ON THE RUN

Nach Toblerone, Ricola und Ovomaltine ist die Laufsportmarke On der neue Exportschlager aus der Schweiz. Binnen eines Jahrzehnts wurde aus einer Idee dreier Zürcher Freunde ein weltweites Erfolgsmodell – welches nun mehr und mehr im Globetrotter Sortiment Einzug hält.

Die Geschichte von On ist fast zu schön, um wahr zu sein. Es begab sich im Jahre 2010, als der ehemalige Triathlet Olivier Bernhard seinen Züricher Freunden David Allemann und Caspar Copetti einen selbstgebastelten Laufschuh präsentierte. Das Besondere daran: anstelle der üblichen Sohle hatte Bernhard Stücke eines Gartenschlauchs verbaut. Die Idee dahinter: beim Aufprall und Abrollen des Fußes werden die Röhren komprimiert, schlucken Energie und entlasten so den Bewegungsapparat. Doch damit nicht genug, denn den neuerlichen Abdruck des Fußes unterstützen die komprimierten Röhren durch ihr Bestreben, wieder zurück in die Ursprungsform zu gelangen. Dieser kleine Extrakick spart Kraft und sorgt für bessere Durchschnittszeiten. »CloudTec« tauften die drei Gründer ihre patentierte Technologie und das Laufgefühl wie auf Wolken bekam durch die seitlichen Hohlelemente der Schuhe einen ganz eigenen, unverkennbaren Look.

David gegen Goliath

Doch eine neue Laufsportmarke auf einem Markt etablieren, der von den Großkonzernen Adidas und Nike beherrscht wird? Und in dem die Nischen längst von Spezialisten wie New Balance oder Acsis ausgefüllt werden? Auch hier setzten die Schweizer auf eine in digitalen Zeiten fast anachronistische Kulturtechnik: »Word-to-mouth«. Das klingt im Marketingsprech zwar auch toll, meint jedoch schlicht die gute, alte Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Schweizer pickten sich die jeweils fünf einflussreichsten Laufsportläden des jeweiligen Landes raus, welches es zu missionieren gilt, gingen mit deren Chefs laufen und überzeugten sie schlicht durch einen Praxistest. Und siehe da, die Kunde des samtartigen Auftritts und des explosiven Absprungs verbreitet sich im Anschluss tatsächlich wie ein – ja genau – Lauffeuer unter den Dauerläufern.

»Als Schweizer Marke haben uns die
Berge schon immer herausgefordert,
Produkte zu entwickeln, die allen
Bedingungen standhalten können.«

Olivier Bernhard, Gründer von On-Running

Neben dem neuartigen Laufgefühl punkten die Schweizer aber auch mit ihrem cleanen wie wiedererkennbaren Design: wenig Farbwechsel, gerade Linien, ein dezentes Logo und last but not least das kleine rote Schweizerkreuz. Nicht jeder Laufschuh funktioniert auf dem Trail UND im Büro oder in der Arztpraxis – On schon.

Einen nicht unerheblichen Anteil am rasanten Aufstieg der Marke hatte die ISPO, die weltweitgrößte Sportartikelmesse in München. Keine drei Wochen nach der offiziellen Gründung bekam On den ISPO-Newcomer-Award 2011 für das neuartige Konzept verliehen. Folgerichtig konnten sich die Gründer auf der Messe vor Schuheinkäufern aus aller Herren Länder kaum retten. Statt erstmal Überzeugungsarbeit zu leisten, verbrachte man deutlich mehr Zeit beim Schreiben von Stückzahlen.

Aus Überzeugung

Innovativ wie der Schuh ist auch die Rekrutierung von Markenbotschaftern. Hier geht man nicht los und »kauft« sich Athleten, sondern wartet, bis diese sich aus eigenen Stücken einen On-Schuh zulegen und dann so begeistert davon sind, dass sie für ein Sponsoring anfragen. Ähnlich verhielt es sich bei Tennis-Weltstar Roger Federer. Obwohl bei einer japanischen Sportmarke unter Vertrag, tauchte er bei Terminen immer öfter in On-Schuhen auf. Kurzerhand kontaktierten die Gründer die Tennislegende und man kam ins Gespräch. Das Resultat: Roger hat nun nicht nur einen eigenen Freizeitschuh im Sortiment, sondern ist Miteigentümer, der im engem Austausch mit der Entwicklungsabteilung seine gesamte Erfahrung aus Sportlersicht einfließen lässt.

Auf unbefestigten Wegen

Entworfen werden die On-Schuhe im Hauptquartier in Zürich, gefertigt unter kontrollierten Arbeitsbedingungen in Vietnam und getestet in einem »geheimen« Labor« in den Schweizer Bergen. Da war es nach vier Jahren reiner Straßenlaufschuhproduktion nur logisch, dass das Thema Trailrunning auf den Zettel kam. Der »Cloudventure« fand in der Community der Bergläufer sofort großen Anklang uns ist seither – ob mit oder ohne wasserdichte Membran – ein Bestseller im Sortiment. Doch nun legen die Eidgenossen mit dem »Cloudultra« nach. Gleich 13 Dämpfungselemente mit vergleichsweise kleinen Öffnungen gegen das Eindringen von Schlamm und Steinen abseits befestigter Wege sorgen für noch mehr Laufkomfort. Und das neue FlipRelease-Tool an der Schnürung sorgt dafür, dass der Druck bei unterwegs zusehens dicker werdenden Füßen ganz leicht und schnell reduziert werden kann. Haben wir schon erwähnt, dass es auch dafür erst kürzlich einen ISPO-Award gab?


CLOUDULTRA GOES ELBSANDSTEIN
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Um die Qualitäten des neuen Cloudultra in der Praxis zu testen, haben ON und Globetrotter die zwei Langstreckenläufer Meike Schultheiss und René Claußnitzer im winterlichen Elbsanddstein von der Kette gelassen – und danach in der warmen Stube zum Interview gebeten.

Mehr zum revolutionären Trailrunningschuh erfahrt ihr hier >>.


Run me, return me

Irgendwie anders ist auch der Ansatz von On in Sachen Nachhaltigkeit. Natürlich beherrscht man die Basics und verwendet zu 100 Prozent recyceltes Polyester und Polyamid, etwaiges Leder ist vegan und alle Verpackungen bestehen ebenfalls aus Recyclingmaterialien.

Richtig innovativ wird es aber beim Projekt Cyclon. Coming Herbst 2021. Auf den ersten Blick ein komplett recycelbarer Performance-Laufschuh, hergestellt aus der Rizinusbohne. Doch damit nicht genug. Denn ein recycelbares Produkt, welches nach der Benutzung dann doch auf dem Müll landet, bleibt weit unter seinen Möglichkeiten. Deshalb sieht sich der Schweizer Hersteller in der Verantwortung, die von ihm produzierten Produkte auch wieder einzusammeln. Dafür wurde der erste Abonnementservice für Laufschuhe eingeführt. On möchte zeigen, dass nicht der Besitz, sondern das Erlebnis mit dem Produkt im Vordergrund steht. Das hat zudem den Vorteil, dass durch das Abomodell auch ausgelatschte und damit schlechter funktionierende Laufschuhe der Vergangenheit angehören. Für 29,95 € im Monat bekommt man nämlich alle 600 Laufkilometer ein neues Paar.

Erst laufen, jetzt wandern

Dritte Säule im On-Sortiment sind neben Laufschuhen für die Straße oder fürs Gelände halbhohe Freizeit- und Hikingstiefel wie der Cloud Hi und der Cloudrock Edge Raw. Damit bauen die Schweizer eine Brücke Richtung Wanderschuhe, denn natürlich funktioniert das On-Laufgefühl nicht erst ab 8 km/h, sondern bereits bei der Sonntagswanderung durch Eifel, Schwarzwald oder Harz. Unterstützt wird der Hike auf Wolke 7 durch eine leichtgewichtige Bauweise. Während Konkurrenten gern 700 Gramm und mehr auf die Waage bringen, pendelt sich diese beim Cloudrock gerade mal bei etwas über 400 Gramm ein. Und natürlich gilt auch bei diesen Siebenmeilenstiefeln die übergeordnete On-Regel: wer sich mit diesen nach dem langen Wanderwochenende im Büro blicken lässt, fällt damit keineswegs unangenehm auf.

Heute, elf Jahre nach der Gründung, in denen On im Schnitt 94 Prozent pro Jahr gewachsen ist, beträgt die Community 7 Millionen Nutzer in 55 Ländern. Die Marktanteile variieren von Land zu Land, sind aber beachtlich. In der Schweiz etwa liegt man mit 40 Prozent noch vor Adidas und Co. und in anderen Ländern ist man als schnellstwachsende Sportschuhmarke drauf und dran, die etablierten Brands zu überholen – nicht schlecht für einen weiterentwickelten Gartenschlauch, oder?


6 von 24 On-Modellen aus dem Globetrotter Sortiment

      Text: Michael Neumann