche Alufelgen.
Der berühmteste Bewohner des Watts ist sicher der Wattwurm (Arenicola marina). Er tritt selten live in Erscheinung, aber seine Hinterlassenschaften – spaghettiartige Sandhaufen – verraten seine Anwesenheit. Sie entstehen, weil der Wattwurm Sand im Ganzen aufnimmt, verwertbare Organismen herausfiltert und den restlichen Sand wieder ausscheidet. Ein einzelner Wurm kann so jährlich bis zu 25 Kilo Sand filtern und trägt damit zur Reinigung des Ökosystems bei.
#2: Und Wie heißt du?
Pflanzen werden regional ganz unterschiedlich bezeichnet. Oft weist der Name auf eine Verwendung, eine Eigenschaft oder die Herkunft hin. So heißt die Gemeine Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) auch Kuchenschelle, Schellen-Windrose oder Hosenglocka – abgeleitet von der äußeren Blütenform, die einer Kuh-Schelle ähnelt. Die Verniedlichung Kühchen hat zum häufig verwendeten Namen Küchenschelle geführt. Der Name Mädesüß (Filipendula ulmaria) weist auf die Verwendung hin: Mädesüß wurde Met zugegeben, um dessen flachen Geschmack mit einer süßlich-herben Note zu verfeinern. Eine andere Herkunftsvermutung: Mede, ein altes Wort für Grasland, beschreibt, wo Mädesüß zu finden ist. Beim Großen Springkraut (Impatiens noli-tangere) oder umgangssprachlich Rühr-mich-nicht-an ist der Name Programm. Berührt man die Samenkapseln des Springkrauts, platzen sie und schießen die Samen bis zu sieben Meter weit.
#3: Das lautstarke Sommerfest der tierischen Wiesenmusik
Sommerliche Wiesen sind wahre Konzertsäle. Es zirpt und knarrt von eintönig bis melodiös aus allen Richtungen. Die Orchesterbesetzung ist illuster und variiert je nach Wiesenart: Buntbäuchiger Grashüpfer, Weinhähnchen, Zwitscher-Heupferde oder Große Höckerschrecke musizieren um die Wette. Das Ziel: Partner anlocken und Revier markieren. Alle Musikanten haben eins gemein: Sie gehören zur Ordnung der Heuschrecken, die in Langfühler- und Kurzfühlerschrecken unterteilt werden. Je nachdem, ob Lang- oder Kurzfühlerschrecke, nutzen sie andere Instrumente: Langfühlerschrecken reiben ihre Vorderflügel aneinander – der obere Flügel besitzt Querrippen, die sogenannte Schrillkante, die an der Unterseite des unteren Flügels über die Schrillleiste reibt. Kurzfühlerschrecken sind variabler: Sie knirschen mit dem Oberkiefer oder reiben ein oder beide Beine an einem Flügel vorbei – auch hier wird der Ton mittels Schrillkante und Schrillleiste erzeugt. Bei der Großen Höckerschrecke hört sich das an, als würde man ein Spielzeugauto aufziehen und fahren lassen. So hat jede Art einen eigenen Rhythmus und Ton, an dem sie gut zu erkennen ist.
#4: So riecht der Landsommer
Wer kennt ihn nicht, den typisch würzigen Duft von Heu? Cumarin heißt der Stoff, der für die Heunote verantwortlich ist. Vor allem Ruchgras (Anthoxanthum odoratum) enthält Cumarin, das wir auch von Cassia-Zimt kennen. Cumarin entfaltet seinen Duft erst, wenn das Gras geschnitten und dadurch verletzt wird. Früher wurde Ruchgras genutzt, um Schnupftabak und Getränke zu aromatisieren – auch heute dürfen cumarinhaltige Pflanzenbestandteile zur Aromatisierung eingesetzt werden. Der Einsatz von isoliertem Cumarin ist allerdings verboten. In zu großen Mengen führt es zu Kopfschmerzen, Erbrechen und Leberschäden.
#5: DIY — Sirup aus Holunderblüten
Im Sommer ist es wichtig, viel zu trinken – doch immer nur Wasser ist auf Dauer öde. Die Natur bietet die Gelegenheit, Geschmack ins Wasser zu bringen: mit Holunderblütensirup. Benötigt werden für etwa 1,5 Liter Sirup 10–15 vollreife Holunderblütendolden, ein Liter Wasser, ein Kilo Zucker und 15–25 Gramm Zitronensäure.
Schritt 1: Die Blüten ins Wasser geben und
24 Stunden ziehen lassen. Danach durch ein feines Sieb oder Mulltuch seihen, um Blütenrückstände zu entfernen.
Schritt 2: Den Sud mit Zucker und Zitronensäure aufkochen. Für einen noch feineren Geschmack Zitronen- und Orangenscheiben mit abkochen und erneut abseihen. Wichtig: die Schalen der Zitrusfrüchte entfernen, da sie viele Bitterstoffe enthalten.
Schritt 3: In heiß gespülte Flaschen abfüllen und gut verschließen oder gleich etwas Sirup mit Wasser mischen und genießen.
Tipp: Damit der Sirup nicht bitter wird, müssen die Blüten sehr reif sein und die Doldenstiele entfernt werden.