Ein Soto-Kocher tut, was er soll: kochen. Das allerdings mit ehrfurchtgebietender Präzision und Effizienz. Wie die Kultkocher entstehen, haben wir uns in Japan angeschaut.
Ganz langsam kommt das Trägerstäbchen ins Blickfeld des Mikroskops. Es winziger Tropfen Öl muss auf ein noch winzigeres Präzisionsbauteil appliziert werden. Mit ruhiger Hand setzt Ryota Yamamoto, seit vier Jahren auf diese Aufgabe spezialisiert, das Trägerstäbchen an. Der Tropfen verharrt zunächst, doch dann gleitet er sanft auf das Mikroventil und umfließt den Dichtungsring. Vorsichtig zieht Ryota das Stäbchen zurück. Erledigt.
Auch die Beobachter in dem laborartigen Raum nicken. »Yoku yatta – gut gemacht«, lobt Hiroshi Yamamoto, Chefingenieur der Shinfuji Burner Ltd. Dabei wird hier keineswegs eine Bombe entschärft, sondern ein Campingkocher montiert. Das allerdings mit jener Hingabe und Präzision, für die Japans Technikindustrie berühmt ist.
Gut, einen Soto Windmaster als »Campingkocher« zu bezeichnen, ist ungefähr so akkurat, wie eine edle Arcteryx Alpha SV »Regenjacke« zu nennen – nicht falsch, aber eben nicht das Wesen beschreibend. Der Windmaster ist eines jener kleinen Wunderwerke, die das Leben draußen einfacher und schöner machen: 87 Gramm leicht, Packmaß einer Kinderfaust, mit komfortabler Piezozündung, dabei sturmfest und effizient wie kaum ein anderer Gaskocher.
Der Trick mit dem Micro Regulator
Dass wir die Soto-Produktion im japanischen Toyokawa besichtigen können, ist glücklichen Umständen zu verdanken. Zwar haben die Kocher »made in Japan« bei vielen Globetrotter Kunden Kultstatus, gleichzeitig weiß man in Deutschland noch recht wenig über den Hersteller, seine Konzepte und seine Philosophie. Als Anfang 2020 im Rahmen einer Japanreise ein Besuch möglich wird, freuen wir uns also sehr. (Dass Reise und Firmenbesuch kurze Zeit später wegen Corona hätten abgesagt werden müssen, ahnen wir nicht.)
Hinter Soto – das japanische Wort für draußen – steht die Shinfuji Burner Ltd., die schon seit 1978 Brenner, Kocher und Lampen für Alltag und Industrie produziert. Shinfuji-Gründer Hajime Yamamoto setzte früh neue Standards, als er die Vorheizzeit von Benzinkochern von Minuten auf Sekunden reduzieren konnte. 2009 nahmen die Shinfuji-Ingenieure mit der neuen Marke Soto die Outdoorszene in den Blick – und lösten zum Einstand gleich mal ein großes Gaskocher-Problem: Bei abnehmendem Druck in der Kartusche lässt nämlich die Brennleistung nach. Leert sich die Kartusche mit der Zeit oder ändert sich die Umgebungstemperatur, weiß der Anwender nie, wie lange das Gas noch zum Kochen reicht. Man hatte sich damit abgefunden – bis plötzlich diese japanische Firma auf den Markt trat, deren Kocherflamme konstant blieb bis zum letzten Gramm Gas.
Für Einsteiger und alte Hasen
Möglich macht dies ein Meisterstück japanischer Ingenieurskunst: ein winziges Druckausgleichsventil, kunstvoll in den Brennerkopf eingearbeitet. Soto nennt die Technik »Micro Regulator«.
Neben dieser revolutionären Idee glänzt der japanische Neuling auch mit feinstem Material und bester Verarbeitung. Die Outdoorbranche ist beeindruckt. Outdoor-Magazine und Fachmessen verleihen Preise. Auch Globetrotter nimmt Soto ins Programm auf.
»Das war ein Ritterschlag. Globetrotter hat ein sehr gutes Sortiment. Und wir sind auf engagierte Händler angewiesen, die sich Zeit für die Kunden nehmen und unsere technischen Kocher erklären«, sagt Tomo Sekiguchi, der den internationalen Verkauf leitet.
Nach dem spektakulären Einstand schieben die japanischen Ingenieure regelmäßig neue Modelle nach. Ein Meilenstein ist der Windmaster, der die Micro-Regulator-Technik mit Leichtgewicht und Sturmfestigkeit kombiniert: Der Abstand zum Topf ist minimiert und ein konkaver Brennerkopf bündelt und schützt die Flamme. Die Micro-Regulator-Technik sorgt für eine konstante Leistung von 3,3 KW.
In der Praxis bedeutet das: Egal ob egal minus fünf oder plus 25 Grad: Ein Liter Wasser kocht auf dem Windmaster in deutlich unter fünf Minuten. Es ist ziemlich schwierig, einen noch besseren Gaskocher zu bauen.
Nicht weniger beachtenswert ist der Stormbreaker, der als Multifuelkocher sowohl Gas als auch Benzin verbrennen kann. Der Benzinmodus ist ein weiteres Beispiel für die Innovationskraft der Japaner: Das bei klassischen Benzinkochern lästige und rußige Vorheizen in einer kleinen externen Pfanne wird elegant umgangen. Stattdessen produziert der Stormbreaker beim Start ein Benzin-Luft-Gemisch und ist bereits nach 20 bis 30 Sekunden im Kochmodus, in dem er nur noch Benzin verbrennt. Die blaue Flamme ist sehr fein regulierbar. Zum Ende des Kochvorgangs stellt man den Drehregler noch kurz auf »Air«, dann wird das System trocken gepustet. Und das Beste: Der Stormbreaker ist obendrein kinderleicht zu bedienen – für Einsteiger ist das ebenso nützlich wie für alte Hasen, die sich nach einem langen Tourentag nicht auch noch mit ihrem divenhaften Benzinkocher rumärgern wollen. (Alte Hasen, die das hier lesen, wissen, was gemeint ist 😉 )
Arbeiten bei 28 Grad? Kein Problem
Die Familie Yamamoto führt die Shinfuji Burner Ltd. mit 120 Angestellten, alle relevanten Bauteile der Brennereinheiten werden im Haus hergestellt und montiert. Besonders beeindruckt uns die Mischung aus High-tech und Handwerk: Manche Teile werden auf hundertstel Millimeter genau gefräst – und dann in Handarbeit, teilweise unter dem Mikroskop, zusammengefügt; gefühlvoll, wie es keine Maschine könnte.
»Montagefehler können Unfälle verursachen. Unsere hohe Qualität ist ein Sicherheitsfeature.«
Hiroshi Yamamoto
Senior Managing Director Shinfuji Burner
Sehr wichtig ist bei Soto die Qualitätskontrolle: Ein Windmaster zum Beispiel besteht aus über 30 Teilen und durchläuft während der Montage immer wieder Zwischenprüfungen, insgesamt in vier Disziplinen. Ein nicht ganz korrekt eingestellter Drehmomentwert zum Beispiel wird so sofort aufgedeckt. Für die Mitarbeiter sind die Prüfgänge ein selbstverständlicher Teil der Montage. Alles dient dem perfekten Produkt.
»Kocher sollten sehr sicher sein, in der Anwendung, aber auch von der Konstruktion her«, sagt Hiroshi Yamamoto. »Ein Montagefehler kann zu einem Unfall führen. Unsere hohe Qualität ist deshalb vor allem ein Sicherheitsfeature.«
Nach einem weiteren Prüfgang wird ein fast fertiger Windmaster aussortiert, weil er einen geforderten Druckwert nicht erreicht hat. »Würde die Flamme flackern?«, fragen wir. »Nein, das nicht«, sagt der Chefingenieur. »Aber sie würde wahrscheinlich etwas niedriger brennen, als wir das bei Soto anstreben.«
Und das wäre für Hiroshi Yamamoto und seine Kollegen natürlich undenkbar.