Nocky Mountains

Kärntens Nockberge machen den Kopf erst frei und füllen ihn dann mit Inspiration. Die Zutaten: Gipfelluft, Kunst am Berg und heilendes Wasser.

Wenn man weit oben ist, 2336 Meter hoch, um genau zu sein, kann man nicht anders, als tief und befreit zu seufzen. Rund um den Königsstuhl liegen die grünen, hügeligen Nockberge wie frisch dem Märchenbuch entsprungen. In der Ferne glitzern die Gletscher der Hohen Tauern. Und darüber ganz viel hellblauer Himmel, in den man am besten eine Weile starrt und an nichts weiter denkt, als dass man hier ist und es einem richtig gut geht.

Es wirkt wie eine andere Welt. Zuvor war der Kopf noch voll mit Alltag und Terminen. Man wollte ihn mal ordentlich durchpusten und freiräumen, um Platz für Neues zu schaffen. Wo geht das besser als in den Bergen, fragte man sich. Und ehe man sichs versah, fand man sich auf einer Panoramastraße par excellence in der Welt der Nockberge in Kärnten wieder. 35 Kilometer lang führt die Nockalmstraße durch die grünen Hügel des Biosphärenparks. Inmitten beschaulicher Almweiden und vereinzelter Lärchen drehte man das Lenkrad in die eine, dann in die andere Kurvenrichtung und erfreute sich am ständigen Szenenwechsel. Immer in Grün-Blau: grüne Hügel, blauer Himmel. Natürlich genügte der Blick hinter der Windschutzscheibe nicht – hinein sollte es gehen in die grasbewachsene Wellenlandschaft, die so bilderbuchhaft aussieht.

Auf den Königsstuhl

Das Ziel war schnell klar: der Königsstuhl im Nordosten der Nockberge, mit geschicktem Wanderstart an der Panoramastraße beim alten Bauernbad Karlbad. Die 300-jährige Badekultur mit heißen, heilenden Steinen ist wohl die beste Muskelkatervorbeugung, die man sich vorstellen kann. Und immer wieder tönten die Glocken der Kühe. Vom Friesenhals blitzte die Panoramastraße hinter den Lärchen durch, es sah aus, als hätte jemand aus Versehen seinen grünen Farbtopf auf der Südseite der Alpen verschüttet und mit Bleistift eine kunstvoll geschwungene Linie durch das Bild gezeichnet. Nach einer kurzen Rast am schönen Friesenhalssee legte man sich noch mal ins Zeug und stieg steil hinauf zum Gipfel, wo man nun steht und entspannt die Szenerie einsaugt. Das war genau die richtige Entscheidung, sich hier über den Seen den Wind um die Ohren pfeifen zu lassen! Doch ein leerer Kopf möchte gefüllt werden. Mit frischer Energie und einem geschärften Blick ist man im Aufnahmemodus. Und auf der Suche nach neuer Inspiration. Genau dafür gemacht sind die nock/art-Wanderrouten im südlichen Teil des Biosphärenparks bei Bad Kleinkirchheim. Zeitgenössische Kunst haust hier nicht in geschlossenen Museen, sondern befindet sich draußen in der Natur. International renommierte Künstler platzieren seit 2012 ihre Werke – Statuen, Installationen und Events – auf sechs Wanderwegen. Damit erzählen sie die Geschichte der Region neu und machen sichtbar, was sonst übersehen wird. Zum Beispiel, wie es einmal war, vor nicht allzu langer Zeit.

Bei der Nockberge-Biosphärenpark-Runde trifft man auf das Werk »Ende Neu« des Tirolers Michael Strasser: Auf den ersten Blick liegen nur ein paar lackierte Balken am Fuße des Mallnocks, durcheinander wie Stäbchen eines Mikadospiels. Doch es sind nicht irgendwelche Hölzer, sondern die Reste eines verfallenen Stadels, in dem früher Heu gelagert wurde. Der Künstler hat sie gesammelt, bearbeitet, und dann zurückgelegt an diesen Ort, der einst von der Landwirtschaft geprägt war. Man kommt nicht umhin, bei diesen Überresten kurz innezuhalten und über den Wandel der Zeit nachzudenken. Und wenn man so in sich und seine Gedanken versunken ist? Dann schweift der Blick auch noch über die wallenden Nockberge, wenn man bereits bis zum Kinn im Thermalwasser des Römerbads in Bad Kleinkirchheim liegt. Während das warme Quellwasser friedlich vor sich hin blubbert und den Körper entspannt, träumt man von weiteren Kunstwerken und Weitblicken, die man in den nächsten Tagen finden wird. Ist noch ein Wunsch frei? Hierbleiben, bitte!