Einmal mit unseren SUPs um die Welt reisen – das war lange unser großer Traum. Rob und ich kennen uns seit 2 Jahren als wir die große Reise in die weite Welt wagen. Die Leidenschaft fürs Stand up Paddlen hatten wir beide schon bevor wir uns kannten. Und gemeinsam wurde sie noch viel größer. Nun erfüllen wir uns diesen großen Traum: wir reichen ein Sabbatical ein, sagen Auftraggebern, dass man für die nächsten Monate nicht verfügbar ist, packen die Rucksäcke und machen uns auf zu einer 6-monatigen Weltreise mit unseren SUPs.
Der große Tag ist da
Der Wecker klingelt um 7 Uhr früh. Unsere Augen sind noch klein und etwas verquollen von der kurzen Nacht. Bis kurz vor zwei haben wir unsere Rucksäcke immer wieder aus- und eingepackt. „Da muss noch was raus – der wiegt immer noch zu viel.“ hallte es durch die für die Untermieterin leergeräumte Wohnung. Um 13:35 Uhr geht der Flug. Auf dem Flugticket steht ‚Toronto/Kanada’. Um 9 Uhr würde uns eine sehr gute Freundin abholen um uns mit feuchten Augen zum Flughafen zu fahren.
Die Nervosität ist groß. Sechs Monate würden wir all das, was uns vertraut ist, nicht mehr sehen. Aber was das Wichtigste ist, ist uns von Anfang an klar – wir haben uns. Und unsere Stand up Paddle Boards. Und wo wir vier sind, sind wir zuhause. Also kann es losgehen! Wir brechen auf mit jeweils einem großen Rucksack mit ca. 20 Kilo, je einem großen Koffer für die SUPs und unser Sportequipment mit 23 Kilo und 10 Kilo Kameraequipment im Handgepäck – pro Nase. Das sind nach Adam Riese jeweils über 50 Kilo Startgepäck. Und das werden wir ein halbes Jahr durch die Weltgeschichte schleppen. Wir hoffen, dass alles hält. Auch unsere Rücken.
Rucksäcke + ION-Tasche
Wir starten in unsere Weltreise mit je einem Backpacker-Rucksack und einer großen Spezial-Tasche für die SUPs. Plus jeweils einmal Handgepäck.
Julia Rucksack: Deuter Aircontact 60 +10 Liter
Julia Handgepäck: Thule Kamerarucksack
Rob Rucksack: Ospray Aether AG 70 Liter
Rob Handgepäck: Ospray Talon 33L
SUP-Tasche: ION Actionsports Wheelie L
Das Beste an der SUP-Tasche ist, dass die Seite, in die das Board passt, aus Hartschale ist. So ist es super geschützt. (Achtung: es passen nur SUPs bis maximal 31“ Breite in die Tasche!) Die andere Seite ist weich und man kann entweder Kleidung oder das restliche Equipment wie Paddel, Pumpe, Neo usw. darin transportieren.
Kanada – ein Traumland für jeden SUP-Fan
Die Bucket-List für diese Reise ist lang. Seeeehr lang. Ganz oben drauf steht „Skyline-SUPen auf dem Lake Ontario“. Doch der Wunsch soll nicht direkt in Erfüllung gehen. Es windet. Und das nicht zu knapp. Keine Chance bei 20 km/h und mehr auf einem See zu paddeln, der mit mehr als 19.000 km² größer ist als Rheinland-Pfalz! Wir haben vier volle Tage in Toronto und der letzte Tag ist dann endlich der Tag der Tage – der Wind ist moderat, die Sonne lacht, die Temperaturen sind angenehm und wir haben die Zeit vorher genutzt um uns den perfekten Einstieg und die Route auszumachen um zu ‚Olympic Island’ zu paddeln. Eine der acht Inseln der ‚Toronto Islands’.
Dort erhoffen wir uns die beste Perspektive auf die Skyline und das perfekte Foto für die Nachwelt. Allein der Weg dorthin ist es wert – wir gleiten durch Kanäle zwischen zwei Inseln, entlang an kleinen Häfen mit bunten kleinen Booten, vorbei an herbstlichen Bäumen mit grün-orangefarbenen Blättern, unter kleinen Fußgängerbrücken durch von denen aus uns die Menschen winken. In einer Millionenstadt zu paddeln, stets beobachtet von den wachsamen Augen der Hochhäuser und des CN-Towers und gleichzeitig mitten in der Natur zu sein, ist ein wirklich unvergessliches Erlebnis.
Die Rocky Mountains – sie stehen für gigantische Berge, unendliche Weite, harte Winter, endlos lange Straßen ohne nur ein einziges Haus am Wegesrand, für Elche und Bären und atemberaubende Bergseen. Klar, dass die Rocky Mountains genau der richtige Ort für uns sein werden! Unser erstes Ziel ist der Banff Nationalpark. Lake Louise und Moraine Lake sind die wohl bekanntesten Namen in der Liste der unglaublichen Seen Kanadas. Also machen wir uns am Morgen nach unserer Ankunft im verschlafenen Örtchen Namens Canmore gleich auf den Weg dorthin.
Unser Plan: Paddeln auf dem Lake Louise und am Tag darauf auf dem Moraine Lake. Soweit so gut. Dass so ein Plan im kanadischen Spätherbst Mitte Oktober auch kräftig in die Hose gehen kann, sollten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Am Ende können wir auf beiden Seen nicht paddeln. Der Lake Louise ist zum einen von Touristen überlaufen, genauso wie der dazugehörige Parkplatz, und der Moraine Lake ist komplett zugefroren.
Wir schütteln uns kurz und ändern unsere Pläne. Erstes Learning: Flexibilität ist ultimativ wichtig auf so einer Reise. Wenn die äußeren Bedingungen nicht passen, folgt die spontane Planänderung. Wir entdecken auf Instagram einen anderen kleinen Bergsee der uns mit der Versprechung auf spektakuläre Reflexionen massiver Berggipfel lockt.
Der ‚Two Jack Lake‘ soll es werden. Nichts wie hin! Und da ist er. Unser erster SUP Spot in den Tiefen der sagenumwobenen Rocky Mountains. Und das Beste: dieser See ist weit weniger bekannt als die berühmten Kumpel Lake Louise und Moraine Lake. Er gilt als das gut behütete Geheimnis der Locals. Und so ist es. Wir zählen am Ende vielleicht 5, maximal 10 Leute, die mal kurz halt für eine Brotzeit mit Ausblick machen, aber sonst gehört der See uns. Bei 5 Grad plus und leichtem Schneefall pumpen wir in Windeseile unsere Boards auf, schmeißen uns in unsere Neoprenanzüge, ziehen einen dicken Hoodie, wasserdichte Handschuhe und Socken über und krönen das Ganze mit 7mm Neoboots und einer Wollmütze. Fertig ist das Winter-SUP Outfit der Stunde. Das Grinsen ist uns wie ins Gesicht gemeiselt.
»Wir paddeln auf einem Bergsee in den kanadischen Rocky Mountains!«
Auf unserer Tour geht es für uns 5 Kilometer in Richtung Süden. Entlang an dicht bewachsenen Nadelwäldern, stets mit Blick auf die massiven Berge, die uns von hoch oben beobachten. Bei jedem Knacken, das aus dem Wald schallt, halten wir inne und hoffen auf einen Bären oder einen Elch. Schade, es war wieder nur ein Tannenzapfen, der seinen Weg zum Boden suchte.
Nach einer Weile im Explore-Modus merken wir, dass der Wind zulegt und es uns jetzt doch etwas kalt wird. So setzen wir den Kurs zurück in Richtung Parkplatz. Der Wind wird immer mehr und kommt uns auch noch entgegen. Unsere Finger werden immer kälter. Sie tun weh. Autsch. Dadurch, dass wir immer wieder das Paddel an den nassen Stellen anfassen um Fotos mit der GoPro zu machen, sind unsere Handschuhe feucht und wenn Wind drauf bläst, kann das fies werden. Am Ende kommen wir mit je allen 10 Fingern am Parkplatz an. Leicht durchgefroren aber glücklich. Aber jetzt wird’s nochmal fies – raus aus dem angeschwitzten Neo.
Aufstehen! Weiter geht’s in den Yoho Nationalpark und dem nächsten Highlight auf unserer SUP-Traumliste.
»Ein See, bei dem der Name Programm ist – der ‚Emerald Lake’. Smaragd See. Und genau das ist er tatsächlich – smaragdgrün. Unglaublich.«
Noch nie zuvor haben wir so eine Farbe gesehen. Mitten im Wald liegt dieses Juwel, gut eineinhalb Stunden von Canmore entfernt. Und was es ganz besonders macht: hier gibt es genau ein einziges, kleines Hotel. Eine Holzhütte direkt am See wartet auf uns. Mit Kamin im Zimmer. Am Morgen unseres ersten vollen Tages ist auch die letzte Glut im Kamin erloschen und wir können es kaum erwarten auf die Bretter zu steigen und den mystischen Emerald Lake zu erkunden. Es ist frisch hier in den Bergen. Wieder nur ein paar Grad plus und in der Früh noch etwas neblig. Aber egal – Hauptsache kein Wind. Wir schmeißen uns wieder einmal in den Neo. Diesmal in unserm warmen Hotelzimmer. Obwohl wir den See direkt vor der Nase haben, ist die Stelle, an der wir bequem einsteigen können und nicht einen halsbrecherischen Sprung von mehreren Metern in die Tiefe bewältigen müssen, gut 500 m von unserer Hütte entfernt. Und mit einem 10 km schweren SUP unterm Arm ist das schon etwas anstrengend. Aber das ist für uns natürlich kein Hindernis.
Auf dem Wasser angekommen gehen uns die Herzen auf. Der See ist spiegelglatt, vor uns liegen die kleinen Holzhäuschen der Lodge, umringt von schmal hochgewachsenen Nadelbäumen und dahinter thronen der Mount Burgess und sein Bruder, der Wapta Mountain. Ihre mit Schnee gezuckerten Hänge spiegeln sich im smaragdgrünen Wasser, das so klar ist, dass man jeden einzelnen Stein im flachen Bereich sehen kann. Unglaublich – genau so haben wir es uns erträumt. Wir machen uns auf und fahren rechtsrum am Ufer entlang einmal komplett rund um den See. Vorbei an den Holzhütten, den Nadelbäumen, stets beobachtet von den Waldbewohnern, die sich gut vor uns versteckt halten. Wir gleiten mit unseren Boards quasi durch die Stille der Berge. Umso weiter wir uns von unserer kleinen Lodge entfernen, desto leiser wird es. Es ist dort oben ohnehin schon sehr leise, doch mit erstaunen stellen wir fest: es geht noch leiser. Es ist fast so, als würden wir über das glasklaren Wasser und über die Spiegelung fliegen. Im Sommer kann man an zahlreichen Stellen anlanden und ein Picknick in der Wildnis machen. Aber: be Bear aware! Die haben nämlich eine ziemlich gute Nase und würden sich sicher über so ein leckeres Sandwich zum Lunch freuen.
Maligne Lake. Der Name unseres nächsten SUP Spots klingt wie Musik in unseren Ohren. Viele kennen die Bilder von Spirit Island. Einer kleinen sehr fotogenen Insel auf dem See im Jasper Nationalpark. Wir hatten uns vorgestellt dort hin zu paddeln. Es bleibt wohl bei der Vorstellung. Denn es gibt gleich mehrere Dinge, die dagegen sprechen. Aber eins nach dem anderen. Wir fahren aufgeregt geradezu in ein traumhaftes Winter Wonderland.
»Durch verschneite Wälder vorbei an – oh mein Gott! Da steht ein Elch! Vollbremsung, Warnblinker an!«
Seit Tagen warten wir auf unsere erste Begegnung mit einem Wildtier. Und da steht er. Ein majestätischer Bulle. Gut zu erkennen an seinem schicken Kinnbart und seinem üppigen Schaufelgeweih. Er könnte mich locker in seinem Geweih spazieren tragen. Er muss mindestens 2 Meter groß sein. Ganz entspannt steht er da am Wegesrand, kaut schmackhafte Gräser, schaut uns an und verschwindet im Wald. Beseelt fahren wir das letzte Stück bis zum See. Und mit jedem Kilometer scheint die Temperatur um ein Grad zu sinken. ‚Das wird frisch‘ denken wir uns. Die Straße endet am Nordteil des Sees. Und dort endet tatsächlich auch jegliche Möglichkeit um ans Südufer zu kommen. Dorthin, wo die hübsche Insel liegt. Man kommt nur über den Wasserweg zu diesem bezaubernden Ort.
Wenn man allerdings zu Spirit Island paddeln will, muss man eine mehrtägige Tour einplanen und auf einem der wilden Campgrounds am Seeufer übernachten. Denn bis zur Insel sind es knapp 22 Kilometer – einfach. Alternativ kann man im Sommer auch ein Shuttle-Boot nehmen. Fürs Protokoll – das wird die kälteste SUP-Tour auf dieser Reise. 0 Grad, leichter Wind und immer wieder ein paar Flocken. Aber wir wollen wenigstens eine kleine Runde drehen. Und das tun wir auch. Ab aufs Board und los gehts – diese Bergformation vor uns verschlägt uns wieder einmal die Sprache. Beeindruckt von der Natur bemerken wir plötzlich, dass aus dem seichten Flachwasserpaddeln langsam Wellenreiten wird. Der Wind frischt auf und das nicht zu knapp. Das wiederum erzeugt Wellen – und eine noch kältere gefühlte Temperatur. Wir machen uns auf den Rückweg und schälen uns so schnell es geht aus unserem Neo. Was bei Temperaturen um die 0 Grad und Wind eine sehr kalte Angelegenheit ist.
Neo vs. Trockenanzug
Wir mussten uns vor der Reise entscheiden, ob wir einen Neopren-Anzug oder einen Trockenanzug mitnehmen. Bei den kalten Temperaturen in den Rocky Mountains wäre der Trockenanzug deutlich besser gewesen. Allerdings war es nur in 2 1/2 Wochen unserer 6-monatigen Reise so kalt und wir wussten, dass wir den Neo deutlich öfter brauchen werden. So fiel die Entscheidung auf eine 3/2 Neopren-Variante in Kombination mit einem Hoodie wenn es besonders kalt war. Allerdings ist das nichts für Anfänger. Voraussetzung ist, dass man absolut sicher und stabil auf dem Brett steht und man sich im Falle eines unfreiwilligen Tauchgangs binnen Sekunden wieder aufs Brett ziehen kann.
Wir haben die Rockies verlassen und warten mit einem heißem Kaffee in der Hand und einem kleinen Frühstück auf dem Schoß an der Horseshoe Bay in Vancouver auf die 90-minütige Überfahrt nach Vancouver Island. Zur größten nordamerikanischen Insel im Pazifik. Sie ist bestens bekannt für mildes Klima (das wird uns gut tun nach den letzten sehr kalten Tagen in den Rockies), die gelassene Inselmentalität und nicht zuletzt für Wassersport. Wir tippen ins Navi den Namen des Surferdörfchens ‚Tofino’. Ein Mini-Ort an der Westküste der Insel.
Nach gut viereinhalb Stunden über diverse Berge und Hügel beziehen wir im dunkeln unsere neue Unterkunft direkt am Meer und fallen in den Tiefschlaf. Wir wachen früh auf – die Aufregung auf das, was da draußen vorm Fenster auf uns wartet, ist zu groß. Es sind nur ein paar kleine Schritte vom Bett zum Balkon – und da ist er, der Pazifik. Direkt vor unserer Nase. Das ist einer der vielen Momente auf der Reise, in denen wir unser Glück kaum fassen können. Wir sitzen hier, mit einem Kaffee im warmen Bett mit offener Balkontür und vor unseren Augen ruft das Meer nach uns.
Es muss nicht lange rufen. Wir nehmen nur einen Snack zu uns, pumpen die SUPs auf, hüpfen in die Neos und verschieben das richtige Frühstück auf später – nach der Early Bird SUP Tour. Nach wenigen Schritten über den Rasen vor unserer zuckersüßen Holzhütte betreten wir den Strand und schwups sind wir im Wasser. Es ist ein ruhiger, wolkenloser Morgen. Die Luft ist frisch und die Natur so pur. Der Spot heißt MacKenzie Beach. Vorgelagert liegen dicke Felsen im Wasser. Wir machen uns auf in diese Richtung. Explore Modus – AN! Hier könnte jederzeit eine Robbe oder ein Orca auftauchen. „Nicht erschrecken und reinfallen!“ sagen wir uns. Tatsächlich bekommen wir irgendwann Besuch. Eine kleine Robbe stellt uns nach. Ich sehe sie zufällig am Ende von Robs Board. Dort taucht plötzlich ein lustiger, runder, schwarzer Kopf auf. Zack – ist sie wieder weg. Sie scheint schüchtern zu sein. Noch ein paar Mal geht das Spielchen so. Ich glaube, sie mag uns.
Diese kleine Holzhütte im Conehead-Style ist die süßeste Unterkunft, die wir auf der ganzen Reise haben werden. Unser persönliches Highlight neben der zudringlichen Robbe ist die Sunset-Tour die wir an Tag drei hier machen. Das Wasser ist glassy, kein Wind, keine Wolke. Wir paddeln mit weit geöffneten Augen raus auf den flachen Ozean. Wir müssen aber vorsichtig sein – der Wasserspiegel steigt – da wir mittlerweile sowohl bei Flut als auch bei Ebbe hier gepaddelt sind, wissen wir ungefähr wo die Felsen liegen.
Bei Flut sind einige komplett verschwunden und sie liegen dann nur etwas unter der Wasseroberfläche. Mit einem inflatable SUP auf so einem Felsen aufzulaufen wäre tatsächlich keine gute Idee. Zumal ja noch 5 Monate vor uns liegen! Wir fahren die Bucht ab, staunen und verharren einige Minuten in Stille auf unseren Boards. In meinem Kopf flüstert es leise: „einsaugen! Saug diesen Moment ganz tief in dich ein. Du wirst ihn nie vergessen.“ Diese Golden Hour macht ihrem Namen alle Ehre – der Himmel ist goldrot und mit jeder weiteren Minute wird das rot immer satter bis am Ende die Nacht die Kontrolle übernimmt.
Die selbe Insel, anderer Spot: Port McNeill, ganz im Nordosten von Vancouver Island. In Kanada ist ja bekanntlich alles etwas größer. So auch diese beschaulich wirkende Insel im Pazifik. Um von Tofino nach Port McNeill zu kommen müssen wir einmal die Insel von Westen nach Osten überqueren um dann eine halbe Ewigkeit übers Gebirge gen Norden zu fahren. Das Ganze dauert ohne Pause 5 1/2 Stunden und es sind 466 Kilometer zurückzulegen. Und das alles für mein Lieblingstier – den Orca. Rob ist mittlerweile auch fasziniert von diesen Riesen der Meere und aufgeregt, wegen unseres Plans mit ihnen zu paddeln.
»Dazu muss man wissen, dass die Gegend um Port McNeill quasi die Orca-Welthauptstadt ist. Nirgends auf der Welt kann man so verlässlich Orcas sichten als in der Telegraph Cove.«
Diese Garantie allerdings bezieht sich auf den Sommer. Sie sind theoretisch das ganze Jahr über hier anzutreffen, aber die Hauptsaison endet im September. Dann ziehen viele über den Winter Richtung Süden. Es ist mittlerweile Ende Oktober. Wir hoffen so sehr, dass sich einer zeigt und mit uns paddelt.
Nach 30 Minuten Fahrt über Stock und Stein rollen wir langsam in dem beschaulichen Hafendörfchen ein. Gerade einmal 20 Menschen leben hier dauerhaft. Aber auch von ihnen ist keine Spur. Es sieht aus wie ein Geisterhafen. Kein Mensch auf der Straße, keine Autos auf den Parkplätzen. Alle Boote liegen im Hafen. Niemand bereitet eine Bootstour vor. Wir realisieren langsam, dass hier „außerhalb der Hauptsaison“ heißt, dass es gar keine weitere Saison gibt und hoffen darauf, dass irgendeine kleine Orcafamilie noch nicht zum Sommerurlaub vor Kaliforniens Küsten ausgeflogen ist. Also paddeln wir raus aufs Meer. Raus in die Telegraph Cove. Beim reingehen kommt uns tatsächlich ein Mann mit einem Fernglas in der Hand über den Steg entgegen und berichtet, dass er gerade einen Buckelwal in der Ferne gesehen hat. Wir sind aufgeregter denn je. Die Knie sind ein bisschen weich. Jede Sekunde könnte ein Orca oder Wal direkt neben unserem Board auftauchen. Das Wasser ist tief und dunkelblau und der Himmel ist bedeckt – wir würden ihn also erst im letzten Moment wahrnehmen.
Mehrere Stunden paddeln wir entlang der rauen Küste und genießen den Blick auf die hohen Nadelbäume, raue Felsen und das weite Meer. Leider bleibt uns die Begegnung mit einem Orca verwehrt. Allerdings machen wir eine andere Bekanntschaft. Wir sind schon auf dem Rückweg in den Hafen. Sprechen schon darüber, was wir uns heute Abend zu essen machen wollen und dann passiert es. Direkt neben uns ein lauter und kräftiger Atmer. So laut, dass wir beide komplett zusammenzucken und Gott sei Dank nicht ins Wasser fallen! Es ist ein Stellersche Seelöwe. Und zwar ein richtiges Paket. Es handelt sich hier ganz offensichtlich um ein Männchen. Die werden bis zu 3 Meter groß und mehr als 1.000 Kilo schwer. Und dieser Kerl ploppt mit einem großen Schnauben neben uns auf, entgegengesetzt unserer Paddelrichtung, dreht sich halb auf den Rücken und schaut uns neugierig an während er schon wieder von dannen zieht. Wir zittern am ganzen Körper. Vor Freude, Aufregung und auch ein bisschen vor Respekt. Dieser Seelöwe war wirklich groß. Unsere Recherchen haben im Nachhinein ergeben, dass das auch gar nicht mal so ungefährlich war. Es handelt sich beim Stellersche Seelöwe nämlich um einen sehr aggressiven Zeitgenossen. Anders als sein Verwandter, der kalifornische Seelöwe, wird er deshalb auch nicht in Zoos gehalten. Da wird es uns nochmal kurz etwas mulmig. Aber dieser Steller Sea Lion war tatsächlich super entspannt und freundlich.
USA – Stand up Paddeln in der Wüste
Wer an den Südwesten der USA denkt, denkt sicher nicht als erstes an Wassersport. Klar, es handelt sich um eine rote Wüste mit skurrilen Felsformationen, die in der Sonne zu glühen scheinen. Um rote Hügel, die die Form einer Welle haben, mit Skorpione, Taranteln und Schlangen. Kurzum: keine besonders lebensfreundliche Umgebung und schon gar keine für eine Sportart, die naturbedingt vom Wasser lebt. Aber so viel sei gesagt: Wer suchet, der findet. Steht schon in der Bibel.
Wir haben im Vorhinein wahnsinnig viel gelesen und versucht herauszufinden, ob und welche Optionen es zum SUPen in Utah und Arizona gibt. Viel kam dabei nicht raus, aber die Bilder, die wir gesehen hatten, lassen uns voller Vorfreude in die Wüste starten. Unser erstes Paddle-Ziel ist klar: der Lake Powell. Ein Stausee, der allein durch seine schiere Größe beeindruckend klingt. Bei maximaler Stauseehöhe hat er eine Länge von sage und schreibe 299 Kilometern. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Seeumrundung werden wir wohl eher nicht machen. Das Gewässer hat die Form eines langen Schlauchs von dem zig verästelte Arme abgehen. In einem davon werden wir unsere erste Wüsten-Paddeltour wagen.
Es ist der südlichste Arm des Lake Powell und in diesem liegt der „Lone Rock“ und der dazugehörige „Lone Rock Canyon“. Und genau da wollen wir hin. Unsere Base schlagen wir für die nächsten drei Tage in Page auf. Der perfekte Ausgangspunkt für Tage voller Abenteuer in der Wüste. Nach einer sehr interessanten und aufregenden Fahrt mit unserem Gelände- aber nicht sandtauglichen SUV runter zum Lone Rock Beach – und schweißgebadet wieder hoch, zurück zum Parkplatz, tragen wir die SUPs am Ende gut 600 Meter runter zum Wasser. „Ich freu mich schon auf den Rückweg…“ denke ich mir während meine Neoboots immer wieder im feinen Sand versinken. Die ersten Paddelschläge auf einem See mitten in der Wüste sind surreal und gigantisch. Wie in einer anderen Welt. Es hat etwas von einer Mondlandschaft. Und da sitzt er.
»Inmitten des Wassers – der Lone Rock.«
Wie der Name schon vermuten lässt, ragt er alleine aus dem Wasser. Drumherum nichts außer Wasser. Ich bin sehr schlecht im Schätzen, aber ich vermute, er ist mindestens 20 Meter hoch. Wir paddeln geradewegs auf ihn zu und unsere Nacken werden immer steifer vom emporschauen. Das ist ein sehr imposanter Moment für uns. Wir paddeln zwei Mal um den Felsen um alle Seiten zu erfassen. Auf der Karte haben wir gesehen, dass es ganz in der Nähe des ‚Lone Rocks‘ auch den ‚Lone Rock Canyon’ gibt. Das lassen wir uns nicht entgehen und so paddeln wir Richtung Nordwesten.
In die letzte Verästelung des Lake Powell. Die Wasserstraße wird immer enger. Die Wände aus hellem Sandstein um uns herum kommen immer näher und werden immer höher. Irgendwann müssen wir uns die Frage stellen, ob wir noch weiter in den Canyon hineinfahren können. Denn man muss immer daran denken, dass man ja auch noch wenden muss. Und in so einem schmalen Canyon kann so ein SUP ganz schnell mal Eigenschaften eines wendenden LKW entwickeln. Unsere Boards sind 11’6“ lang – sprich 3,50 Meter. Und so breit muss die Schlucht schon noch sein um wenden zu können. Immer wieder wagen wir uns langsam immer tiefer hinein in den Canyon, der uns mit seiner stille und erhabenen Schönheit dem Atem verschlägt. Hier ist niemand außer uns. Je nach Wasserstand kann man hier weit in diesen Arm des Lake Powell fahren. Irgendwann wird das Wasser so flach und der Weg so eng, dass wir beschließen umzukehren. Glücklich und mit einem großen Grinsen im Gesicht. Unsere erste SUP-Tour in der Wüste hat unsere Erwartungen übertroffen.
Es ist der 16. November und die Sonne strahlt am Himmel von Arizona. Ein Blick auf den Wetterbericht zeigt uns: besser kann es nicht sein für unseren heutigen SUP-Trip, von dem wir schon lange geträumt haben! 18 Grad, kein Wind und sonnig. Es geht in den Antelope Canyon. Viele haben vermutlich schon von diesem beeindruckenden Ort gehört und Bilder von den schmalen Wegen die durch rote, wellenförmige hohe Wände führen gesehen. Und wenn die Sonne im Sommer ganz hoch steht, fällt ein Lichtstrahl direkt in den Canyon hinein. Als würde er direkt von ganz oben geschickt. Weniger bekannt ist, dass man den Antelope Canyon auch auf dem Wasserweg erkunden kann. Wir parken an der sogenannten ‚Antelope Point Launch Ramp‘.
Hier gibt es einen großen Parkplatz und eine breite Rampe runter zum Wasser, von der die Leute ihre Boote ins Wasser lassen. Ein perfekter Einstieg. Links rum geht’s los um die Kurve runter Richtung Süden. Etwa 2,5 Kilometer sind es bis auf der linken Seite ein Arm des Sees abgeht – da müssen wir rein. Hier beginnt der Antelope Canyon. Wir sind super aufgeregt und freuen uns wahnsinnig auf dieses Abenteuer. Anfangs ist der Arm noch verhältnismäßig breit. Mit jedem Meter, den wir weiter, tiefer in den Canyon paddeln wird er schmaler. Diese roten, hohen und schroffen Felswände um uns herum wirken surreal. Wie aus einer anderen Welt. Für uns Mitteleuropäer ist diese Landschaft einfach super exotisch und das Gehirn macht pausenlos Freudentänze, ob des neuen Inputs. Wir hören nichts außer unseren Atem, unsere Paddelschläge und vielleicht mal ein freundliches Echo wenn wir lachen. Es ist Nebensaison und das merkt man deutlich. Wir treffen auf der ganzen Tour nur zwei Paddelboarder und zwei Kajaker. Der Antelope Canyon schlängelt sich gut 3 Kilometer ins Landesinnere hinein. Er ist übrigens an jeder Stelle breit genug um zu wenden. So gleiten wir über die glatte Wasseroberfläche, unter uns entdecken wir immer wieder kleine Fischschwärme, die uns zu begleiten scheinen. Grünes Seegras wiegt in der Strömung unter unseren Füßen. Es ist Frieden pur und gleichzeitig großes Abenteuer. Ganz am Ende des Canyon wird das Wasser immer flacher und die Schlucht immer enger. Fast setzen wir mit unseren Finnen auf. Hier könnte man jetzt das SUP liegen lassen und noch ein Stück weiter in den Canyon wandern. Leider haben wir keine Schuhe dabei. Das ist aber nicht schlimm. Wir sind sowieso total überwältigt von dieser Tour.
Am dritten und letzten Tag in Page wartet die Krönung eines jeden Paddel-Traums auf uns. Wir machen eine SUP-Tour auf dem sagenumwobenen Colorado River. Jeder hat nun vermutlich erstmal Bilder von Stromschnellen und Wildwasser im Kopf, aber es gibt einen Teil auf dem 2.333 Kilometer langen Fluß, der recht ruhig fließt und halbwegs gut zu erreichen ist. Auch wenn das Ganze mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Denn man kann leider nicht eben mal mit dem Auto zum Ufer fahren, die Boards aufpumpen und los starten. Vor diesem Tag auf dem Colorado River liegen also erstmal Tage der Recherche. Die einzige Möglichkeit, eine Tour auf dem ruhigen Teil des Flusses zu machen ist, sich ein Boot zu chartern, das einen flussaufwärts fährt. Eine Alternative gibt es nicht. Und wir befinden uns, wie bereits erwähnt, in der Nebensaison. Was wiederum heißt, dass kaum noch jemand einen sogenannten „back haul“ anbietet. Schlussendlich, nach zig Emails und Telefonaten, finden wir einen gnädigen, sehr netten Menschen, der uns morgens um 10 Uhr knapp 20 Kilometer den Fluss hinauf fährt. Wir sind super aufgeregt und gespannt was uns erwartet.
»Kein Handyempfang, keine anderen Menschen, ein wilder Fluss mitten in der Wüste – das verspricht ein absolutes Abenteuer zu werden.«
Wir schnallen die Boards auf das kleine Boot von Captain Bob und genießen die Fahrt flussaufwärts. Dabei sehen wir schon, dass es durchaus auch Stellen gibt, an denen man vorsichtig sein muss. Ein Fluss ist immer noch ein Fluss. Das bedeutet, man muss immer auf Stromschnellen, Steine und Kehrwasser achten. Einige Kilometer oberhalb des weltberühmten Horseshoe Bend setzt uns unser Captain ab, dreht sein Boot und verschwindet langsam wieder flussabwärts. Nun sind wir hier ganz auf uns allein gestellt. Auf geht’s! Die ersten Meter sind ungewohnt und aufregend – durch die Algen, die satt grün in der Strömung liegen, sieht man gut, dass eine Fließgeschwindigkeit 6 kmh gar nicht so wahnsinnig langsam ist. Man hat das Gefühl zu fliegen – ohne das Paddel nur einmal ins Wasser zu stechen, bewegt man sich ziemlich schnell fort. Aber absolut machbar. Jeder, der sicher auf einem SUP steht und den Fluss ein bisschen lesen kann, kommt da ohne Probleme durch. Nach kurzer Zeit nähern wir uns dem Horseshoe Bend. Hier verläuft der Colorado River in Form einer großen Kurve um einen riesigen rötlichen Sandstein, der von oben betrachtet, aussieht wie der Fuß eines Pferdes. Das Bild vom Aussichtspunkt in der Nähe des Highway 89 kennen vermutlich viele. Mit dem SUP durchgepaddelt sind bislang die wenigsten. Eine Gänsehaut macht sich auf unseren Körpern breit als wir uns noch einmal bewusst machen, was wir da eigentlich gerade tun. Wir paddeln durch den Horseshoe Bend auf dem Colorado River.
Der Satz „Once in a Lifetime Experience“ fällt mir da nur ein. Vor lauter Staunen dürfen wir nicht vergessen, den Fluss zu beobachten. Am Ende der Kurve kommt eine kleine Stromschnelle. Man sieht von weitem das das Wasser aufgewühlt ist, schneller fließt und dass es kleine Schaumkrönchen hat. Wir gehen locker in die Knie. Konzentration ist gefragt, wir müssen die Richtung mit dem Paddel immer wieder ein bisschen korrigieren und schon sind wir durch. Wir belohnen uns ein paar Kilometer später bei der nächsten großen Kurve mit einer leckeren Brotzeit, die wir uns morgens noch geschmiert haben. So sitzen wir in der Sonne, um uns herum die dunkelroten Sandsteinwände, die über hundert Meter in den Himmel ragen, der Fluss zu unseren Füßen und wir sprechen darüber, dass wir von dieser Tour ganz sicher unseren Enkelkindern einmal erzählen werden. Nach fast 5 Stunden kommen wir wieder an unserem Startpunkt an. Das Grinsen auf unseren Gesichtern scheint sich hier im Südwesten der USA eingemeißelt zu haben.
Hawaii – zwischen wilden Delfinen, Schildkröten und SUP-Surfen
Auf diesen Teil freuen wir uns ganz besonders. Hawaii soll unverwechselbar und unbeschreiblich schön sein. Der Aloha State besteht aus acht Hauptinseln. Vier davon wollen wir besuchen. Auf der ersten Insel Big Island kommen wir aufgrund des Windes und des scharfkantigen Vulkangesteins leider nicht zum SUPen – dafür aber erleben wir unvergessliche Stunden am ‚Two Step Beach‘, der an der Westküste der Insel liegt. Wir haben das seltene Glück mit hunderten wilden Delfinen zu schwimmen, die einfach so in der Bucht vorbeikommen. Fast zwei Stunden schwimmen sie um uns herum. Einige Tage später an der Ostküste warten dann sogar uralte, riesige Schildkröten auf uns und laden uns zum schnorcheln ein. Zum SUPen war Big Island für uns nicht perfekt, aber was seltene und unvergessliche Begegnungen mit freundlichen Meeresbewohnern angeht, war es mehr als das.
Maui. Diese Insel wird für uns immer mit einem Laid-Back-Gefühl und SUP-Surfen verbunden sein. Wir verbringen acht Tage hier. So lange waren wir auf dieser Weltreise noch nie an einem Ort. Wir haben uns für unsere Base den Westen der Insel ausgesucht. Hier sollen die Wellen zu dieser Jahreszeit gut für Anfänger sein. Im Gegensatz zur Nordseite der Insel. Hier finden zu dieser Zeit die Big Wave Meisterschaften am weltbekannten Surfspot Jaws statt. Die Wellen hier werden gut und gerne mal bis zu 20 Meter hoch. Nichts für uns. Wir finden an einem Surfspot, ein paar Kilometer von unserer Unterkunft entfernt in Kihei, die perfekten Wellen für uns. Er heißt Kalama Beach und die Wellen hier sind klein (maximal 1 Meter) und das Wasser ist warm. Paddelt man rechts vom Strand aus, kommt man direkt in die Wellen. Paddelt man allerdings links raus, ist das Wasser flach. Der ideale Spot um sowohl Flachwasser Touren entlang der Küste zu machen, als auch kleine Wellen zu reiten. Wir starten mit einer wunderschönen SUP-Tour entlang der Küste. Wir kommen vorbei an wunderschönen, großen Palmen, rauen Lavafelsen, traumhaften Stränden und wir gleiten über glitzernde Riffe. Nach einigen Kilometern Flachwasserpaddeln juckt es uns nun in den Füßen. Wir wollen in die Welle. Und so paddeln wir zurück zum Ausgangspunkt und wagen uns hinein.
Rob kriegt die erste Welle und reitet einige Meter auf ihr. Spätestens ab dem Moment sind wir nur noch happy. Mit einem lauten „Woohooo“ nehme ich meine erste Welle, falle am Ende ins Wasser und erschrecke ein wenig, als ich ein kleinen Gesicht aus einem Meter Entfernung anschaut. Es ist eine Schildkröte, die offenbar mit mir die Welle genommen hat. Sie schaut mich interessiert an und taucht wieder weg. Das soll uns heute noch einige Male passieren. Die Schildkröten sind hier heimisch und scheinen ihren Spaß mit den Surfern zu haben. Wieder ein unvergessliches Erlebnis. Aufpassen müssen wir hier an dem Spot aber beim ins Wasser fallen. Das Wasser ist nicht besonders tief und es gibt viele Seeigel und einige Steine. Besonders bei Ebbe muss man auf die Steine achten.Mit SUP-Surfen in Kihei verbringen wir fast unsere komplette Zeit auf Maui – und lieben es. Wir wollen gar nicht mehr weg. Hätten wir gewusst, was uns auf der nächsten Insel erwartet, wären wir geblieben.
Wir steigen bei bestem Wetter und dem Surfergefühl im Gepäck in den Flieger und freuen uns auf die grünste hawaiianische Insel: Kaua’i. Ihr Spitzname ist „Garteninsel“. Den verdankt sie den ausladenden Regenwäldern die einen großen Teil der Insel bedecken. Bekannt ist die Insel aber vor allem durch die unverwechselbare Napali Küste im Nordwesten des Archipels. Über 25 Kilometer erstrecken sich die schroffen, grünen, zerklüfteten Berge steil am Meer entlang. Doch leider bleibt es uns verwehrt all das zu sehen. Das Wetter durchkreuzt all unsere Pläne. Wir hatten uns wahnsinnig viel vorgenommen. An der Napali Küste wandern, SUP-Surfen im Süden der Insel, den Waimea Canyon erkunden, eine Bootstour mit Delfinen und Helikopter fliegen. Doch davon soll gar nichts stattfinden. Schon als wir landen gießt es wie aus Eimern.
Es ist der 19. Dezember. Kurz vor Weihnachten, und wir bleiben bis zum ersten Weihnachtsfeiertag. Weihnachten hatten wir uns mit einem Cocktail in der Hand unter einer Palme am Sandstrand vorgestellt. Stattdessen sitzen wir in unserer Unterkunft, die durch den Regen sogar langsam feucht wird, essen Cheesecake und schauen amerikanische Weihnachtsfilme. Auch schön, aber so hatten wir uns das alles nicht vorgestellt. Und es ist nicht nur ein bisschen Regen – es ist so heftig, dass sie das Fernsehprogramm immer wieder unterbrochen wird um Warnmeldungen am unteren Bildschirmrand durchlaufen zu lassen und sogar vorzulesen. Vor Sturzfluten, Erdrutschen und heftigen Sturmböen wird gewarnt. Bis auf einen halben Tag regnet es durchgehend. Aber diesen nutzen wir. Wir machen eine SUP Tour auf einem Fluss durch den Dschungel. Zwar hängen noch dicke Wolken am Himmel, aber der Wailua River an der Ostküste der Insel erwartet uns schon mit sattgrünen Bäumen und Pflanzen. Dazu singen tropische, bunte Vögel ein Willkommenslied für uns. Unsere Stimmung steigt allmählich. Wir fahren den Fluss so weit es geht stromaufwärts. Die Fließgeschwindigkeit ist sehr gering und es ist ohne Probleme möglich gegen den Strom zu paddeln. Etwa 12 Kilometer sind wir am Ende unterwegs. Entlang an dichtem Regenwald, vorbei an steilen Hängen, grasenden Büffeln, unter tiefhängenden Ästen durch. Glücklich, dass wir noch irgendetwas unternehmen konnten, verlassen wir Kaua’i (fast) unverrichteter Dinge nach sieben Tagen wieder.
Die vierte und letzte Insel ist O’ahu. Eine schöne Insel, die in Ansätzen, durch die beeindruckend grünen und zerklüfteten Berge der Ostküste, an Kaua’i erinnert. Wir haben nur zwei Tage eingeplant, weil O’ahu die touristischste Insel ist und uns Honolulu zu sehr wie Disneyland ist. Allerdings wollen wir uns die Profi-Surfspots an der North Shore anschauen und von Norden nach Süden die Ostküste entlangfahren. Leider müssen wir das alles an einem Tag machen, denn in unserer Unterkunft gibt es ein Problem mit dem Abwasser. Am ersten Morgen stehen wir bis zu den Knöcheln im Wasser. Das Ende unseres Hawaii-Trips war unterm Strich etwas nervenaufreibend.
Die richtigen Boards für Flachwasser und kleine Wellen
Das richtige Board für so eine Reise zu finden, war nicht leicht. Wir wollten SUPs, die gut geradeaus laufen für lange Touren auf dem See. Sie sollten aber gleichzeitig noch in der Welle Spaß machen. Unsere Entscheidung fiel auf den ‚Ray Air Premium‘ von Fanatic. Ein Tourenboard mit einer Länge von 11’6“ und einer Breite von 31“. Es war die richtige Entscheidung. Auf Flachwasser ist er perfekt und auch in kleinen Wellen hat man Spaß.
Neuseeland – ein Paradies für jeden SUP-Abenteurer
Wer das Wort Neuseeland hört, der hat sofort die unendlichen Weiten, die üppige Natur, hohe Berge, brodelnde Vulkane und schroffe Küsten im Kopf. Dieses Land lockt mit allem, was sich ein Abenteurer-Herz nur wünschen kann. Und für jedes SUPer-Herz gibt es noch ein Sahnehäubchen obendrauf. Denn Neuseeland verfügt nicht nur über atemberaubende Küsten, die ihres Gleichen suchen, sondern auch über die beeindruckendsten Seen, die man sich nur vorstellen kann. Wer vor der Frage steht: Südinsel oder Nordinsel? Den müssen wir leider enttäuschen. Das ist leider keine Entweder-oder-Frage.
Die Südinsel hat so viele fantastische Seen zu bieten, dass ich sie hier nicht alle ausführlich beschreiben kann. Somit konzentriere ich mich auf die absoluten Highlights. Auch wenn es mir um den Rest leid tut. Der See unserer schlaflosen Nächte ist unbestritten der Lake Pukaki auf der Südinsel Neuseelands. Er liegt ca. 300 Kilometer südwestlich von Christchurch entfernt und ist jeden einzelnen Kilometer wert. Die Farbe verschlägt uns den Atem als wir nach einer fast fünf-stündigen Fahrt am späten Nachmittag ankommen. Er ist helltürkis – ein sehr milchiges türkis. Diese Farbe schenkt ihm der erhabene Mount Cook, der direkt hinter ihm zu thronen scheint. Durch feine Partikel, die vom Wasser am Gletschergrund abgetragen werden, entsteht die sogenannte Gletschermilch, und diese ergibt die unverwechselbare, dichte Farbe. Hier müssen wir paddeln. Wir quartieren uns in der Nähe ein, haben drei Tage Zeit um das Projekt umzusetzen. Und das ist auch gut so. Denn wir ahnen noch nicht, dass uns der Wind hier ganz schön zu schaffen machen wird. Versuch Nr.1 scheitert aufgrund des Windes und der bedrohlich hohen Wellen, die dadurch auf dem See entstehen. ‚Wow, hier könnten wir fast Wellenreiten‘ denken wir. Auch an Tag zwei ist es zu windig.
Es ist der dritte uns letzte Tag in der Gegend um Lake Pukaki. Wir schlagen die Augen früh morgens auf und noch bevor wir uns den Sand aus den Augen gerieben haben, studieren wir die Wettervorhersage für heute auf unseren Handys. Und siehe da: der Wind scheint nachgelassen zu haben. Wir freuen uns vorsichtig. Die letzten zwei Tage wurden wir schließlich immer wieder von der Diva unter den Seen enttäuscht. Wir packen unsere Taschen und machen uns erneut auf den Weg zum letzten Versuch auf dem Lake Pukaki zu paddeln. Und heute soll unser Traum wohl endlich wahr werden! Wir erreichen das Südende des Sees, an dem wir nun zum dritten mal stehen, und können es kaum glauben: es windet ein wenig, aber es ist absolut paddelbar! Wir freuen uns wie zwei Schnitzel und wollen nur noch auf die Bretter. Nun heißt es aber erstmal – einen guten Stellplatz finden, an dem wir A) gut ins Wasser einsteigen können und B) uns nicht mit etlichen Touristen herumschlagen müssen.
»Unser Tipp: nicht am Fotopoint parken und einsteigen.«
Hier ist der Blick auf den Mount Cook zwar fantastisch und er liegt auch direkt an der Straße. Für jeden, der nur schnell ein Foto machen will, ist das wunderbar. Für diejenigen, die hier aber Zeit verbringen wollen und Ruhe und Einsamkeit vorziehen, für die lohnt es sich weiter zu fahren.
Wir fahren also Richtung Ostufer auf der „großen“, befestigten Straße, bis die Straße eine Kurve macht und vom See wegführt. Ab da geht es weiter auf einer Art Feldweg. Wir fahren immer weiter, gut 10 Kilometer am Wasser entlang. Der Feldweg geht über eine Schotterstraße. Irgendwann geht links ein kleiner Weg Richtung Wasser ab – das sieht gut aus. Hier im nirgendwo finden wir unseren perfekten Platz um unsere so lang ersehnte Paddeltour auf dem Lake Pukaki anzutreten. Über graue, rundgewaschenen Steine steigen wir hinunter zum Wasser, lassen die SUPs in das mysteriös türkisfarbene Wasser sinken, krabbeln aufs Board, stehen auf, heben den Blick und da ist er, direkt vor uns und schaut zu uns herab: der Mount Cook. Mit 3.427 Metern ist er Neuseelands höchster Berg. Hier zu paddeln ist, völlig irre. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Hochglanz-Naturdoku gleiten. Eine von denen, bei denen man sagt: „Da will ich auch hin! Sofort!“ Alleine, das Paddel ins Wasser zu stecken und die Blade nicht mehr sehen zu können, weil das Wasser so milchig ist, ist faszinierend. Wir gleiten am Ostufer entlang – ein paar Kilometer Richtung Norden, ein paar in die entgegengesetzte Richtung. Bis hin zu einer kleinen Insel im See. Leider können wir nicht anlanden, da sie rundrum aus steilen Wänden besteht. Der Wind nimmt zu und so paddeln wir nach einigen Stunden langsam wieder zurück zu unserem idyllischen Platz im Nirgendwo, hängen unsere Hängematte zwischen zwei hochgewachsenen Bäumen auf, essen unsere Brotzeit, bis dann auch unser alter Freund wieder mit geballter Kraft zurückkehrt. Man ahnt es schon – sein Name ist Nordwind.
Lake Wakatipu ist einer der klarsten Seen, die wir je gesehen haben. Das Wasser ist kalt, glasklar und hat eine tolle blaue Farbe. Rundherum stehen hohe, grüne Berge. Sie scheinen von Moos und Gras bewachsen zu sein. Nach knapp 15 Minuten Fahrt von Queenstown aus Richtung Westen finden wir einen Platz mit zwei Bäumen für unsere Hängematte, direkt am Wasser. Das ist der Jackpot. Wir haben uns einen Campingkocher und eine Matratze gekauft um auch mal die Möglichkeit zu haben, am See oder Strand zu essen oder gar zu schlafen. Aber bevor wir ans Essen oder Schlafen denken, machen wir unsere Boards startklar und erkunden den Lake Wakatipu. Wir fahren 6 Kilometer an der schroffen Küste entlang Richtung Queenstown. Die rauen Felsformationen und Klippen sind atemberaubend. In einer kleinen Bucht legen wir an und machen ein kleines Picknick. In unseren großen Drybags haben wir alles dabei. Es ist so ein Moment, den man ganz tief einsaugen will.
Er ist bis zu 300 Meter tief und zählt zu den regenreichsten Gebieten der Welt – der Milford Sound. Der wohl bekannteste Fjord in Neuseeland liegt im Südwesten der Südinsel und ist nicht besonders einfach zu erreichen. Von Te Anau, dem letzten Örtchen, bevor die Zivilisation und das letzte schwache Internetsignal endet, sind es ca. 2 Stunden reine Fahrzeit bis zum Fjord. Die Straßen sind schmal und kurvig. Man muss einen einspurigen Tunnel passieren, in dem es dunkler und nasser kaum sein könnte und am Wegesrand warten spektakuläre Landschaften. Türkisfarbene Flüsse, weite Ebenen mit hohen Bergen drumherum, dichte Wälder und fantastische Lookouts, die einem das Gefühl geben mitten in einem Herr der Ringe Set zu stehen. Also mit Pausen kann man gut und gerne 3 Stunden rechnen. Wie bereits erwähnt, kann man am Milford Sound mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es regnen wird. Doch Petrus meint es gut mit uns – scheinbar haben wir auch für seinen Geschmack schon genug Regen auf Kauai/Hawaii abgekriegt. So kommen wir in den seltenen Genuss von Sonne und teilweise blauem Himmel am Milford Sound. Natürlich haben wir unsere SUPs schon im Anschlag und können es kaum erwarten im Fjord paddeln zu gehen. Viele Menschen haben das vorher ganz offensichtlich nicht getan. Im Internet lassen sich kaum Erfahrungsberichte finden. So müssen wir hoffen, dass alles klappt.
Wir beschließen an der Milford Sound Marina zu starten. Die liegt geschützt und man hat vor allem erst einmal Ruhe vor den großen Ausflugsschiffen, die den 14 kilometerlangen Fjord entlang ganz raus bis zum offenen Meer fahren. Das es hier kaum Stand up Paddler gibt, merken wir auch an der etwas ungläubigen Reaktion der Kajak-Touranbieter. Sie haben keine Ahnung ob es überhaupt erlaubt ist, hier mit einem SUP und ohne Walkie Talkie rauszufahren. Die Leiter der Kajaktouren sind stets mit den Ausflugsschiffen in Kontakt, so dass sie nicht mal aus Versehen von einem Schiff übersehen werden. Das klingt ein bisschen beängstigend. Und ob wir eine Genehmigung brauchen, kann man uns auch nicht genau sagen. Wir beratschlagen und fahren kurzerhand zum Checkpoint an der großen Marina. Hier kann man uns doch sicher helfen. Naja, leichter gesagt als getan. Inflatable SUPs sind hier alles andere als bekannt. Schlussendlich erlaubt man uns unsere Spritztour. Gott sei Dank! Für uns wäre eine Welt zusammengebrochen, hätten wir nicht starten dürfen. Nichts wie ab aufs Wasser! Die Landschaft trifft einen vom Wasser aus noch einmal mehr mit all ihrer Schönheit. Umgeben von den unglaublich grünbewachsenen und hohen Bergen realisiert man plötzlich wie klein man doch eigentlich ist und wie groß und mächtig Mutter Natur sich hier zeigt. Nicht umsonst zählt er, mit samt dem Fiordland Nationalpark, zum UNESCO Weltnaturerbe.
Zu einem absoluten Gänsehaut-Moment wird die Tour spätestens als sich der Blick auf die Bowen Falls eröffnet. Er ist mit 161 Metern Fallhöhe der höchste Wasserfall im Fjord. Es ist ein unglaubliches Getöse wenn diese Wassermassen in der Nähe ihren Weg nach unten finden. Was wir aufgrund der sehr rar gesäten Erfahrungsberichte nicht vorher wussten: der Wind dreht hier wie ein Uhrwerk ab 12 Uhr mittags von Süd- auf Nordwind. Dazu muss man sagen: Nordwind ist hier in unserem Fall gut. Denn er treibt einen quasi immer wieder zurück in die geschützte Bucht und zum Parkplatz, wobei der Südwind einen im schlimmsten Fall Richtung offenes Meer treibt. Und wenn der Wind richtig auffrischt, was er gerne mal tut, und einen die Kräfte verlassen, kann das unschön enden. Der nette Mensch von der Kajak-Tour hat uns das beim Ablegen noch zugerufen. Wir reizen es bis zum Schluss aus und machen uns mit mit letzter Kraft und Gegenwind auf den Rückweg. Wer hier die Möglichkeit hat und sein eigenes SUP dabei hat, sollte hier unbedingt paddeln gehen.
Übernachtungsinfo + Campingequipment
Da es am Milford Sound nur ein einziges überteuertes Hotel und nur einen Campingplatz gibt, auf dem man weder Zelten noch im Auto übernachten darf, haben wir uns für einen einfachen Campground auf halbem Weg zurück in die Zivilisation nach Te Anau entschieden. Für unsere Nacht im Auto auf dem „Cascade Creek“ waren wir ausgestattet mit:
1 x Luftmatratze
2 x Schlafsäcke für mittlere Temperaturen
1 x Campingkocher
1 x Topf
2 x leichtes Campinggeschirr
1 x kleines Campinglicht
1 x Kühltasche
Ausreichend Wasser zum Trinken und Kochen
Nach mehr als drei Wochen auf der Südinsel Neuseelands und einer beängstigenden und wellenreichen Fahrt mit der Fähre kommen wir auf der Nordinsel an. Es gibt einen Ort auf der Nordinsel Neuseelands, den ich als versteckten Diamanten beschreiben würde. Ein Ort, der nicht auf der üblichen Reiseroute von Wellington nach Auckland oder noch nördlicher liegt: Die Coromandel Peninsula. Die Halbinsel liegt im Nordosten der Insel – ca. 55 Kilometer entfernt von Auckland. Für diese lächerlichen 55 Kilometer braucht man allerdings, wie meistens in Neuseeland, deutlich länger als man denkt. Google Maps sagt 2 Stunden 30 Minuten. In Wahrheit dauert es aber immer länger. Es ist also eine gewichtige Entscheidung ob man den Umweg auf sich nimmt. Wir tun es und werden es keine Sekunde bereuen!
»Bei unserer Recherche über die Nordinsel Neuseelands sind wir auf eine Gegend gestoßen, die eher nach Karibik aussieht, als nach rauem Neuseeland.«
Als wir die Cathedral Cove entdeckten, war es sofort um uns geschehen. Wir wussten: da müssen wir paddeln gehen! Da führt kein Weg dran vorbei. Das Herzstück dieser Location ist der natürlich entstandene Felsbogen der sich an einem feinem, weißen Sandstrand erhebt. Klingt toll – das Abenteuer kann losgehen. Allerdings ist die Cathedral Cove nicht einfach mit dem Auto zu erreichen. Offiziell gelangt man über einen Wanderweg dort hin, für den man mindestens eine Stunde braucht. Die SUPs dort hin zu tragen ist keine Option. Wir haben auch eine viel bessere Idee: Wir suchen uns den nächstgelegenen Strand aus, an dem ein Parkplatz ist, steigen dort ein und paddeln an der Küste entlang bis zur Cathedral Cove. Das sind ca. 2,5 Kilometer auf dem Meer an der Küste entlang. Der Wind passt bis zum Nachmittag, die Sonne scheint, es hat angenehme 27 Grad. Perfekte Bedingungen warten auf uns. Am Hahei Beach steigen wir ein und es folgen die besten 2,5 Kilometer die wir je gepaddelt sind. Die Küstenlandschaft ist schroff. Geprägt von zartgelbem Sandstein, verknubbelten Bäumen und hohen Klippen. Wir genießen jeden einzelnen Paddelschlag. Der Weg führt entlang an vier irre schönen Buchten. Die erste, die wir passieren ist die naturbelassene, steinige Glemstone Bay. Die zweite nennt sich Stingray Bay – und das nicht ohne Grund. In dieser recht flachen, sandigen Bucht können wir die Rochen durch das glasklare Wasser direkt unter unseren Boards herum schwimmen sehen. Ein unglaublich friedlicher Ort, den man nicht schöner malen könnte. Eine Bucht weiter kommt man in die südliche Bucht der Cathedral Cove. Man kann schon ein bisschen erahnen was uns erwartet. Vorher erkunden wir aber noch geheimnisvolle Höhleneingänge und Steinformationen. Durch den etwas zunehmenden Seegang können wir nicht ganz nah ran oder gar rein, aber auch so ist es schon mehr als beeindruckend. Wir fahren wieder raus aus der Bucht aufs offene Meer um dann gleich nach dem nächsten Felsen wieder abzubiegen in die Bucht, an der man die Cathedral Cove am besten sehen und entern kann. Mit einer kleinen Welle lassen wir uns an Land spülen. Was wir hier sehen ist unbeschreiblich schön. Links und rechts des Felsbogens rauscht das türkisfarbene Wasser und wenn man in die Cove hineingeht bekommt man die perfekte Perspektive: dann sieht man den Bogen und dahinter den beeindruckenden Te Hoho Rock und das farbenintensive Wasser. Ein atemberaubend schöner Ort und ein absolutes Abenteuer.
Wir sind komplett im Explore-Modus. So entdecken wir auf der Suche nach einem weiteren SUP Spot einen noch relativ unbekannten Ort auf der Coromandel Peninsula. Die Einheimischen nennen ihn Whenuakura Island auch bekannt als Donut Island. Es handelt sich um eine von vier kleinen Inseln, die ungefähr einen Kilometer vor dem Whangamata Beach auf der Ostseite der Halbinsel liegen. Bis vor ein paar Jahren war er noch ein Geheimnis unter den Locals. Auch heute ist er Gott sei Dank noch nicht überlaufen. Man kann hier geführte Touren mit dem Kajak oder einem SUP machen. Und tatsächlich auch nur mit diesen zwei fahrbaren Untersätzen. Denn Donut Island ist das Überbleibsel eines Vulkankollapses, bei dem sich eine Insel gebildet hat, die in der Mitte hohl ist – von oben aus betrachtet, sieht sie aus wie ein Donut. Daher auch der Name. Und in dieses Innere kann man nur durch eine sehr schmale Öffnung gelangen. Da passen definitiv nur kleine, schmale und gut lenkbare schwimmende Beförderungsmittel durch, wie wir noch am eigenen Leib ziemlich beeindruckend erleben werden. Man muss hier wissen: Die Strecke bis hin zur Insel ist mit ca. einem Kilometer nicht besonders weit. Allerdings fährt man hier auf dem offenen Ocean. Heißt konkret: nicht am Ufer entlang sondern raus aufs offene Meer. Im Internet wird empfohlen, mit einem Guide rauszufahren – die kennen die Einfahrt zur Höhle natürlich am besten. Da wir selbst über die Zeit bestimmen wollen, die wir in der Insel verbringen, beschließen wir alleine zu fahren und vorher aber mit den Jungs zu sprechen, die diese Touren anbieten. Sie erklären uns, dass es am besten ist bei Flut zu fahren, da sonst zu wenig Wasser in der Insel ist und man zu leicht aufsetzen könnte. Ein guter Tipp, den wir natürlich beherzigen. Wir checken wann genau Flut ist und machen uns langsam bereit. Leider frischt auch der Wind heute mit steigender Tide auf. Unsere Zeit auf der Coromaldel ist langsam zu Ende und so haben nur diesen einen Tag, an dem die Tour stattfinden kann. Wir überleben kurz, schauen uns nochmal die Wetterdatenlage an und trauen es uns zu. Zum einen, weil wir erfahrene Paddler sind und zum anderen, weil es sich um onshore Wind handelt. Also auflandiger Wind, der vom Meer zur Küste bläst. Könnten wir also nicht mehr aus eigener Kraft paddeln, würde uns der Wind definitiv zum Strand zurück treiben. Anderenfalls wäre unsere Tour jetzt wohl schon beendet. Denn aufs offene Meer herauszufahren mit offshore Wind, der einen auf den Ozean raus treibt, kann richtig gefährlich werden. Also hier immer sehr gut die Wetterlage checken!
Als wir aufbrechen bewahrheitet sich der Wetterbericht. Der Wind frischt auf, die Wellen werden größer und leider ziehen auch einzelne Wolken auf, die das Wasser sehr dunkel machen. Was für mich beim überqueren des offenen Ozean irgendwie ein Problem werden kann. In diesem Moment muss ich an einen Hai-Angriff denken, der vor einigen Jahren genau hier passiert ist. Ein Weißer Hai hat einen Kajakfahrer offenbar mit einer Robbe verwechselt. Es ging nicht gut aus für den Kajakfahrer. Solche Gedanken sind in so einem Moment ziemlich kontraproduktiv. Ich versuche mich auf das ausbalancieren der Wellen zu konzentrieren und mit Rob zu quatschen. Der allerdings auch hochkonzentriert damit beschäftigt ist, die Wellen auszugleichen und nicht ins Wasser zu fallen. Nach ca. 30 Minuten und einigen Schweißausbrüchen nähern wir uns endlich dem Eingang von Donut Island. Und wow – das wird eine Challenge! Da der Eingang vom Strand aus gesehen auf der rechten Seite der Insel liegt, muss man quer zur Welle in die enge Höhle einfahren. Und sie ist nicht nur eng, sondern sie besteht auch aus schroffen Felsen. Mit einem aufblasbaren SUP dort irgendwo dranzukommen wäre fatal. Der Wellengang ist echt hoch und macht uns zu schaffen. Wir fahren einen Bogen um genügend Abstand zu den Felsen aufzubauen, die zum Eingang hinführen. Uns stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Es ist ein einziges ausgleichen und das mit großem Getose um einen herum. Denn die Wellen schlagen natürlich mit Wumms an die Außenseite der Insel. Augen auf und durch! Wir schaffen es tatsächlich unbeschadet ins Innere von Donut Island. Und das war es wert! Uns eröffnet sich eine unglaubliche Parallelwelt. Wir befinden uns in einer hohlen Insel, die in der Mitte mit türkisfarbenem Wasser gefüllt ist. Die Insel selbst besteht aus schroffem sandfarbenem Gestein und ist mit wilden, verästelten Bäumen bewachsen. Sie wachsen teilweise senkrecht aus den Felsen heraus. Das Betreten der Insel ist übrigens streng verboten. Sie ist ein Naturschutzgebiet und deshalb besonders geschützt.
Während wir die Umgebung um uns herum bestaunen, müssen wir allerdings stets wachsam sein. Denn die Wellen, die um die Insel herum tosen, kommen natürlich – wenn auch in abgeschwächter Form – in das Innere herein. Heißt: immer genug Abstand zu den Wänden halten und nicht schräg zur Welle stehen wenn sie rein schwabbert. Dann steht der Rückweg an. Hierbei ist das Herausfahren aus der Höhle noch einmal knifflig, aber wir meistern auch das unbeschadet. Dann geht es mit Rückenwind und ein paar Sonnenstrahlen zurück zum Strand. Fazit: wenn das Meer ruhig ist und es windstill ist, können auch Anfänger die Tour problemlos machen. Andernfalls ist das nur was für erfahrene Paddleboarder.
Australien – das Land der Hitze und der Haie
Die australische Hitze trifft uns bei unserer Ankunft in Brisbane wie ein Schlag. Es hat gute 40 Grad und die Sonne knallt vom Himmel. Die nächsten Wochen könnten ein bisschen anstrengend werden denken wir uns. Wohlwissend buchen wir uns in Australien ausschließlich Unterkünfte mit Klimaanlage. Anders kann man hier nicht überleben. Unser erster australischer SUP Spot in Down Under ist in Byron Bay. Ein kleines, verschlafenes Surferdörfchen an der Ostküste Australiens, ca. 170 Kilometer südlich von Brisbane. Hier wollen wir uns mal wieder in die Welle stürzen und SUP-Surfen. Byron Bay zeichnet sich durch seine weitläufige, kilometerlange Bucht aus in der es super viele tolle Surfspots gibt. Für Anfänger als auch für Fortgeschrittene und Profis. Wir suchen uns einen Anfänger-Spot aus – den Clarks Beach. Er liegt am südlichen Ende der Bucht und hat wunderschön gleichmäßig einlaufende Wellen zu bieten. Und: wir hoffen auf Delfine! Byron Bay ist unter Surfern bekannt dafür, dass man hier Delfine sehen kann oder gar mit ihnen zusammen Wellenreiten kann. Wir parken am sogenannten Captain Cook Lookout, an dem es eine Treppe runter zum Strand gibt. Wir tragen unsere großen SUPs runter zum Strand und sehen schon die ganzen Surfer im Wasser. Leash an und ab ins Wasser.
Und dann passiert das unvorstellbare! Wir sind kaum im Wasser, haben es gerade erst so halb über die Brandung geschafft und plötzlich sind sie da: Delfine!
Zwei toben um uns herum. Erst sehe ich eine Finne ein paar Meter entfernt von Robs Board. Ich rufe im zu „Oh mein Gott! Delfine!“ In dem Moment hoffe ich noch, dass es tatsächlich Delfine sind und kein Hai. Aber in der nächsten Sekunde sehe ich eine weitere Finne aus dem Wasser schauen und kann erkennen, dass sie sichelförmig gerundet ist – also eindeutig sind es Delfine. Wir können es kaum glauben. Sie fetzen an uns vorbei in Richtung Welle. Es ist unglaublich: in einem Affenzahn nehmen sie die Welle bis ganz vor an den Strand, wo sie dann auf dem Sand bricht. So nah am Strand habe ich noch nie einen Delfin in einer Welle gesehen. Wir sind so fasziniert, dass wir kaum in der Lage sind, die GoPro anzuschmeißen und ein halbwegs gutes Bild machen zu können. Nach wenigen Sekunden ist das Spektakel auch schon wieder vorbei und wir sehen sie einige Meter entfernt weiterziehen. Wir haben Gänsehaut am ganzen Körper und sind voller Endorphine. So ist es auch nur halb so schlimm, dass beim Surfen heute so gar nichts geht. Meist sind die Wellen zu schwach, als dass wir sie mit unseren großen Brettern nehmen könnten. Und als wir etwas weiter südlich paddeln, ist sie zu groß für unsere Boards und wir machen ständig einen Nosedive. Erschöpft, aber unglaublich glücklich, beenden wir diese Session nach knapp 2 Stunden und behalten Byron Bay als Ort des großen Tierglücks in Erinnerung.
Unsere Reise führt zurück Richtung Norden. Das Ziel ist Airlie Beach. Ein Stückchen Erde, das für seine vorgelagerten Trauminseln mit den weißesten Stränden der Welt bekannt ist. Allerdings liegt dieser Ort gut 1.300 Kilometer und 15 Stunden reine Fahrzeit entfernt. Da wir auf dieser Reise mittlerweile 11 Flüge absolviert haben und es für uns kaum etwas anstrengenderes gibt, als fürs Fliegen zu packen, entscheiden wir uns trotz einer ewig langen Fahrt fürs Auto. Mit einem Zwischenstop und zwei Mal 8 Stunden Autofahrt erreichen wir Airlie Beach und beziehen unsere fantastische Unterkunft. Wir haben beschlossen, die letzten zwei Wochen in Australien mit Urlaub zu verbringen. Klingt vielleicht seltsam wenn man das während einer sechs monatiger Reise sagt, aber wer reist ist ständig am Umziehen, immer auf Trab und entspannt wenig. Das wollen wir jetzt ändern und machen es uns bei einer malerischen Aussicht und einem allabendlichen Besuch wilder Kakadus auf dem Balkon gemütlich.
Doch wir wollen natürlich auch noch was erleben. Unser Traum: auf den Whitsunday Islands SUPen. Doch zu den Whitsundays kann man nicht mal eben mit einem Linien-Boot schippern. Diese Inseln sind nur im Rahmen von Ausflügen erreichbar. So will man den Ansturm im Zaum halten und die Natur nicht zu sehr stressen. Wir finden einen Anbieter, der bereit ist, uns mit samt unserer SUPs mitzunehmen. Wir freuen uns wie verrückt und können es kaum erwarten an einem der offiziell schönsten und weißesten Strände der Welt zu paddeln: dem Whitehaven Beach. Er ist acht Kilometer lang und vom Hill Inlet Lookout am nördlichen Ende des Strandes kann man ihn in seiner ganzen Schönheit erfassen. Das Farbenspiel aus türkisfarbenem, kristallklarem Wasser, schneeweißem Sand und Ebbe und Flut ist umwerfend schön. Bei jeder Tide verändert sich das Aussehen des Strandes ein bisschen, weil der Sand bewegt wird. Die kräftig grüne Pinienwälder machen das kontrastreiche Bild perfekt. Nach einer kurzen (ca. 20 Minuten) aber unfassbar schweißtreibenden Wanderung hoch zum Hill Inlet fahren wir mit dem Boot weiter zum Südende des Whitehaven Beach. Hier können wir nun endlich paddeln. Nur noch das aufpumpen trennt uns von unserer SUP-Tour an diesem wunderschönen Ort. Klingt überwindbar – bei 45 Grad im Schatten und einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent ist das allerdings eine echte Herausforderung. Doch wir beißen die Zähne zusammen und pumpen was das Zeug hält. Die mitreisenden Gäste schauen uns etwas mitleidig an. Aber was tut man nicht alles für seine Träume. Und wenn man etwas wirklich will, schafft man es auch. Klingt nach einem Kalenderspruch – aber es ist die Wahrheit.
Nach 20 Minuten aufpumpen haben wir es geschafft. Schnell noch einen großen Schluck Wasser für den Kreislauf tanken und wir entern das glasklare Wasser. Die Farben sind betörend. Wir ziehen unsere Runden durch das 30 Grad warme (!) Wasser in Ufernähe. Wir verzichten hier bewusst darauf weiter raus zu paddeln, denn um die Ecke von diesem Strand hat es in den vergangenen Monaten mehrere tödliche Haiangriffe gegeben. Das Gebiet um Cid Harbour ist sogar komplett gesperrt. Diese Tour wird auch unsere letzte SUP Tour auf unserer Weltreise sein. Das Risiko eines Angriffs hier ist aktuell einfach zu groß. Generell gelten die Gewässer um Australien ja als gefährlich was Haiangriffe angeht, und wir sind auch schon an anderen potentiell gefährlichen Spots auf der Reise gepaddelt, aber wenn die Behörden warnen und Abschnitte absperren, weil es immer wieder Angriffe gibt, muss man es ja nicht herausfordern. Und diese Paddeltour ist definitiv ein krönender Abschluss auf unserer Reise um die Welt mit unseren SUPs.
Fazit Reisen mit den SUPs
Man muss sich vor einer Reise wirklich gut überlegen, ob man sich „das antun will“. Denn man hat immer ein zweites Gepäckstück, das man bezahlen und durch die Gegend transportieren muss. (Außer man ist auf einem Kurztrip im Sommer und es passen alle Klamotten in die Board-Tasche). Insgesamt kamen wir pro Person jeweils auf 50 Kilogram – inklusive Kamera-Equipment im Handgepäck. Es ist also an Reisetagen viel zu schleppen. Aber wenn man abgelegene Orte bereist, an denen es keinen SUP-Verleih gibt und man die Flexibilität und Einsamkeit in der Natur liebt, ist es den Aufwand aus unserer Sicht absolut wert. Die Anstrengung der Reisetage war spätestens dann komplett vergessen, wenn wir beispielsweise auf den einsamen kanadischen oder neuseeländischen Seen standen. Es zahlt sich aus.
Mehr zu den Girls on Sups:
Julia gehört zu den Girls on Sups, passionierte Stand up Paddlers mit einer großen Community. Schaut vorbei! Mehr Artikel:
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Rausgehört #11
Anja und Julia sind nicht nur richtig gute Freundinnen. Sie teilen auch ihre Begeisterung fürs Stand-up Paddling. Ihre Leidenschaft hat die Beiden schon in alle Ecken der Welt gebracht. Mit ihrem Instagram-Account inspirieren Anja und Julia Follower aus mehr als 100 verschiedenen Ländern. Wie reisen die Beiden mit sperrigen Boards? Joris Gräßlin hat im Globetrotter-Podcast mal rausgehört.