Wie navigiert man bei einer Radtour? Na ganz einfach: Handy an, Ziel bei Maps eingeben, losfahren, fertig! – Kann man so machen, muss man aber nicht.
Natürlich sind unsere heutigen Smartphones inklusive Navigations-App eine wirklich gute Hilfe, wenn wir schnell und einfach von A nach B wollen. Es gibt da aber diesen kleinen, feinen Unterschied zwischen »transportiert werden« und »Reisen«, zwischen Effizienz und Schönheit gewissermaßen.
Zudem sind die meisten Standard-Navi-Apps nicht zwingend mit dem Radwegenetz gefüttert. Wenn du überhaupt eine App nutzen willst, dann nimm eine, die speziell für Radler entwickelt wurde. Aber dazu später mehr …
Unabhängig davon, ob du deine Reise mit dem Auto oder mit dem Fahrrad planst, die Gretchenfrage, die du dir stellen musst, lautet: »Wer bin ich?« – Okay, es geht auch ein bisschen kleiner: »Welcher Reisetyp bin ich?«
Schnell ankommen und am Ziel möglichst viel Zeit haben? Oder ist der Weg die Reise und du möchtest auf diesem Weg viel erleben, sehen, schmecken, riechen? Willst du vielen Menschen begegnen oder doch eher die Einsamkeit genießen?
Vor der konkreten Navigation während deiner Radreise kommt also die Planung der Tour. Und hier musst du dir ein paar Fragen beantworten.
Ein paar grundsätzliche Fragen
Also: Wer bist du? – Tourenradler, Mountainbiker, Rennradfahrer? Couch-Potato oder Spitzensportler? Mache dir Gedanken über deine Kondition und darüber, welche Beschaffenheit die Wege haben sollen, die du fahren möchtest. Wenn du gelegentlich große Tages-Radtouren unternimmst, aber noch nie mehrere Tage am Stück unterwegs warst, denke daran, dass spätestens am dritten Tag gewisse Ermüdungserscheinungen eintreten. Skaliere also dein gewohntes Tagespensum nicht einfach nach oben!
Ein guter Mittelwert, mit dem man für die Planung von mehrtägigen Touren arbeiten kann, ist eine Tages-Kilometer-Leistung von etwa 50 Kilometern, bei einer reinen Fahrzeit von 5-6 Stunden. Natürlich gibt es auch Radler, die das Dreifache als Tagespensum schaffen, aber das ist wohl eher die Ausnahme.
Zusätzlich kommen andere, äußere Faktoren hinzu. Diese können förderlich, aber auch hinderlich sein. Die Topografie ist so ein Punkt. Du kannst dir vorstellen, dass du auf einem holländischen Radweg mehr Kilometer schrubben wirst als auf einem Alpenpass.
Wenn du aber auf dem holländischen Radweg im Herbst unterwegs bist, bei starkem Gegenwind und Regen, sieht die Sache schon wieder anders aus. Oder du willst in ein Land, das zwar flach ist, aber dafür ist die Tagestemperatur konstant über 30 Grad Celsius oder dauerhaft unter 10 Grad Celsius. Auch das sind Umwelteinflüsse, die du berücksichtigen musst. Dazu die Frage: Wieviel wiegt dein Gepäck?
Wenn du nun also weißt, welche Destination es sein soll, wie die Topografie dort ist und in welches Klima du einreist, wirst du abschätzen können, wie viele Kilometer du am Tag zurücklegen kannst.
Somit kommen wir zu unserem eigentlichen Thema: der Fahrrad-Navigation.
Map oder App?
Wir wissen nicht, wie es dir geht, aber wir lieben Karten! Neben den elektronischen Hilfsmitteln bieten sie einen guten Überblick, und der Akku leert sich nicht. Wenn man mit dem Finger auf der Landkarte die möglichen Routen »abfährt« und man im Geiste schon auf der Strecke ist, stellen sich unweigerlich Reiselust und Vorfreude ein.
Beim Kauf deiner Karte achtest du am besten darauf, dass sie speziell für Radreisen ausgelegt ist, vor allem die kleinen Wege und Pfade sollten gut erkennbar sein. Schau in die Legende der Karte!
Die Karte sollte natürlich aktuell sein – gerade im Radwegebau hat sich in den letzten Jahren viel getan! Außerdem sollten Höhenlinien vorhanden sein.
Da eine Radkarte Wind und Wetter ausgesetzt ist, kannst du auch überlegen, ob sie reiß- und wasserfest sein soll, wie zum Beispiel die Karten des Reise Know-How Verlags.
Unser Expertentipp vom Rad-Weltreisenden Andreas Krüger
»Wir haben auf unserer Weltreise meistens eine Übersichtskarte (sagen wir 1:1 Mio.) genutzt und hatten dann parallel dazu eine detailliertere Karte der Region, in der wir gerade waren (1:70.000 oder weniger!).
In Kombination mit einem GPS weiß man dann immer ziemlich genau, wo man gerade ist.
Wenn wir durch ein Land mit nicht-lateinischen Buchstaben geradelt sind, war eine vor Ort gekaufte Karte in Landessprache Pflicht! Die Orts- und Straßenschilder kommen einem nämlich in solchen Ländern im wahrsten Sinne des Wortes chinesisch vor! Hat man eine Karte in Landesschrift, kann man die Zeichen auf Schild und Karte vergleichen!«
– Andreas Krüger, Marketing-Manager bei Globetrotter Ausrüstung, ist 2011 mit seiner Frau Johanna 20 Monate lang, durch 29 Länder, um die Welt geradelt.
Kommen wir zu den elektronischen Hilfen, die emotional nicht so aufgeladen sind wie die Papierkarte, dafür aber eine wahnsinnige Hilfe sein können und uns in abgelegeneren Winkeln der Erde ein Gefühl von Sicherheit geben. Als Andreas Krüger 2011 mit seiner Frau Johanna 20 Monate lang die Welt umradelte, hatte er »nur« ein GPS dabei. Aber auch das war natürlich in Kombination mit einer Karte eine große Hilfe!
»Wenn du eine Salzwüste durchquerst, und du siehst bis zum Horizont nur Weiß, dann nützt dir eine Karte allein natürlich auch nichts. In Kombination mit den GPS-Daten konnten wir uns auf der riesigen leeren Fläche sowohl in der Realität als auch auf der Karte verorten«, erzählt Andreas.
Die heutigen Navigationsgeräte können natürlich noch viel mehr. Auch mit den verschiedenen Smartphone-Apps kann man gut navigieren.
Apps
Willst du dein Smartphone zum Navigieren nutzen, bedenke, dass der Akku nicht ewig hält und du es vor Wasser schützen musst. Hast du das im Griff, achte darauf, dass die App deiner Wahl Offline-Karten zum Download anbietet. Denn sonst bist du auf eine konstante Mobilfunkverbindung angewiesen, und das kann schnell zum Problem werden. Im Wald, in den Bergen, in der Wüste oder in engen Häuserschluchten.
Zwei Beispiele für gut funktionierende Rad-Navi-Apps sind Komoot und Naviki. Sie sind beide relativ günstig in der Anschaffung, und auch das Kartenmaterial ist für einen fairen Preis zu haben. Das Weltweit-Paket kostet bei Komoot beispielsweise knapp 30 Euro. Durch die große Gemeinde an Usern gibt es unzählige Tourenvorschläge und »fertige« Routen. Natürlich kannst du auch deine eigene Route anlegen und später teilen.
Navigationsgeräte
Die Vorteile von Navigationsgeräten sind ihre Robustheit (Stichwort: Regen) und die meist längere Akku-Laufzeit. Zudem sind sie meist mit »normalen« AA-Akkus bestückt. Man kann sich also mit einer Ladung zusätzlicher Batterien – günstig – gegen den Stromausfall absichern. In abgelegenen Gegenden kann das wichtig sein. Auch ist der GPS-Signal-Empfang oft besser als bei einem Smartphone. Das spricht für das Navigationsgerät, wenn du beispielsweise in sehr tiefen Tälern unterwegs bist.
Expertentipp vom Rad-Weltreisenden
»Wenn du eine Mehrtagestour planst (sagen wir mal, ab 2 Wochen), dann gönne dir einen freien Sonntag. Dein Körper wird es dir danken.
Auch ist es immer gut, wenn man für eine Tagesetappe noch eine kürzere/schnellere Alternativroute in petto hat. Falls das Wetter schlecht wird oder wenn man Zeit aufholen muss.
Wenn du kannst, schaue dir das im Vorhinein an! Mit Navi kann man natürlich recht unkompliziert und spontan umplanen.«
– Andreas Krüger
Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich nach …?
Man sollte vielleicht bei seiner ganzen Vorbereitung – und auch beim Unterwegs-Sein – nicht vergessen, dass es ja auch immer noch die gute alte Frage nach dem Weg gibt. Auch wenn man seinen Trip noch so gut vorgeplant hat, der »Geheimtipp« vom Ortsansässigen ist wahrscheinlich durch nichts zu toppen. Bei aller Planung also zwischendurch einfach mal die Einheimischen anquatschen! Es lohnt sich! Der eine oder andere – noch unentdeckte – Lieblingsaussichtspunkt eines »Locals« ist wahrscheinlich den Umweg wert. Oder der gerade neu eröffnete Biergarten, Naturpark, Radweg, Picknickplatz …, den noch keiner auf dem Schirm hatte.
Expertentipp vom Rad-Weltreisenden
»Auch wenn man es gerne vermeiden möchte, in manchen Ländern ist man hin und wieder gezwungen, auf großen, vielleicht sogar mehrspurigen Straßen zu fahren. Gerade in Großstädten kann das ziemlich heikel werden! In Istanbul mussten wir beispielsweise auf einer Art mehrspuriger Stadtautobahn durch einen Tunnel durch. Da kann man nur sagen: Glückwunsch! Offensichtlich haben wir es überlebt. Mein Tipp: Nimm eine Warnweste mit. Egal in welchem Land, sobald es auf eine vielbefahrene Straße geht, das Ding überziehen!
In Argentinien fühlten sich die Lkw-Fahrer so von uns gestört, dass sie uns ausschließlich wild fluchend und fast über den Haufen fahrend überholt haben. Man muss wissen, dass die Straße in Südamerika definitiv den Autos gehört. Radfahren ist da ein Armutszeugnis. Nicht Freizeitbeschäftigung und Lebensgefühl wie bei uns. Daher gibt es kaum Radwege. Man ist also manchmal auf den Highway angewiesen.
Nach zig Nahtoderfahrungen hatten wir eine Idee: Gauchito Gil würde uns helfen! Das ist ein in Argentinien sehr populärer Volksheiliger, der zwar von der katholischen Kirche nie anerkannt wurde, aber Bestandteil der Volksfrömmigkeit vieler Argentinier ist. Da Gauchito Gil als eine Art Patron von Auto-, Bus- und Lastwagenfahrern gilt, kauften wir uns eine Fahne mit seinem Konterfei und befestigten diese gut sichtbar am Fahrrad. Und siehe da: Die Fahrer freuten sich von nun an, uns zu sehen, winkten – und überholten rücksichtsvoll!
Bei aller guten Planung, sei offen für die Unwägbarkeiten deiner Reise. Freue dich auf die Erlebnisse, und sei kreativ im Umgang mit den Herausforderungen!«
– Andreas Krüger
Alles für dein Fahrradabenteuer
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