Kaufberatung Wanderstöcke

Michael Neumann

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Wie unterscheiden sich Wanderstöcke von Trekkingstöcken?

Gar nicht. Der Volksmund spricht meist von Wanderstock, während die Profis im Outdoorbereich eher von Trekkingstock reden. Denn bei den langen Mehrtagestouren und Hochtouren mit Gepäck fanden die leichten Stöcke zuerst ihren Einsatz, bevor auch der Tageswanderer die Vorteile der verstellbaren Trekkingstöcke für sich entdeckte. Daran sicher nicht ganz unschuldig ist das Nordic Walking, eine seit zwei Jahrzehnten sehr populäre Disziplin des sportlichen Spazierengehens mit bewusstem Stockeinsatz zum Trainieren des Oberkörpers. Die dort eingesetzten starren Nordic-Walking-Stöcke sind jedoch fürs Wandern weniger geeignet, da sie auf Leichtbau getrimmt sind und daher bei Belastung schneller brechen. Ähnlich verhält es sich mit Skistöcken, die der ein oder andere vielleicht noch im Keller hat. Diese sind durch ihre fehlende Teilbarkeit auf Reisen nicht sehr praktikabel und für den Wandereinsatz meist zu kurz.

Was bringen Wanderstöcke?

In dieser Disziplin punkten faltbare Wanderstöcke gleich fünffach. Das erste Argument ist die Entlastung der Knie beim Bergabgehen. Denn die Knie sind das schwächste Glied des unteren Bewegungsapparats und jeder, der sportlich aktiv ist, kennt die Zipperlein, die ein überlastetes oder gar durch Arthrose o.ä. verschlissenes Kniegelenk hervorrufen kann. Ein Paar Wanderstöcke reduziert die Belastung auf Knorpel, Bänder und Sehnen um bis zu 35 Prozent. In der Praxis sind das bei einer dreistündigen Bergwanderung etwa eine Tonne Lastersparnis für die Knie.

Platz zwei auf der Liste nimmt die erhöhte Trittsicherheit ein – besonders bergab. Gerade wenn man müde und damit unkonzentrierter wird, helfen Wanderstöcke trotzdem sicher zu gehen und ein Ausrutscher mit dem Fuß verliert durch die zusätzliche Abstützung seinen Schrecken.

Bergauf wiederum bringen Wanderstöcke eine Extraportion Power ins Spiel, da man der Schwerkraft mit zusätzlichem Schub aus den Armen entgegenwirkt. 

Auch fördern Wanderstöcke den aufrechten Gang, besonders unter Last. Gerade wer einen schweren Rucksack trägt, neigt dazu, den Rücken zu krümmen, um so die Last vermeintlich bequemer tragen zu können. Mittelfristig führt das jedoch zu Verspannungen und Rückenschmerzen, auch die Atmung ist eingeschränkt.

Last but not least verhindern Wanderstöcke das manchmal auftretende Anschwellen der Unterarme und Hände beim Wandern mit Rucksack, da man dann diese Extremitäten höher hält und ständig bewegt. 

Welchen Zusatznutzen haben Wanderstöcke noch?

Gerade in Gegenden mit vielen streunenden Hunden finden es viele beruhigend, wenn sie stets etwas in der Hand haben, um die Kläffer auf Distanz zu halten. Unverzichtbar sind Wanderstöcke auch beim Ertasten von Untiefen und zum Balancehalten im Falle einer nötigen Flussquerungen. Ultraleichtwanderer wiederum nehmen die Stöcke als Ersatz fürs Zeltgestänge und spannen damit ihr Tarp auf, unter dem sie schlafen.

Was ist besser: ein Alu- oder Carbon-Wanderstock?

Aluminium macht in den unteren Preisklassen die Musik und ist im Alltagsgebrauch unempfindlicher gegenüber unsachgemäßem Gebrauch. Und wenn ein Alustock doch einmal bricht, dann geht dem meist ein Aufbiegen voraus, so dass man im besten Fall noch reagieren kann. Das Preis-Leistungs-Verhältnis geht also klar an Alu.

Carbon ist bei hoher Stabilität und Steifigkeit trotzdem um einiges leichter. Das kann je nach Modell bis zu 150 Gramm ausmachen. Größtes Manko von Carbon ist die geringere Kerbfestigkeit. Einmal achtlos an eine scharfen Kante geschlagen, kann eine Sollbruchstelle entstehen, an der der Kohlefaserstock unvermittelt kollabiert.

Um dem Umstand der höheren Empfindlichkeit von Carbon Rechnung zu tragen, setzen einige Carbon-Modelle (wie etwa der Frilufts Schesaplana) beim untersten Stockelement auf Aluminium.

Wanderstock: Teleskop- oder Faltstock?

Einst dominierte der Teleskopstock das Sortiment. Drei Rohre aus Aluminium, zum Transport ineinander gesteckt, werden für den Gebrauch auseinandergezogen (»teleskopiert«) und dann in der richtigen Länge fixiert. Diese Fixierung übernimmt entweder eine Innenklemmungen mit einem Spreizkonus oder eine Außenklemmungen mit einem Exzenterhebel. Innenliegende Klemmungen machen den Stock »windschnittig« – man bleibt seltener hängen – und formschön. Abzüge in der B-Note gibt es für die Handhabung. Jedes Segment muss von Hand ausgezogen und gegen ein anderes verschraubt werden. Je nach Rohrdurchmesser und Konstruktion des Konuses ist dafür oft viel Handkraft erforderlich. Und im Falle eines Defekts ist eine Reparatur der innenliegenden Klemmung oft fummelig. 

Außenklemmungen sind dagegen wesentlich schneller zu bedienen. Der hoffentlich großzügig dimensionierte Hebel kennt nur zwei Positionen: auf oder zu. Damit die Segmente nicht bei Belastung ineinander rutschen, muss die Klemmkraft vor dem Schließen mittels einer Stellschraube (etwa bei Leki) eingestellt werden. Will man hier auf Nummer sicher gehen und spannt entprechend vor, erfordert das Schließen des Exzenters mitunter etwas Kraft. Beim Flicklock-Pro-System von Black Diamond nutzt man dazu eine kleine Schraube, für die man einen Schraubenzieher oder Inbus braucht.

Faltstöcke machen sich das Konstruktionsprinzip einer Lawinensonde zu Eigen. Drei Rohrsegmente sind mit einer innenliegenden Schnur verbunden, die dann nach dem Zusammstecken festgezogen und mit einem innenliegenden Schnappmechanismus festgeklemmt wird. Das Griffsegment ist meist doppelt ausgeführt und so kann hier mittels einer Exzenterklemmung eine begrenzte Längenanpassung durchgeführt werden.

Oft sind nicht mehr als plusminus zehn Zentimeter möglich, während die Verstellbandbreite von Teleskopstöcken bis zu 65 Zentimeter betragen kann. Was Faltstöcke jedoch so beliebt macht, ist ihr kleines Packmaß. 40 Zentimeter statt 60 und mehr machen den Unterschied, wenn es darum geht, den Stock außen oder innen im Rucksack zu verstauen.

Egal, welches Verstellsystem am Ende zum Einsatz kommt, wichtig ist, dass es langfristig funktioniert. Discounterstöcke, die im ersten Moment als günstigere Alternative erscheinen, patzen bei längerem Einsatz oft in diesem Punkt. Und ein Stock, der immer wieder bei Belastung nachgibt, ist so ärgerlich wie gefährlich.

Gibt es spezielle Wanderstöcke für besonders schwere und große Personen?

Ja. Aktuell bieten sich da zwei Modelle aus unserem Sortiment an: der Leki Khumbu (Alu) und der Leki Micro Vario Carbon Strong. Ersterer empfiehlt sich für Personen ab 180 cm und/oder über 75 kg Körpergewicht, zweiterer hat einen deutlich größeren Rohrdurchmesser als andere Carbonstöcke und lässt sich ebenfalls auf bis zu 140 cm einstellen (der Khumbu reicht bis 145 cm).

      Wie stelle ich Wanderstöcke richtig ein?

      Die Faustformel für das Laufen in der Ebene lautet wie folgt: Steht der Trekkingstock senkrecht und die Hand umfasst den Griff, sollten Ober- und Unterarm in einem rechten Winkel (also 90 Grad) zueinander stehen.

      Michael Neumann

      Mathematiker nutzen dagegen folgende Formel: Körpergröße in Zentimeter multipliziert mit dem Faktor 0,68. Dieser Richtwert sollte in der Mitte des Verstellbereichs des Wunschmodells liegen, damit man noch Spielraum für spezielle Einstellungen hat. Will man etwa das Bergauf wie Bergab optimieren, verringert bzw. verlängert man ihn um 5 bis 10 Zentimeter. Ähnlich verhält es sich mit Querungen eines Hanges: die Bergseite kürzer, die Talseite länger. Wahlweise kann man auch die angestammte Griffposition verlassen und den Stock tiefer greifen. 

      KörpergrößeStocklänge
      120 cm82 cm
      130 cm85 cm
      140 cm95 cm
      150 cm102 cm
      160 cm109 cm
      170 cm116 cm
      180 cm122 cm
      190 cm129 cm
      200 cm136 cm

      Welche Nachteile haben Wanderstöcke?

      Manch ein »Stockgegner« bemängelt, dass die Trittsicherheit mit Stöcken auf Tour zwar zunimmt, da man eine Art Vierfüßler wird, diese aber folgerichtig leidet, wenn man wieder »ohne« unterwegs ist. Dem kann man jedoch leicht vorbeugen, indem man unterwegs die Stöcke hin und wieder zusammenfaltet und am Rucksack verstaut, um zweibeinig unterwegs zu sein. Alternativ kann man auch mal nur mit einem Stock laufen, um Abwechslung in den Wanderalltag zu bringen. Dabei wird einem zudem schnell klar, wie effizient zwei richtig eingesetzte Stöcke sind.

      Auch sollte man sich beim Bergabgehen in unwegsamen Gelände und auf Geröll nicht zusehr darauf verlassen, dass die Stöcke das Körpergewicht klaglos stützen. Man wäre nicht der erste, der nach einem kurzen Knall vorneüber auf den hoffentlich weichen Rucksack fällt. 

      Nicht immer sind zwei Stöcke zweckmäßig: beim Gang man Seil etwa benutzt man nur einen.
      Michael Neumann

      Worauf bei der Wanderstock-Ausstattung achten?

      Drei Features sind besonders wichtig: Schlaufen, Griff und Teller.

      Die Schlaufe dient weniger dazu, dass man den Stock nicht verliert, sondern der verlustfreien Kraftübertragung. Man greift dazu von unten durch die Schlaufe und belastet sie mit dem Handballen. Jetzt sollte die Hand – bei exakt eingestellter Schlaufenlänge – exakt in Griffmitte zu liegen kommen. Die Finger greifen den Griff nur lose und entspannt. Durch diese Haltung wird ein Großteil der Belastung auf den Handballen abgeleitet. Je ausdauernder eure Wanderpläne sind, desto bequemer sollte die Schlaufe sein. Nur im schwierigen Gelände, wo ein Sturz droht, sollte man den Stock ohne Schlaufe am Griff fassen, um den Stock gegebenenfalls schnell los zu werden.

      Eine Besonderheit stellt das Trigger-Shark-System von Leki dar. Hier sind Schlaufe und Stock über eine Art Bindung miteinander verbunden. Erfunden einst für mehr Sicherheit im Skisport, erfreuen sich zunehmend auch Wanderer am Komfortplus dieses Systems, denn die Handschlaufen liegen besonders bequem an und ermöglichen einen perfekten Kraftschluss. Und wenn man sich der Stöcke schnell entledigen will, reicht ein kurzer Klick.

      Der Griff ist meist aus EVA-Schaum oder Kork und ergonomisch geformt. Vielnutzer schwören dabei auf die Kork-Variante, da er sich gut anfasst und bei schweißtreibenden Aktivitäten schnell wieder trocknet. Ein nach unten verlängerter Griffbereich ist inzwischen Standard. Hier kann der Stock alternativ kürzer gehalten werden, ohne dass man ihn in der Länge verstellen muss – nützlich zum Beispiel bei Hangquerungen.

      Die Teller an den Spitzen der Stöcke sorgen dafür, dass diese auf weichem Boden nicht tiefer einsinken. Die meisten Modelle werden mit einem sogenannten Sommerteller geliefert, dessen Durchmesser 5 bis 8 Zentimeter beträgt. Nutzt man die Stöcke dagegen im Schnee oder auf Sand, macht ein größerer (Ski-)Tourenteller mit bis zu 11 Zentimeter Durchmesser Sinn.

      Wer dagegen viel auf hartem Untergrund unterwegs ist, findet im Globetrotter-Sortiment einen Gummipuffer zum Überstülpen, der das Klackern der Metallspitze auf Stein oder Asphalt minimiert.

      Hat man ein Modell von Leki mit Aergon-Griff, kann man per Sonderbestellung bei Globetrotter einen Fotoadapter für den Griff ordern, dessen Gewinde den Wanderstock kurzerhand zum Einbeinstativ macht.

      Gibt es Wanderstöcke mit Stoßdämpfer?

      Ja. Einige Leki-Stöcke in unserem Sortiment haben einen eingebauten Stoßdämpfer an der Spitze. Dieser bietet folgende Vorteile …

      • Circa 40 % Reduzierung der Aufprall-Spitzenkräfte, entlastet Muskulatur, Gelenke und Bänder
      • Optimale Dämpfungseigenschaften sorgen für einen kontrollierten Stockeinsatz
      • Effektive, vibrationsabsorbierende Konstruktion, durch clevere Platzierung und spezielles Elastomermaterial

      Was tun, wenn die Wanderstock-Spitze kaputt ist?

      Bei Leki gibt es die Möglichkeit, Ersatzspitzen nachzuordern. Diese findest du bei uns im Shop. Du musst dann nur noch die alten Spitzen mit einer Zange abmontieren und die neuen mittels Heißkleber befestigen.

      Wie transportiere ich Wanderstöcke?

      Die meisten Rucksäcke haben spezielle Halterungen für Trekkingstöcke – mal seitlich, mal hinten. Je nach Konstruktion muss man dabei noch nicht einmal den Rucksack absetzen, um an die Stöcke zu gelangen – so etwa beim Stow-on-the-go-Prinzip von Osprey. Besonders bei der Nutzung des ÖPNV sollte man darauf achten, dass die Stockspitzen nach unten zeigen, damit sich niemand daran verletzten kann.

      Eine Aufbewahrung innen ist nur praktikabel, wenn man besonders kompakte Faltstöcke besitzt und diese den Tag über nur selten oder gar nicht braucht: so wie Bergsteiger, die sich mit Wanderstöcken den Abstieg versüßen wollen.

      Und wenn man auf Flugreise geht, müssen die Stöcke zwingend im aufzugebenden Gepäck verstaut werden, eine Mitnahme im Handgepäck ist nicht zulässig.  

      Und noch was: Ab Werk werden Wanderstöcke meist mit einer transparenten Kappe zum Schutz der Spitzen ausgeliefert. Diese unbedingt aufbewahren, damit ein verpackter Stock nicht das Rucksackinnere perforiert. Doch verbusselt? Nicht schlimm, es gibt Ersatzkappen in unserem Sortiment.