Ultralight – Der Geartalk

Ultra Light (UL) Trekking entwickelt sich vom Nischenthema zum Mainstreamprojekt. Denn immer mehr Wanderer erkennen die Vorteile des leichten Reisens. Aber wie? Indem wir Zahnbürsten halbieren, Isomatten kürzen und generell jedes Ausstattungsteil auf Zweckmäßigkeit überprüfen?

In unserem Geartalk fachsimpeln David, Leiter des Filialmarketings für die City-Filialen, und Michael, seinerseits Social Media Manager für Globetrotter, über ihre reduzierte Ausstattung, hilfreiche Apps und Programme, optimale Wanderrouten und weshalb man Gepäck durch Erfahrung ersetzen kann.

Inhalt:

Der Geartalk mit David und Michael

Ultra Light (UL) Trekking bezeichnet die Art des Reisens mit leichtem Gepäck, je nach Definition unter 5kg „Baseweight“. Der englische Begriff „Baseweight“ steht dabei für das gesamte Gewicht, das auf dem Rücken getragen wird, inkl. des Rucksackgewichtes selbst und abzüglich Wasser, Essen und ggf. Gasvorräten bzw. Verbrauchsgütern. Man nennt es auch Ultralight Trekking, UL-Trekking, Super-Ultraleicht Trekking usw.

Ein Definitionsversuch

Unsere Experten

David Müssemann

Alter: 26 // Zuhause in: Hamburg // Beruf: Team Lead City Store Marketing // Instagram: @davidwanderfeet

Nach seinem Master in Marketing an der University of Edinburgh startete der Outdoorer als Marketingpraktikant bei seinem Wunschunternehmen. Mittlerweile ist David seit 4 Jahren bei Globetrotter und leitet das City Store Marketing Team. Er liebt es, sich draußen sportlich herauszufordern, sei es Wandern, Trailrunning, Klettern oder auch mal gemütlich Geocaching. Mehr Bilder, Videos und Stories gibt es auf Instagram.

Davids UL Abenteuer auf Instagram

Michael Fiukowski

Alter: 32 // Zuhause in: Berlin // Beruf: Social Media Manager, Fotograf// Instagram: @planetearthisawesome

Der gebürtige Altmärker ist Fotograf und Filmemacher und am liebsten draußen unterwegs. Er liebt es, durch skandinavische Länder zu reisen und genießt dabei die offene Art der Menschen und vollkommene Ruhe in den Weiten des Fjells. All seine Abenteuer hält er mit seinen Fotografien fest. Mehr Bilder, Videos und Stories gibt es auf Instagram.

Michaels UL Abenteuer auf Instagram

Das Interview

Die Fragen in der Übersicht:

Wie kommt man zum »Ultralight-Trekking«?

David: Ich bin damals über meinen besten Freund dazu gekommen, der sich besonders mit dem in der Szene bekannten Andrew Skurka beschäftigt hat. Wir hatten schon zahlreiche lange Touren gemeinsam bewältigt und waren mehrere Male in den Pyrenäen unterwegs. Hier sind die Touren extrem hart, bspw. auf dem GR11. Wir gingen teilweise 30km und 3.000 Höhenmeter am Tag bei Temperaturen über 25 Grad. Da mussten wir schon ganz genau schauen, was wir mitnehmen. Je mehr ich mich im Laufe der Zeit mit meiner Ausrüstungsliste beschäftigt habe, desto mehr hatte ich das Bedürfnis sie zu optimieren. Denn ich wollte mich beim Wandern nicht nur auf meinen vom vielen Gewicht schmerzenden Rücken konzentrieren, um ein glamouröses Camp zu haben. Vielmehr wollte ich meinen Fokus auf das Laufen an sich und die Natur legen. Gleichzeitig wollten wir beide weit, lang und zügig wandern, also bei der Tour auch eine sportliche Challenge haben. Das Ganze geht meiner Meinung nach nur, wenn man nicht zu viel mit sich rumträgt.

Michael: Über die Jahre sammelt man so seine Erfahrungen. Nach der ersten längeren Wanderung über mehrere Tage wird einem bewusst, dass man die ein oder andere Sache doch nicht braucht. Ich hatte auf meiner ersten Tour beispielsweise zwei von drei Pullovern nicht benutzt, obwohl sie an sich ihren Zweck erfüllt hätten, aber schlichtweg überflüssig waren. Denn ein Pulli auf Tour hat mir gereicht. Auch hatte ich Sachen dabei, die zwar nützlich waren bzw. hätten sein können, auf der Tour aber nicht zum Einsatz gekommen sind. Daher bin ich durch Erfahrungswerte dazu bewegt worden, immer mehr an Equipment und dadurch an Gewicht zu sparen.

sdr

»Ultralight-Trekking« – ein Definitionsversuch

David: Natürlich gibt es, wie zu jedem Thema im Internet, viele verschiedene Auslegungen dazu, was denn nun als UL zählt, wo es beginnt und wo es endet. Meine eigene subjektive Definition: Wenn man das Gewicht auf dem Rücken nicht mehr aktiv als Hauptfokus bei der Tour wahrnimmt, was oft bei unter 5kg der Fall ist, ist man »Ultralight« unterwegs. 

Was für mich dabei einen besonderen Reiz ausmacht, ist die bewusst gewählte Einschränkung. Im alltäglichen Leben hat man Zugriff auf alles was man braucht, fast unbegrenzt und zu jeder Zeit. Oftmals haben wir so viel Auswahl, dass wir schon wieder überfordert sind. Und wir denken auch an all die vielen Dinge, die wir besitzen oder geistig mit uns herumschleppen. Beim UL schränkt man sich deshalb bewusst ein. Ich habe beispielsweise immer nur zwei Shirts dabei. Wenn eines gerade in der Sonne trocknet, fällt mir die Wahl nicht schwer, welches ich stattdessen anziehen soll. Ich habe nur einen Topf und eine Spork und muss mir keine Gedanken darüber machen, ob ich heute den Löffel, die Gabel oder das Messer zum Essen brauche. Denn es gibt nur die eine Wahl.

Zudem ersetzt man beim UL Gewicht (des Gepäcks) durch Erfahrung! Das kommt im Alltagsleben oft zu kurz: Improvisation und Kombination. Heutzutage gibt es für alles ein spezielles Gadget, doch bei UL nutzt man das, was man dabei hat und kombiniert es mit anderen Dingen, um Gewicht zu sparen. Gleichzeitig lässt man einige Dinge gleich komplett zu Hause, weil man sie dank der eigenen Kenntnis der Umgebung, des zu erwartenden Wetters und der Route mit anderen Tools ersetzen kann. Das setzt natürlich eine gute Planung voraus.

Du sagtest vorher, dass dir die sportliche Challenge wichtig ist. Was hältst du von der Aussage, dass UL Trekker, die Natur nicht wahrnehmen und eher „durchpushen“?

David: Ich denke genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade dadurch, dass ich meine Ausrüstung perfekt kenne, auf sie vertrauen kann und sie gleichzeitig kaum auf dem Rücken wahrnehme, kann ich mich viel besser auf den eigentlichen Aspekt der Tour konzentrieren. Das Laufen und die Natur!

Und, seid ihr durch UL schneller und weiter unterwegs?

Michael: Definitiv! Und nicht nur das: Mit geringerem Gewicht genießt man die Ausblicke auch viel mehr, weil man oben am Gipfel nicht noch minutenlang nach Luft schnappen muss. Man ist physisch und psychisch viel unbelasteter unterwegs. Es geht mir beim UL Trekking auch nicht immer gleich um schneller und weiter, sondern eher darum, dass man bewusster wandert und nicht alle paar Minuten denkt: » Puh, wann bin ich endlich da, der Rucksack ist so schwer. «. Dadurch, dass man weniger trägt, schwitzt man weniger, trinkt weniger und braucht weniger an Wasservorräten. Knie und Gelenke danken es einem sowieso.

David: Ja, ich bin auf jeden Fall schneller und weiter unterwegs. Beim UL Wandern liegt mein Durchschnitt inkl. Pause bei 5kmh, während es mit großem Trekkingrucksack und Bergstiefeln wohl eher 3,5kmh wären. Dadurch schaffe ich natürlich auch weitere Distanzen und bin durch das leichte Gewicht weniger erschöpft und schneller erholt. Ein normaler Wandertag kann schon gut 30-50 Kilometer weit sein, je nach Steigung und Untergrund. Im Sommer bin ich mit meiner Freundin 107 Kilometer am Stück in 23 Stunden gelaufen und in den Pyrenäen mehrere hunderte Kilometer und zehntausende Höhenmeter. Das liegt einerseits am leichten Gepäck andererseits an den Schuhen. Da ich keine Fußgelenk Unterstützung brauche, da nicht wesentlich mehr Gewicht durch einen Rucksack auf meine Gelenke drückt, kann ich Trailrunningschuhe tragen. Diese sind für mich persönlich viel bequemer, ich habe sichereren Halt durch mehr Flexibilität und Präzision beim Fußsetzen, und sie wiegen ein Viertel meiner Wanderstiefel. Und wie man öfter hört sind 100g zusätzlich an den Füßen gleichzusetzen mit 400g mehr auf dem Rücken

Wie plant ihr euer Rucksackgewicht? Benutzt ihr spezielle Tools?

David: Ich bin hier ganz altmodisch unterwegs und benutze ein eigenes gebasteltes Excel Sheet mit diversen Formeln sowie eine digitale Küchenwage. Hier trage ich bspw. folgende Dinge ein: Bezeichnung, Kategorie, Gewicht, „am Körper“, „im Rucksack“, Anzahl, „Aufgeteilt mit Partner: Ja/Nein“. Es gibt jedoch im Internet zahlreiche Anbieter bei denen man ohne viel Aufwand Informationen direkt übertragen kann, ohne abzuwiegen und die Ausrüstungsgegenstände direkt in Kategorien eingeteilt werden. Hier wird dann gleich das passende Bild mitangezeigt und vieles mehr. Michael zeigt euch im Talk bspw., dass er dafür lighterpack nutzt

Michael: Das Rucksackgewicht zu planen kann tatsächlich etwas zeitaufwendig sein – muss man doch jedes einzelne Teil abwiegen. Aber es lohnt sich! Für die Kategorisierung benutze ich die kostenfreie Internetseite (www.lighterpack.com). Hier kann man super einfach Listen für verschiedene Wanderungen erstellen. Ich habe zuerst die wichtigste Ausrüstung (Zelt,Schlafsack, Isomatte, etc.) hochgeladen samt Infos wie Bezeichnung & Gewicht. Dann konnte ich die Sache per Drag’n Drop in die jeweilige Liste ziehen. Man kann auf der Seite in Kategorien aufteilen (Schlafen, Essen, usw.). Das wird dann in einem Kreisdiagramm aufgeteilt. Zusätzlich kann man dem Equipment noch zuweisen, ob es am Körper getragen wird, wie z.b. Schuhe oder Sonnenbrille, und was auf der Wanderung verzehrt wird. So wird dann das Nettogewicht ausgerechnet, dass man am Körper trägt. Meiner Meinung nach ein tolles und einfach Tool!

Das ist die Region, in der der berühmte Hochlandkaffee angebaut wird. Kolibris schwirren um die buntesten Blüten, Blätter erreichen eine ungewohnte Größe und Mangos, Bananen und Papayas wachsen am Straßenrand. Im Valle de Cocora stehen außerdem die Quindío-Wachspalmen, die mit einer Höhe von bis zu 70 Metern größten Palmen der Welt. Wolken ziehen mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit über die Hügel hinweg und lassen die kerzengeraden Palmen immer wieder verschwinden und erscheinen. Zwischendurch führt der Wanderweg durch den Dschungel zu wunderschönen Wasserfällen, bevor sich dann die nächste atemberaubende Perspektive auf die Palmen auftut. Das Wanderfieber hat uns schon wieder gepackt. Am liebsten würde ich morgen zur Lost City aufbrechen, doch zwei große Stops stehen vorher noch auf dem Plan.

Was fehlt euch am meisten, wenn ihr UL unterwegs seid?

Michael: Das ist wirklich schwer zu sagen. Genauso gut könnte man die Frage stellen, was einem fehlt, wenn man von einem 5-Sterne Hotel auf eine Jugendherberge wechselt. Sicherlich fehlt es an einigen Stellen an Komfort. Man sollte aber bedenken, dass man UL-Trekking ausübt, weil man sich darauf einlassen möchte, puristischer unterwegs zu sein.

David: Bei meiner letzten Tour hatte ich mich tatsächlich so lange vorbereitet, dass ich nichts vermisst habe bis auf die Menschen zu Hause. Ich finde, man gewöhnt sich an jede Einschränkung und wenn man darauf vorbereitet ist, sogar noch schneller.


Was man hier vielleicht sagen könnte wäre, dass ich durch die lustige Kombination an Ausrüstung schon sehr merkwürdig aussehe, wenn ich in eine Stadt einlaufe. Grell bunt und gemustert, haarscharf an „verwahrlost“ vorbei. Man könnte meinen was mir fehlt ist ein schönes Outfit. Aber da mir das vollkommen egal ist und in Bergregionen viele Menschen merkwürdig daherkommen, würde ich nicht sagen, dass ich schöne Kleidung ernsthaft vermisse.

Anm. d. R.: Haben wir uns schlimmer vorgestellt! 😉 Davids Outfit unterwegs:


Die Top 3 Ultralight-Produkte, die ihr unterwegs nicht mehr missen mögt (und warum)



DAVID

  • [1.] Regenrock = Ein Rock der über das Knie geht, aus wasserdichtem Zeltstoff gefertigt ist und mit Klett fixiert wird. Das ist viel praktischer als eine Regenhose, denn man kann den Rock sogar beim Laufen an und ausziehen ohne den Rucksack abzunehmen und er wiegt nur 30g wobei er gleichzeitig gut belüftet ist.
  • [2.] Titanspork = Ersetzt jegliches Besteck, ist nahezu unzerstörbar, günstig und leicht. Hält ein Leben lang.
  • [3.] Quilt = Der Western Mountaineering Nano Lite Quilt, wiegt um die 300g ist zur Not auf Größe einer Bierdose komprimierbar und hält bis ca. 2 Grad warm. Da bei Rückenlage beim normalen Schlafsack die Füllung, die der Isolation mit Luft dient, komprimiert wird, hat sie nicht mehr viel Effekt. Der Quilt spart sich deshalb den Rückenteil des Schlafsacks, sowie die Reißverschlüsse und verbindet ein deckenähnliches Gebilde direkt mit der Isomatte

David: Viele Ul Dinge kann man aber auch selbst bauen.
Den Regenrock hat netterweise meine Mutter für mich genäht, da ich dessen nicht mächtig bin. Einen UL Hobokocher kann man sich aus zwei Blechdosen bauen und mit einem Gewicht von unter 40g dabei herauskommen. Eine Unterlegplane kann man sich selbst zuschneiden und mit Ösen versehen. Und es gibt noch weit mehr Möglichkeiten. So spart man Geld und Gewicht.

Wichtigster Aspekt ist immer die Kombinationsmöglichkeit. Ein Beispiel: Ich nutze meinen Pumpsack für die Matte gleichzeitig als wasserdichten Packsack im Rucksack und spare mir damit die Regenhülle. Zusätzlich dient er leicht aufgeblasen als Unterlage für meine Beine, da ich ja nur eine halbe Isomatte nutze. In dieser Art kann man viele Dinge kombinieren, um andere zu ersetzen.



      MICHAEL

      • [1.] Reepschnur = Mit Reepschnur und etwas Knotenkunde kann man sich wirklich immer helfen. Ob als Schnürsenkel, Zeltschnur Verlängerung, als Wäscheleine usw.
      • [2.] Karabiner = Karabiner aus Kunststoff sind nicht nur sehr leicht, sondern dienen wunderbar als Halterungsmöglichkeit
      • [3.]1-Hilfe-Decke = Nehme ich oftmals als Unterlage für die Isomatte. Zum einen wird die Isolationswirkung zum Boden hin verstärkt und sie schützt zudem das Material der Isomatte


          Ab wann könnte UL Trekking gefährlich werden?

          Michael: Ein gut vorbereitete Tour ist schon die halbe Tour. Deswegen kann jede Tour zur Gefahr werden, für die man nicht gut vorbereitet ist. Es gab schon genügend Menschen, die auf die Zugspitze mit Flip-Flops oder kurzer Hose im Sommer hochgewandert sind. Darum gelten in meinen Augen folgende Punkte:.

          1. Vorbereitung: (Wo befinde ich mich in meiner Tour? Auf welche Höhe bin ich unterwegs? Klimadiagramme nutzen!
          2. Worst Case Scenario: Wenn man denkt es kann nicht schlimmer kommen, kommt es meisten schlimmer. Was kann einem im schlimmsten Fall passieren und wie kann man sich darauf vorbereiten. Nehme deswegen IMMER das Erste-Hilfe-Set mit und dazu noch Tabletten gegen Fieber, Schmerzen & Durchfall. Es gibt nichts schlimmeres als alleine im Nirgendwo unterwegs zu sein und  eine schwere Krankheit nimmt dir die Kräfte.
          3. Solltest du länger in Gebieten unterwegs sein, bei der die Kommunikation nicht vorhanden ist, dann benachrichtige Freunde & Familie oder Ranger vor Ort, dass du alleine unterwegs bist. Verletzt du dich und kann dich nicht mehr fortbewegen, kann das dramatische Folgen haben. Oftmals hilft schon ein Peilsender/ GPS Spot

          David: Wenn man nicht an der Sicherheit spart und sich gut vorbereitet, wie z.B. auf mögliches Wetter, ist UL Trekking genauso sicher wie andere Arten des Trekkings auch.
          Mein schwerstes Ausrüstungsstück ist nach dem Rucksack übrigens das 1. Hilfe Set, mit fast einem halben Kilo. Ich will beim Thema Gesundheit lieber voll ausgestattet sein, und spare lieber wo anders Gewicht ein. Denn auf dem Berg ist es mir lieber nur zwei Unterhosen zu haben statt drei und dafür eine Platzwunde ordentlich behandeln und nähen zu können. Oder mit dem Garmin InReach Mini Sattelitentelefon zur Not ein SOS Team rufen zu können, falls kein Handy Empfang ist. Dafür investiere ich gerne 100g mehr, spare an etwas anderem, um ggf. mich selbst oder andere im Notfall retten zu können.

          Nun seid ihr Beide bereits länger ultraleicht unterwegs. Aber wie tastet man sich am besten an UL heran, als UL-Anfänger?

          David: Als erstes würde ich alles wiegen, was ich bei der letzten Tour dabei hatte. Dieser erste Schock reicht meist schon aus, dass man zukünftig weniger dabeihaben will. Danach würde ich mir anschauen welche Dinge ich weniger als 3 Mal benutzt habe (außer sicherheitsrelevante Gegenstände wie z.B. 1. Hilfe Pack). Diese würde ich pauschal aussortieren und testen, ob man sie wirklich so stark vermisst.

          Im nächsten Schritt würde ich die vier Hauptgewichtträger genau anschauen: Schlafsack, Isomatte, Zelt, Rucksack. Hier kann man viel sparen.

          • Brauche ich wirklich den -30 Grad Mumienschlafsack, wenn die Temperatur nicht unter 5 Grad sinkt? Vielleicht könnte man diesen bspw. durch einen Quilt ersetzen, der sich das Rückenteil spart und auf einen Reißverschluss verzichtet (später mehr dazu).
          • Wie stark spüre ich beim Schlafen die Bequemlichkeit einer Isomatte an meinen Waden oder ist es mir eigentlich wichtiger hauptsächlich mit dem Oberkörper weich zu liegen? Dann könnte man eine halbe Isomatte nehmen, und die Waden auf Regenjacke und Rucksack legen.
          • Wie regenreich und feucht ist die Region, wie wichtig ist ein Insektennetz? Kann ich evtl. mein doppelwandiges Zelt durch ein einfaches Tarp ersetzen, da ohnehin kein seitlicher Starkregen zu erwarten ist oder ich jede zweite Nacht in Hütten schlafe?
          • Muss mein Rucksack 37 Taschen haben oder reichen zwei? Wie robust muss der Rucksack wirklich sein, wenn ich ihn lediglich 3 Mal am Tag zu den Pausen absetze, kein Panzer drüber fährt und nicht damit klettere? Vielleicht kann ich einen Rucksack aus leichterem Material mit weniger Reißverschlüssen nutzen, um Gewicht zu sparen.

          Und so tastet man sich quasi voran. Wiegen, Analysieren, Testen, Bewerten. Und dann wieder von vorne. Die berühmte Zahnbürste abzuschneiden bringt zwar 5 Gramm, aber ist vermutlich der letzte Schritt. Vorher gibt es viele sinnvollere Möglichkeiten Gewicht zu sparen

          Michael unterwegs auf dem GR221

          Michael: Alles was David sagt 😉 Was man nicht tun sollte ist, dass man nur mit einem Messer und einer Poncho in Rambo-Manie in die Natur hinausgeht und es drauf ankommen lässt. Es gibt meiner Ansicht nach 2 Wege, wie man sich herantasten kann. Zum einen geht das durch Erfahrung, die man sich über die Zeit angeeignet hat. Zum anderen durch Erfahrungswerte anderer z.B in Community Foren zum Thema UL. Die Meinungen und Erfahrungen bieten zumindest eine gewisse Grunderfahrung, die man für die Reise mitnehmen kann. Ich bin den längeren Weg gegangen, da ich mich am Anfang meiner “Reise” in die Wanderwelt nicht mit dem Thema Ultralight auseinandergesetzt habe. Man muss auch nicht immer alles kaufen wo UL drauf steht. Auf Wanderungen kommen meist die besten Ideen, wenn einem was fehlt. Sprich: “Die Not macht erfinderisch”.

          Last but not least: Die Fotos. Ihr seid beide aktiv auf Instagram und postet dort mal mehr mal weniger regelmäßig Eindrücke von euren Touren. Welche Kamera nutzt ihr unterwegs – oder spart ihr dort auch lieber an Gewicht?

          Michael: Da breche ich leider mit den Regeln, da mir Bilder/Videos auf einer Reise doch viel wert sind. Ich schleppe mich tatsächlich noch immer mit einer dicken Spiegelreflexkamera mit einer 35mm Festbrennweite ab. Das ist für mich aber “noch” okay, weil es sich bis jetzt immer gelohnt hat und ich die Kamera nicht missen wollte. Durch meinen Nebenberuf als Hochzeitsfotograf habe ich genügend gutes Equipment und kenne es auch nicht anders, mich mit einer Kamera abzuschleppen. Trotzdem bieten die neueren Smartphones genügend Qualität. Wenn es ums Landschaften fotografieren geht, benötigt man schließlich keine 1.4er Blende. Erst in der Dämmerung wird es schwierig, aber da sitzt man da sowieso schon am Lagerfeuer oder liegt im Biwak unterm Sternenhimmel..

          David: Ich glaube beim UL Trekking muss man sich mehr oder weniger darauf einlassen, dass man kein professionelle Kamera Equipment mitnehmen kann. Es ist einfach zu groß und schwer.
          Ich persönlich mache vielleicht 10 Bilder am Tag auf Wanderung. Meist erlebe ich lieber, als durch den Sucher zu leben. Mit einem neuen, guten Smartphone kann ich aber sogar Belichtungszeiten, Blende, ISO etc. einstellen und Dateien im .DNG Format aufnehmen. Fast wie die großen Kameras.
          Das reicht mir persönlich, um danach Bilder zu bearbeiten. Und das Smartphone habe ich immer dabei, denn es ist leicht und bietet mir durch Internet und Download unbegrenzte Unterhaltung in Form von Videos, Büchern, Websites, Musik und den Kontakt zu meiner Familie und Freunden. Deswegen ist das Smartphone, nicht verraten, ein weiterer heimlicher Favorit für mich beim UL Trekking.

          Unterwegs auf dem GR221 – UL Trekking mit Michael

          Ein Winter auf Mallorca

          6 Tage und Nächte war Globetrotter Michael auf dem GR 221 auf Mallorca unterwegs, ein Wanderweg, der die Gebirgskette “Serra de Tramuntana” im Nordwesten der Insel durchquert.

          Ihm folgt der Ruta de Pedra en Sec, kurz GR 221. Ein Weitwanderweg, der mit über 150 Kilometer Strecke & 8.000 Höhenmeter über steiniges Gebirge, an Küstenstreifen mit Meeresblick & in urig, schönen Waldgebieten entlang führt. Er lässt sich zwischen Port d’Anratx und Pollenca in mehreren Etappen erwandern und wartet mit beeindruckenden Panorama-Blicken auf.

          Michael: Auf meiner spannenden Reise ließ ich mich meistens von meiner Intuition leiten. Ich stieg in drei Stunden einen Berg hinauf, der ohne jegliche Lücke in Wolken gehüllt war. Die Sichtweite betrug teils unter 10 Meter. Und als ob das schon nicht genug war, herrschte durch den Neumond absolute Dunkelheit. Ohne die Hilfe der wichtigen Steinmänner im Gebirge hätte ich mich wohl verlaufen und in der Notsituation auf einen windigen Bergrücken biwakiert. Ich machte mir aber keine allzu großen Sorgen, da ich die richtige Ausrüstung für solche Fälle dabei hatte.

          Unterwegs war ich im Winter auf Mallorca. Das heißt: Milde & feuchte Luft beherrschen das Klima und durch die Tramuntana besteht ein kräftiger Wind, der dich schnell auskühlen lässt. Zudem hast du es mit stetigem Wechsel von Wärme & Kälte zu tun. Ich nehme so wenig wie möglich mit. Umso schwerer ist es, sich für das “Richtige” zu entscheiden.

          Michaels Packliste (Mallorca)

              Text: David Müssemann