Ein Fräulein wandert

Kathrin Heckmann schreibt als Fräulein Draußen ­einen erfolgreichen Outdoor-Reiseblog, liebt das Wandern und erobert gerade mit ihrem ersten Buch die Bestsellerlisten.

Kathrin Heckmann

Kathrin, du bist Outdoor-Reisebloggerin – was ist das eigentlich?
Ich habe eine Webseite, die heißt »Fräulein Draußen«. Da schreibe ich über meine Reisen, über das Wandern und auch über Ausrüstung, Tourenplanung und so weiter. Das begleite ich zusätzlich mit meinen Instagram– und Facebook-Kanälen.

Wie bist du dazu gekommen?
2013 habe ich mich auf meine erste Soloreise nach Schottland vorbereitet. Ich habe Tipps für die Reise und Ausrüstung gesucht und bin auf Blogs gestoßen. Das fand ich spannend, dass man so seine Geschichten und Bilder teilen kann, und habe in einer Nacht-und-Nebel-Aktion meinen Blog gegründet. Der Name war eine Fünf-Sekunde­n-Geschichte – wenn ich gewusst hätte, dass ich sieben Jahre später damit mein Geld verdiene, hätte ich besser noch eine Nacht mehr darüber geschlafen.

Kathrin Heckmann (32)
stammt aus München und kehrt zwischen ihren Reisen auch immer wieder dorthin zurück. Ihren Job als Marketing-Managerin gab sie 2016 auf und machte sich mit ihrem Blog www.fraeulein-draussen.de selbstständig. Häufig ist sie zu Fuß und in eher rauen Gegenden wie Schottland oder Patagonien unterwegs.

Warst du vorher schon viel draußen unterwegs?
Ich bin als Kind gern auf Bäume geklettert und war mit Hunden und Ponys unterwegs. Als ich älter wurde, habe ich das irgendwie verloren. Das Wandern habe ich erst gegen Ende der Uni-Zeit wiederentdeckt. Und irgendwann wollte ich mal allein im Zelt übernachten.

Dafür bist du nach Schottland gereist. Wie war die erste Nacht allein im Zelt?
Es war eines der prägendsten Erlebnisse überhaupt. Heute mache ich mir kaum noch Gedanken, wo ich abends lande, doch damals dachte ich: »Oh Gott, ich schlafe irgendwo im Zelt, allein in der Wildnis!« Ich bin dann einfach einen Hüge­l hoch und wollte mein Zelt aufschlagen. Das war gar nicht so einfach, weil dort alles sehr matschig war. Aber irgendwann stand das Zelt – und ich habe überlebt.

War es so schlimm?
Ich hatte nicht so sehr Angst vor echten Gefahren, mehr Angst vor den Sachen, die der Kopf so macht. Heutzutage ist man es nicht mehr gewohnt, mit sich draußen alleine zu sein. Da muss man einfach erstmal kurz realisiere­­n, dass ein schottischer Hügel sicherer ist als die Münchne­­r Innenstadt – und die ist ja auch schon relativ sicher.

»Bei meiner ersten Nacht im Zelt hatte ich zur ­Be­ruhigung ein paar Folgen Benjamin Blümchen auf dem Handy dabei.«

Was hast du gelernt?
Ich habe früher gerne Horrorfilme geschaut. Das geht nicht mehr. Zur Beruhigung hatte ich stattdessen ein paar Folgen »Benjamin Blümchen« aufs Handy geladen – die habe ich aber nicht gebraucht.

Drei Jahre später bist du zu deiner ersten Fernwanderung aufge­brochen. Warum war das ein Wendepunkt in deinem Leben?
Bis dahin hatte ich maximal zwei Nächte am Stück im Zelt übernachtet und ich wollte einfach länger draußen sein und wandern. Ich wollte wissen, wie das ist, wenn man nichts anderes tut, als einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich hatte noch einen normalen Job und die typische Unzu­friedenheit, wie man sie von einem Bürojob kennt. Der Blog lief immer besser, es kamen immer mehr Leser und Kooperationsanfragen. Da dachte ich mir, ich kündige, laufe drei Monate durch Großbritannien und mache mich mit dem Blog selbstständig.

Von wo bis wo bist du gelaufen?
Der ursprüngliche Plan war, von Land’s End nach John o’Groats zu gehen. Das ist vom südwestlichsten Punkt der Insel zum nordöstlich­ste­n Punkt – ich hatte eine Strecke von rund 2000 Kilometern geplant.

Wovor hattest du am meisten Respekt?
Am letzten Abend lag ich zu Hause im Bett, der Kühlschrank war voll und alles schien gut. Ich musste nicht überlegen, wo ich mein Essen herbekomme und wo ich schlafe. Die ersten Tage waren eine richtig große Herausforderung, weil der Kopf umschalten musste. Ich habe mir Großbritannien aber ganz bewusst ausgesucht. Man kann dort beim Wandern Weite und Leere finden, aber überall ist ein Pub in der Nähe oder wenigstens eine Straße samt Handyempfang.

Wie hattest du dich vorbereitet?
Mein Fokus lag auf der Ausrüstung – ich wollte möglichst leicht unter­wegs sein, aber die Sachen mussten natürlich den britischen Wetterverhältnissen trotzen können. Ich habe viel recherchiert, alles in eine Excel-Liste eingetragen, gewogen und geschaut, dass ich wirklich nichts Unnötiges mitnehme.

Wie viele Kilo hast du geschleppt?
Es waren etwas über zwölf Kilo. Wobei man sagen muss, dass ich auch einen Laptop dabeihatte. Auf meinem Blog gibt es eine detaillierte Packliste der Tour – aufs Gramm genau.

Du hast die Tour letztendlich schon nach 1500 Kilometern beendet, trotzdem war klar, dass das dein neues Leben ist?
Ich habe mir gedacht, ich habe jetzt diesen Blog und nutze einfach die Chanc­e, dass ich solche Touren machen kann.

War das auch die Tour, auf der du diese bekannte englische Dame getroffen hast?
Das war schon auf meiner ersten Schottland-Reise. Ich habe eine kleine Wanderung an einem See in den Highlands gemacht und eine ältere Dame herumlaufen sehen. Mit ein paar kleinen Hunden und ein paar großen Männern in dunklen Anzügen. Ich habe gedacht: Wie kommt diese ältere Frau denn hierher? Ich wusste nicht, dass man dort mit dem Jeep hinfahren kann. Irgendwann kamen Autos, ich bin zur Seit­e gegangen und sehe im ersten Auto Queen Elisabeth II. am Steuer – sie hat mir zugewunken.

Lange Wanderungen scheinen dir zu liegen, in Australien bist du ein Jahr später den »Bibbulmun-Track« gelaufen …
Das ist ein 1000 Kilometer langer Fernwanderweg, der durch Südwestaustralien führt. Ich fand den spannend und habe mich gefragt, wie das möglich sein soll, so weit durch Australien zu wandern. Ich dachte, man verdurstet oder wird von irgendwas gebissen und stirbt.

Und, wie war es?
Alles halb so schlimm. Es ist ein populärer Fernwanderweg. Etwa alle 20 Kilometer gibt es einfache Shelter. Dort bekommt man Trinkwasse­r, kann darin auch schlafen und trifft andere Wanderer. Tagsüber wandern alle für sich alleine, aber oft hat man sich dann abends wieder an der nächsten Schützhütte getroffen.

»Ich mag unge­zähmtes, wechselhaftes Wetter. Wolkentürme, Nebel, Regen, Sonne – einfach diese Mischung.«

Australien mal ausgenommen suchst du meist Reiseziele, die nicht unbedingt für stabiles Wetter bekannt sind. Wie kommt das?
Ich mag dieses ungezähmte, wechselhafte Wetter. Wolkentürme, Nebel, Regen, Sonne – einfach diese Mischung. Das ist mir lieber, als den ganzen Tag bei strahlendem Sonnenschein durch die Gegend zu laufe­n. Am Abend mein Zelt im Regen aufzubauen finde ich aber auch nicht so toll.

Du hast beim Wandern oft Ohrwürmer, was war der hartnäckigste?
Die amerikanische Nationalhymne. Ich habe keine Ahnung, wieso. Ich kann noch nicht mal den Text, aber ich kenne die Melodie wahrscheinlich aus Filmen. Die kanadische und die deutsche Hymne kommen auch, vielleicht liegt das am Rhythmus. Im Allgemeinen sind es Lieder, die man nicht unbedingt im Kopf haben will.

Wie kriegst du die wieder weg?
Das ist echt schwierig, oft gibt es ja nicht so viel Ablenkung beim Wandern.

Was hast du auf so langen Touren gelernt?
Dass es sehr wichtig ist, viel und regelmäßig Pause zu machen.

Hast du es mal übertrieben?
Ich habe mir in Großbritannien bewusst vorgenommen, alle zehn Kilometer eine Pause zu machen. Am Anfang wollte ich aber einfach vorankommen. Nach einer Woche hatte ich Fußschmerzen und konnt­e nicht mehr laufen. Glücklicherweise hat ein Pausentag mit viel Kühlung geholfen. Ich habe dann bewusst Pausen eingebaut, die Schuhe aus­gezogen und bin barfuß durchs Gras oder eiskalte Bäche gelaufen.

Warum bist du hauptsächlich zu Fuß unterwegs?
Ich habe damit angefangen, weil man dafür keine besondere Aus­rüstung, besondere Fitness oder besondere Kenntnisse braucht. Man ist ganz langsam unterwegs und ganz nah an allem dran. In einer Welt, in der sich immer alles schneller, höher, weiter dreht, ist das zwischendurch mal ganz angenehm.

»Ich mache noch viele Projekte nur für mich, die plane und finanziere ich selber.«

Bereitest du dich körperlich auf lange Wanderungen vor?
Mittlerweile habe ich eine gewisse Grundfitness. Vor der ersten Fernwanderung habe ich mir gedacht, die normale Fitness kommt mit der Zeit beim Laufen. Das stimmt auch. Aber: Beim Wandern leisten die Füße die meist­e Arbeit und werden oft vernachlässigt. Ich habe mir daher ein kleines Fuß- und Beinprogramm überlegt, um Überbelastungen zu vermeiden. Viel Barfußlaufen hilft auch.

Du bist oft solo unterwegs. Warum?
Am Anfang war das Problem: Ich habe Urlaub und niemand hat Zeit. Ich habe dann aber schnell gemerkt, dass es eine andere Art zu reisen ist. Man ist weniger abgelenkt und geht anders auf fremde Leute zu. Ich genieße dann sogar den Austausch mit der Kassiererin im Supermarkt.

Was hilft gegen Einsamkeit auf Reisen?
Man muss sich ans Alleinsein gewöhnen. Selbst ohne Begleitung in ein Restauran­­t zu gehen, war früher für mich unvorstellbar. Dass man sich unterwegs mal einsam fühlt, ist fast unumgänglich. Aber es ist nur ein Gefühl und kein Zustand. Man hat ja zu Hause Leute, die auf einen warten oder denen man eine SMS schreiben kann.

Du reist allein und als »Fräulein«, wie hast du das bis jetzt erlebt?
Es gefällt mir nicht, dass das immer ein Thema ist. Wenn ich erzähle, sagen die Leute meistens: »Ah, krass, so ganz allein und das als Frau!« Als wenn Frauen das nicht können. Es ist bestimmt nicht immer so gemeint, aber so kommt es an. Ich bin der Meinung, dass Männer und Frauen die gleichen Sachen leisten können. Natürlich gibt es Gegende­­n auf der Welt, in denen man als Frau mehr aufpassen muss oder wo es potenziell gefährlicher ist.

Trotzdem hast du eine Facebook-Gruppe für Frauen gegründet.
Einerseits wehre ich mich gegen die Unterscheidung und andererseits finde ich es wichtig, dass sich Frauen unterstützen und gegenseitig ein Vorbild sind. Verglichen mit gemischten Gruppen gibt es in meinem »Club der AbenteurerINNEN« eine andere Form von gegenseitiger Unterstützung und Ermutigung. So langsam kommt das auch in der Outdoor-Werbung an, aber es ist noch wenig. Und wenn man sich Filmfestivals anschaut, dann sind Frauen weiter unterrepräsentiert. Immer wenn Vorbilder fehlen, gibt es auch weniger Nachahmer.

Wie kannst du eine Reise genießen, wenn du immer online bist?
Wenn ich in Zusammenarbeit mit einem Tourismusamt unterwegs bin, ist es vorrangig Arbeit. Dann schaue ich, wo ich das beste Foto machen kann oder was ich über die Tour schreiben könnte. Aber ich mache noch viele Projekte nur für mich, die plane und finanziere ich selber. Das mache ich ganz bewusst und versuche, so eine Balance zum Bloggen zu finden. Natürlich fotografiere ich auf diesen Touren auch gern und viel, aber ohne den Druck, liefern zu müssen. Ich bin auch kein Live-Blogger, ich sammele meine Eindrücke, sortiere sie und berichte erst danach.

Was hast du an technischem Equipment dabei?
Ich habe einen kleinen Laptop, eine Kamera, mein Handy und Power­banks beim Wandern dabei. Bisher war ich zumindest alle paar Tage irgendwo, wo ich die auch laden konnte. Das ist sicher ein bisschen mehr als ein normaler Wanderer, aber ich trage definitiv keinen halben Fotoladen auf dem Rücken spazieren.

Blogger, Influencer und die sozialen Medien stehen in der Kritik, weil Orte wie der Schrecksee im Allgäu oder der Pragser Wildsee in den Dolomiten überrannt werden. Wie stehst du dazu?
Beide Orte würde ich aktuell meiden. Erstens wäre es mir dort zu voll und zweitens möchte ich nicht dazu beitragen, dass noch mehr Leute hinfahren. Ich bin in gewisser Weise ein Teil des Problems. Ich bin mir dessen aber schon lange bewusst und versuche, möglichst verantwortungsbewusst damit umzugehen. In meinem Blog erkläre ich zum Beispiel auch das »Leave-no-trace-Prinzip«. Dazu gehören so selbstverständliche Sachen wie keinen Müll liegen zu lassen. Für manche ist das leider nicht so selbstverständlich.

Gibst du denn immer genau an, wo deine Bilder entstanden sind?
Teilweise gebe ich schon konkrete Tourentipps. Ich will ja auch den Leuten aufzeigen, wo es schön ist.

Kannst du erklären, wie man mit einem Blog Geld verdient?
Ich arbeite mit Werbepartnern zusammen. Das sind meist Tourismus­ämter und Ausrüstungshersteller. Die bezahlen mich, dass ich ihre Re­gio­n besuche oder ihre Produkte benutze und darüber berichte. Solche Artikel sind bei mir im Blog als Werbung gekennzeichnet, damit das für Leser ersichtlich ist. Ich würde nichts empfehlen, wenn ich nicht dahinter­stehe. Ich kann ja nicht sagen, das Zelt ist super – und dann fliegt es jedem um die Ohren. Manchmal schreibe ich auch Artikel für Magazine und dann wäre da ja noch mein Buch.

Wie unterscheiden sich eigene Reisen und Reisen für Werbepartner?
Bei Kooperationen achte ich mehr darauf, am Ende gute Fotos zu haben und viele Infos zu sammeln. Dagegen bin ich bei privaten Reise­n eher faul und nur so unterwegs, wie ich eben unterwegs sein will.

Reist du auch an Orte, die du privat nicht ansteuern würdest?
Nein. Ich mache nur Sachen, auf die ich auch Lust habe. Ich glaube, das ist auch das, was meine Leser interessiert. Ich habe von Anfang an mein Ding durchgezogen und viele Leser gewonnen, die diese Art des Reisens mögen. Deswegen schaue ich, dass es grundsätzlich etwas ist, das ich auch privat machen würde.

»Brandenburg finde ich ziemlich cool. Das kommt der Wildnis noch am nächsten – unberührte, menschen­leere Landschaften.«

Wie viel bist du im Jahr unterwegs?
Letztes Jahr war anders, da ich mein Buch fertiggestellt habe. Dafür war ich zwar auch zwei Monate in Schweden, habe aber in einem Haus gewohn­­t und geschrieben. Die Jahre davor war ich etwa 50 Prozen­­t zu Hause und 50 Prozent unterwegs. Ich bin keine Dauerreisende, ich brauch­­e es, zwischendurch ein bisschen zu Hause zu sein.

Worum geht es in deinem Buch?
Es geht um meine Reisen von den Anfängen bis heute. Was ich da draußen entdeckt habe, was mich so begeistert und was es mich über mich selber gelehrt hat. Kein klassischer Reisebericht, eher eine Ebene drüber. Der Untertitel ist »Wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand«. Ich habe mir überlegt, welche Momente mich geprägt haben. In der Natur und beim Wandern. Wie bin ich der Draußen-Mensch ge­worden, der ich heute bin?

Jetzt stehst du auf der Spiegel-Bestseller-Liste – ein gutes Gefühl?
Ich finde die Vorstellung, dass viele Leute dieses Buch lesen, total verrückt. Ich habe keine schmutzigen Geheimnisse reingepackt, aber es ist ein sehr persönliches Buch, deutlich persönlicher als der Blog. Man gibt es dann raus und weiß nicht, wer das kauft und was der darüber denkt. Man kann sich ja nicht mehr erklären. Ein gutes Gefühl – aber irgendwie auch ein bisschen beängstigend.

Du hast viele Traumziele bereist, warst zuletzt aber auch in Deutschland unterwegs. Musstest du erst weit weg, um die Touren vor der Haustür schätzen zu lernen?
Mich hat es am Anfang in die große, weite Welt gezogen. Möglichst viel Wildnis, Weite und unberührte Natur. Abgesehen vom Norden Skandinaviens oder Schottland ist so etwas in Europa schwieriger zu finden. Ich habe aber gelernt, genauer hinzusehen und das Spannende im Unscheinbaren zu entdecken. Mein Beispiel ist die Vogelbeobachtung. Das mache ich sehr gerne – so mit Fernglas und Vogel-App. Natürlich ist es toll, in Patagonien Kondore zu beobachten. Aber ich finde es auch toll, hier loszuziehen und die Wasseramsel zu suchen.

Was gefällt dir in Deutschland besonders?
Brandenburg finde ich ziemlich cool. Das kommt der Wildnis noch am nächsten – unberührte, menschenleere Landschaften. Verglichen mit Bayern sieht es dort total anders aus, das musste ich auch erst erkennen.
Machst du hier auch Fern- oder eher Tageswanderungen?
Beides. Fernwandern in Deutschland ist aber echt super. Man kann jederzeit los und es gibt hier überall Fernwanderwege. Das muss ich definiti­­v noch öfter machen, ich bin nach wie vor keine Deutschland-Wander­experti­­­n.

Hast du trotzdem einen Tipp?
Die Uckermärker Landrunde in Brandenburg. Die ist eher un­scheinbar und nicht wahnsinnig spektakulär, aber die absolute Entschleunigung und die Natur ist einfach schön.

Reisen in Deutschland belasten auch das Klima weniger …
Da hat ein riesiger Wandel bei mir stattgefunden. Ich hatte ein Jahr, da war ich in Patagonien, den USA und Südafrika – das würde ich heute definitiv nie wieder machen. Ich denke aber nicht, dass es die Lösung ist, wenn wir alle aufhören zu reisen und zu fliegen. Viele Teile der Welt sind vom Tourismus abhängig. Man sollte aber bewusster agieren und vielleich­­t nur eine größere Reise pro Jahr planen anstatt drei kurze. Ich bin früher auch von München nach Berlin geflogen, auf diese Idee würde ich überhaupt nicht mehr kommen. Ich glaube, so wie mir geht es gerade vielen.

Zum neuen Klimabewusstsein kommen jetzt Reise­beschränkungen durch Corona. Wie hast du die Zeit erlebt?
Ich war drei Monate in den Niederlanden. Als alle Grenzen geschlossen wurden, hätte ich noch schnell zurückgekonnt. Aber ich war dort auf dem Land und wollte nicht in die Münchner Innenstadt. Ich habe mir ein Mountainbike gekauft und bin dann völlig eskaliert. An einem Tag bin ich 312 Kilometer zum Meer und zurück gefahren.

Was schätzt du am Fahrradfahren gegenüber dem Wandern?
Man ist relativ schnell unterwegs und doch ganz nah an allem dran. Es hat alles, was mir wichtig ist: Draußen sein bei jedem Wetter, jederzeit anhalten und alles wahrnehmen können. Gleichzeitig kann man mal 300 Kilometer an einem Tag zurücklegen. Dadurch ist man wahnsinnig flexibel. Wenn ich beim Wandern überlege, ob ich fünf Kilometer Umweg zum Supermarkt mache, dann bedeutet das eine Stunde mehr. Mit dem Bike muss man gar nicht darüber nachdenken.

Planst du jetzt auch Fahrradtrips?
Ja, meine erste große Radreise steht an. Nach diesem Interview geht es per Zug und Fähre für circa zwei Monate nach Schweden. Ich bin gespannt – und ihr könnt es auch sein.

Text: Interview: Julian Rohn