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Family Special

Na klar, K-A-N-A-D-A!

Ein Familien-Roadtrip mit diversen Paddeleinlagen und ein paar Fahrradkilometern von Vancouver Island bis in die Rockies

Der große Sommerurlaub steht an. Zwei Familien, drei Wochen Zeit, ein möglicher Monat (August) – und zehn Meinungen. Wer kennt es nicht? Die eine will ans Meer, der andere in die Berge (aber auf gar keinen Fall wandern) und so mancher lieber mit den besten Freunden ins Zeltlager anstatt mit den maximal peinlichen Eltern ans andere Ende der Welt. 

Nach zwei Jahren Corona und den damit verbundenen Reiseeinschränkungen ist unser Fernweh jedoch groß wie nie und es soll – wohl zum letzten Mal, bevor die ersten Kinder zu alt sind – gemeinsam in die großen Familienferien gehen. Aber wo ist der gemeinsame Nenner? Eine für Kinder komplett neue Destination soll es sein, mit einer Sprache, die sie alle auch in der Schule lernen, hoher Abenteuerfaktor, Naturlandschaften im Panorama-Format und wo man schön Wanderpaddeln kann, denn darauf haben alle Lust – zumindest wenn Zweierkajaks im Spiel sind, in denen man sich bequem chauffieren lassen kann. Nachdem alle Parameter klar sind, werden sie mit den eigenen Reiseerfahrungen im Kopf in einen Topf geworfen und ordentlich durchgerührt. Raus kommt, na klar, K-A-N-A-D-A!

Seekajakabenteuer & Glamping

Willkommen im Dschungel

Kontrastprogramm im weltgrößten Bikepark

Berge und Seen in XXL

Wildnis in Highwaynähe

Kanadas Outdoor-Hauptstadt

Orca Camp

Seekajakabenteuer & Glamping

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Als wir Anfang August in Vancouver landen, sind die Erwartungen hoch aber nach wie vor sehr unterschiedlich. Um jedoch unsere pubertierenden Teenager gar nicht erst in Versuchung zu bringen, ihr Taschengeld in Downtown für seltene Nike-Sneaker auf den Kopf zu hauen, rollen wir ohne Verzögerung zur Fähre gen Vancouver Island. Unser erstes Ziel ist Telegraph Cove ganz im Norden der Pazifikinsel. Dort bieten diverse Veranstalter ein- wie mehrtägige Seekajaktouren an, bei denen man das lokale Tierleben inklusive Orca-Sichtungen vom Kajaksitz aus erlebt. Wir haben vier Tage bei Ecosummer Expeditions gebucht. Sie betreiben das Orca-Camp, eine kleine Glamping-Oase nahe des Naturreservats Robson Bight, welche man nur per Motorboot erreicht. Dort haben sie geräumige Zelte auf Holzplattformen im Regenwald versteckt, zudem gibt es ein kleine, tarp-geschützte Aufenthaltsterrasse direkt am Spülsaum und sogar eine warme Dusche in einer kleinen Holzhütte. Leider hat letzten Herbst ein umstürzender Baum die Wasserleitung zerstört, so dass wir mit einer Katzenwasche im nahen Bach Vorlieb nehmen müssen. Aber bei Tagestemperaturen von 25 Grad ist das nur ein kleiner Wermutstropfen im Paradies. 

Auch die Enttäuschung unserer Kinder, dass der blecherne Kasten an unseren Zelten nicht das W-Lan beherbergt, sondern als bärensichere Aufbewahrung für stark riechende Gegenstände dient, währt nur kurz. Denn die Entschleunigung, die von diesem Ort ausgeht, erfasst uns allesamt schon nach wenigen Stunden. Der Strandabschnitt ist nur auf wenigen hundert Metern begehbar und der kleine Trampelpfad hinter den Zelten endet nach wenigen Minuten im Urwald. So bleibt nur Sitzen, Schauen und Schmökern. Oder alternativ eine Runde Verstecken spielen.   

Das absolute Highlight des Orca-Camps sind jedoch die Mahlzeiten, die unsere Guides scheinbar aus dem Nichts zaubern. Frühstück und Abendessen servieren sie im Camp, unterwegs beim Paddeln bauen sie Mittags ein Buffet auf und kommt man zurück und die Zeit bis zum Abendessen beträgt noch mehr wie zwei Stunden, kredenzen sie in ihrer kleinen Küche im Wald einen kleinen Snack für Zwischendurch. 

»Nach nur wenigen Stunden im Camp fühlen wir uns komplett entschleunigt und der Blas der vorbeiziehenden Orcas begleitet uns in den Schlaf.«

Auch das Paddeln selbst enttäuscht nicht. Bei der Frage vor dem Start, wie wahrscheinlich denn eine Orca-Sichtung sei, gibt man sich salomonisch. Wir würden die gute Stube der Orcas in all ihren Facetten kennenlernen, doch ob sie selbst zuhause seien, könne man nie wissen. Sämtliche Zweifel lösen sich jedoch schon nach wenigen Minuten in Luft auf. Orca-Familie voraus. Zwar dürfen wir selbst nicht näher als 200 Meter an die Schwertwale heranpaddeln, doch wenn diese Kurs auf uns nehmen, sind auch kürzere Distanzen möglich. Wenige dutzend Meter vor unserer Bootsspitze ziehen sie letztlich an uns vorbei, nicht jedoch, ohne zuvor ein paar Freudensprünge veranstaltet zu haben. Dieses akrobatische Manöver dient neuesten Studien zufolge der Kommunikation und ist als kilometerweit zu hörendes »Hallo, hier bin ich!« zu interpretieren.

Schon vor Reisebeginn kannten die Kinder kaum ein anderes Thema als das Paddeln mit »Killerwalen«. Auf Youtube studierten sie die vermeintliche Bedrohung durch den ultimativen Predator. Wie etwa ein Orca-Trio eine Welle erzeugt, um eine Robbe von ihrer Eisscholle direkt ins Maul eines vierten Orcas zu spülen. Oder jenes Jagdmanöver patagonischer Orcas, die sich von der zweithöchsten Welle direkt in eine Robbenkolonie an Land spülen lassen, um dann mit der folgenden höchsten Welle wieder den Rückwärtsgang einlegen. Dabei blieb zum Glück eine weitere Info nicht auf der Strecke: noch nie wurde ein Mensch in freier Wildbahn von einem Orca angegriffen geschweige denn getötet. Ja mehr noch, gibt es doch Videoaufnahmen eines Tauchers, der von einem Orca selbstlos die Reste einen toten Rochen angeboten bekommt, nachdem dieser ihn erlegt und seine Leber gefressen hat. Yummy! Ohnehin zählt der Orca zu den intelligentesten Tieren überhaupt und hätte er Beine, wäre es wohl nur ein kurzer Weg bis zur Weltherrschaft.

Allein eine Einschränkung trübt die Freude im Orca-Camp: in ganz BC herrscht seit ein paar Tagen ein »Fireban« und auch wir dürfen, obwohl es jeden Morgen aus dem Küstennebel nieselt und der Regenwald seinem Namen alle Ehre macht, kein Lagerfeuer machen. Doch seit im Sommer 2021 Waldbrände in British Columbia ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht haben, verstehen die Kanadier in trockenen Sommern keinen Spaß mehr.

Als uns nach vier Tagen das Motorboot wieder abholt, erkennen wir unsere Kinder kaum wieder. Das tägliche Paddeln mit den vielen spannenden Tierbeobachtungen und die Reduzierung aufs Wesentliche im Camp (eat, sleep, repeat) hat ihnen sichtlich gutgetan. Und auch wir haben eine Tiefenentspannung erfahren, die uns für jedweden Reisestress der kommenden Wochen wappnet. 

Tofino

Willkommen im Dschungel

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Unser Zeitplan ist durchaus ambitioniert und eher gut für vier als für drei Wochen. Nach Telegraph Cove und der Paddelei in der Johnstone-Strait steht ein Abstecher nach Tofino an. Der wohl unter Touristen beliebteste Ort auf Vancouver Island liegt etwa in der Mitte der Insel an der Westküste. Anders als im Orca-Camp an der Ostküste kann man hier die schönsten Sonnenuntergänge erleben. Als wir morgens in Tofino einrollen, checken wir sogleich die Bedingungen für unser Vorhaben: eine Übernachtungstour auf Vargas Island. Die Insel liegt nur wenige Kilometer vor Tofino und ist erst seit einigen Jahren – da Eigentum der First Nations – für übernachtende Paddler freigegeben. In einer großen, westseitig ausgerichteten Bucht soll man sein Zelt an einem langen Sandstrand aufschlagen können, vor sich allein der Pazifik, und wäre die Erde keine Kugel, könnte man bis nach Japan gucken.

Wir schauen, wo wir am besten einsteigen, wo wir das Auto abstellen können und klären die genaue Paddelroute. Dann fahren wir Einkaufen und machen noch eine Wanderung auf einem der vielen Rundwege durch den Küstenregenwald. 

Zurück am Hafen, wo wir unsere für den Rest des Trips ausgeliehenen Kajaks abladen und beladen wollen, trauen wir unseren Augen kaum: Vargas Island ist weg. Verschwunden in einer wie mit dem Lineal gezogenen Wand aus Seenebel. Über uns ist weiter blauer Himmel, doch dort, wo wir hinwollen, sieht man die Hand vor Augen nicht. Und selbst wenn man dank GPS wüsste, wo es langgeht, hätte man ein erhebliches Problem mit den anderen motorisierten Verkehrsteilnehmern, welche per Radar durch das Nichts navigieren. Denn die, so wissen wir, erfassen keine dicht auf der Wasseroberfläche befindlichen Kajaks. Auch wollen wir nicht, dass eines der regelmäßig aus dem Nebel auftauchenden Wasserflugzeuge auf unseren Köpfen landet. Da haben wir die Steinschleuder, die uns ein örtlicher Seekajakcrack gegen die vielen Waschbären und Wölfe (richtig gehört) auf Vargas Island empfohlen hat, wohl umsonst gekauft. Denn ein Blick auf die Wetterkarte ernüchtert uns vollends. Der Seenebel erstreckt sich als Schlauch von Oregon bis Alaska und schaut nicht so aus, als wolle er sich in den nächsten Stunden auflösen. Nicht umsonst nennen die Einwohner den Sommermonat August auch »Fogust«.

Whistler

Kontrastprogramm im weltgrößten Bikepark

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Unser Roadtrip führt uns zurück aufs Festland und hoch nach Whistler. Der Ort beherbergte 2010 die Olympischen Winterspiele und nutzt die dortige Ski-Infrastruktur im Sommer für den größten Bikepark der Welt. Denn Kanada ohne Biken in Whistler, das machte uns unser bike-fanatischer 15jähriger schon bei der Planung klar, ginge gar nicht. Ich selbst war dort 1999 einmal per Zufall unterwegs und nun selbst sehr neugierig, was sich dort in den letzten zwei Jahrzehnten so alles getan hat. Man ahnt es schon: eine Menge. 

Normalerweise gehört ja das Thema Downhill-MTB nicht ins Globetrotter-Spektrum der Natursportarten, doch wollen wir an dieser Stelle mal eine kleine Ausnahme machen. Zumal allein unser (zufälliges) Timing berichtenswert ist. Wir sind nämlich während des Crankworks-Festivals vor Ort, dem wohl berühmt-berüchtigsten MTB-Event der Welt. Die ganze Stadt vibriert wie ein Bienenstock und die gesamte Fußgängerzone ist eine Ausstellung neuester Fahrradtechnik und ist die Schlange vor einem Stand gerade ungewöhnlich lang, gibt einer der Bike-Rockstars gerade Autogramme. 

Allein das Zuschauen beim Training ist den Zwischenstopp wert. Wer mag, schaut hier mal in den Replay des Finales am Sonntag rein – 1999 sah das definitiv anders aus.  

»In Whistler sitzt du mit den Bikern im Lift, die du sonst nur auf Youtube siehst.«

Wir selbst sind natürlich deutlich konservativer unterwegs. Ausgerüstet mit Fullface-Helm, Rückenprotektor und einen Leih-Downhillbike, geht es per Sessellift auf den Berg. Oben angekommen, warten 57 verschiedene Abfahrten auf uns. Manche davon würden wir noch nicht mal zu Fuß und angeseilt wagen. Wir Erwachsenen halten uns daher allein an die mit grün gekennzeichneten Trails für Anfänger. Und anstatt jedes Mal eine andere Abfahrt zu wählen, halten wir uns lieber an die eine Abfahrt, die wir schon kennen. Denn die stete Wiederholung, so wissen nicht nur Sportstudenten, bringt den Erfolg. Und genau dort liegt der riesige Vorteil eines Bikeparkbesuchs selbst für Nicht-Downhiller: im Stundentakt wächst das Fahrkönnen und man entwickelt an einem Tag mehr Gefühl für Haftungsgrenzen, Kurventechniken und Bremsmanöver als sonst in einem Jahr nicht. 

Und unsere Jungs und Mädels? Mit ihrer steileren Lernkurve und einigen hundert Stunden Vorsprung auf dem MTB plus einem Guide, der selbst beim Crankworx-Event an den Start geht, nehmen sie alsbald auch die schwierigeren Abfahrten wie A-Line und Dirt Merchant unter die Räder.

Rocky Mountains

Berge und Seen in XXL

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Nach zwei Tagen Kontrastprogramm sind wir dann aber doch froh, den Trubel hinter uns zu lassen und uns wieder unserer wahren Liebe zu widmen: gemütliches Paddeln auf Seen und Flüssen in der Einsamkeit der Berge. Mit einer Tagesfahrt durch die wüstenähnliche Steppe zwischen den Coast Mountains und den Rockies setzen wir über nach Alberta. 

Wir waren gewarnt. Die ersten drei Wochen im August sei halb Kanada dort im Urlaub, hatte es gehießen. Plus ein Viertel US-Amerikaner. Dazu die üblichen Verdächtigen aus Europa auf der Suche nach ihrem Ideal vom Wilden Westen. Overtourism, ick hör die trapsen. Und tatsächlich, die großen Campgrounds zwischen Banff und Jasper melden schon am Nationalpark-Eingang allesamt »no vacancy«. Doch in Jasper etwa ist das sogar Glück im Unglück. Denn wir dürfen auf den sogenannten Overflow-Campground, angelegt im Schwemmdelta zweier Flüsse. Dort fällt der Blick in einen weiten Talkessel, umrahmt von hohen Bergen, hinter denen erst spät die Sonne untergeht. Auf dem offiziellen Zeltplatz hätte es zwar eine warme Dusche aber bei weitem nicht diesen Ausblick.

Überhaupt sind diese »First come, first serve«-Plätze in Alberta schnell unsere erste Wahl. Sie bieten Bank und Tisch, Feuerstelle, Plumpsklo, Wasser und eine Stellfläche für ein bis zwei Zelte. Die Gebühr zwischen 15 und 30 Dollar wirft man einfach in einem Umschlag in eine Box. Aufgrund der weniger aufwändigen Infrastruktur sind sie zudem meist kleiner und schöner gelegen. 

Einmal mehr sind auch unsere eigenen Kajaks der Schlüssel zur Einsamkeit. Während es an den Ufern von Maligne Lake und Lake Louise oft zugeht wie am Eröffnungswochenende des Oktoberfests, reichen fünf Paddelschläge, um all dem zu entkommen. Nun will natürlich nicht jeder drei Kajaks auf dem Autodach spazieren fahren. Da ist zum einen teuer, wenn man sie nicht wie wir von einem Bekannten bekommt sondern offiziell mietet, und zum anderen auch logistisch nicht so einfach, da nicht jeder Mietwagen eine solide Dachträgeraufnahme bietet. Doch dank des Globetrotter-Verleihservice kann man einfach daheim Faltkajak oder Faltkanadier mieten und dann als Sportgepäck gegen geringen Aufpreis im Flieger mitnehmen. Der Platzbedarf im Auto ist überschaubar und an Ort und Stelle ist man in 10 bis 20 Minuten abfahrbereit.

Unsere größte Planungsniederlage erleben wir am Moraine Lake. Nur zu zweit wollen wir in aller Herrgottsfrühe zum vielleicht schönsten See der Rockies aufbrechen, um darauf eine Runde zu drehen. Als wir gegen 5.30 Uhr an der Straßenauffahrt zum See ankommen, steht mittig eine Bake: Road closed. Und ein Parkranger Schmiere. Auf unsere Frage, ob was passiert sei, lacht er nur. Nö, dass sei im August normal. Ab 3.30 Uhr seien immer alle Parkplätze am See belegt. Da müssen wir beim nächsten Mal wohl früher aufstehen …

Bow River

Wildnis in Highwaynähe

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Dafür wartet ein paar Tage später ein menschenleeres Paddelhighlight der Extraklasse auf uns: der Bow River von Canmore bis in die Dead Man’s Flats. Auf der ersten Hälfte strömt der glasklare Fluss in einem weiten Kiesbett zwischen zerklüfteten Bergspitzen dahin, bevor er sich zum Finale in den Dead Man’s Flats in dutzende kleinere Arme aufteilt, die kreuz und quer umhermäandern. Dazwischen offene Sumpfflächen, Schilfgürtel und kleine Fichtenwälder. Und obwohl der Trans-Canada-Highway stets so nah ist, dass wir ihn hören können, wäre es kaum möglich, ihn zu Fuß zu erreichen. Auch mit dem Kajak ist ein Durchkommen kein leichtes, denn viele der Arme enden in riesigen Logjams – Baumverhaue aus hunderten Stämmen, hineingespült in die Flats von den regelmäßigen Frühjahrshochwassern. Zum Glück bietet Google Earth ein halbwegs aktuelles Bild von diesem riesigen Mikado, so dass wir mit etwas Glück die einzig mögliche Route durch diesen Irrgarten finden. Stellenweise müssen wir dafür in kleinste Rinnsale paddeln, die noch dazu in entgegengesetzter Richtung fließen. Hier, im knöcheltiefen Wasser, möchte man nicht unbedingt einen Bären beim Fischfang überraschen. 

Diesen sehen wir dann zum Glück erst später am Campingplatz. Er macht sich wenige Meter vom Ufer an einem Busch zu schaffen. Es ist Beerensaison, so dass die Vierbeiner verstärkt in der Nähe von Menschen anzutreffen sind. Tagsüber ist das eher aufregend denn gefährlich, solange man ihm nicht zu sehr auf den Pelz rückt und die gängigen Vorsichtsmaßnahmen beachtet: nicht wegrennen, ihm nicht den Rücken zuwenden, groß machen, mit deutlicher Menschensprache auf ihn einreden. Keine Tierlaute 😉 Für alle Fälle hätten wir auch eine Dose Bärenspray greifbar. Nachts dagegen wird es dann eher unheimlich, wenn sich ein Bär auf dem Campingplatz rumtreibt. So erlebt in der ersten Woche auf Vancouver Island. Dort hatte ein ausgewachsener Schwarzbär sämtliche Scheu verloren und terrorisierte speziell unseren Campnachbarn. Der hatte wohl, wie wir nach einer schlaflosen Nacht am nächsten Morgen erfuhren, eine Wassermelone in seinem Auto – welche sich der Bär dann im fünften Versuch durchs Glasschiebedach auch geholt hat. An unserem Zelt ist er nachts aber auch derart nah vorbeigestiefelt, dass man ihn riechen konnte. Noch heute frage ich mich, ob aufgespannte Abspannleinen Meister Petz eher sauer gemacht oder in die Flucht geschlagen hätten, wenn er drüber gestolpert wäre.

Vancouver

Kanadas Outdoor-Hauptstadt

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Nach fast drei Wochen in der Natur steuern wir zwei Tage vor dem Rückflug doch noch Vancouver an, die vielleicht schönste Stadt Kanadas. Am Fraser River gelegen, auf dem noch heute Holz aus den nahen Bergen geflösst wird, belegt Vancouver seit Jahren einen Platz in den Top 5 der lebenswertesten Städte der Erde. Gemütliche Vorstadtromantik trifft hier auf eine funkelnde Skyline, davor der brandende Pazifik, dahinter schneebedeckte Gipfel. Es versteht sich von selbst, dass wir auch hier die Kajaks abladen und einen Morgenspaziergang zu Wasser hinlegen. Los geht’s am legendären Stanley Park, dem Downtown-Outdoor-Fitnessstudio schlechthin. Immer am Ufer entlang führt dort ein zweispuriger, perfekt asphaltierter Fahrrad- und Fußweg mit stets perfekter Aussicht. Zudem gilt das Oneway-Prinzip, so dass hier sogar Bahnradfahrer mit ihren Scheibenrädern nach neuen Rundenbestzeiten gieren. Wir starten im Yachthafen und halten uns stets in Ufernähe, um nicht mit den auslaufenden Kreuzfahrtschiffen und den stetig startenden oder landenden Wasserflugzeugen zu kollidieren. Am Horizont arbeitet sich die Sonne aus dem Morgennebel und macht sich dran, die gläserne Hochhauskulisse zum Strahlen zu bringen, während hinter uns im Stanley Park bunt bemalte Totempfähle aus dem Regenwaldgrün strahlen. 

Als wir wieder im Flieger sitzen, sind alle happy. Wir wissen genau: diese drei enorm erlebnisreichen Wochen werden noch lange nachwirken und im hektischen Familienalltag werden wir uns oft darauf besinnen, wie einig und nah wir uns auf dieser Reise waren. Mission complete. 

Mitgenommen und für gut befunden:
Unsere Globetrotter Ausrüstungstipps


      TEXT UND FOTOS/VIDEOS: Michael Neumann